Einer, der weiß, wo das Tor steht

Sport / 19.06.2024 • 19:02 Uhr
Fußball EM
Ein Geschenk des Nationalteams: Das aktuelle Dress mit den Unterschriften aller Spieler und Betreuer. VN

König Fußball ist ein prägendes Element im Leben von Österreichs Botschafter Michael Linhart. Nicht nur dieser Tage, da die EURO gespielt wird, wie der Vorarlberger im Gespräch mit den VN verrät.

Berlin Er ist gelernter Stürmer, er weiß, wo das Tor steht – und er macht es noch heute. Die Rede ist von Michael Linhart, dem österreichischen Botschafter in der deutschen Hauptstadt. Bei einem Besuch in seinem Büro gewährt der Vorarlberger private Einblicke. Zudem spricht der Repräsentant Österreichs in Deutschland über sein Faible für Fußball und er verrät, dass er gemeinsam mit Bruder Markus schon einen Marathon gelaufen ist.

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Ein Selfie mit ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer in Düsseldorf. VN

Diplomatencup

Dass Fußball auch im politischen Leben eine Rolle spielt, zeigen seine Erzählungen über den zentraleuropäischen Diplomatencup. Ein Turnier, das 1996 ins Leben gerufen wurde, von den Außenministerien Österreich, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen und Deutschland. “Das Turnier wird alljährlich gespielt. Ich war in unserer Mannschaft der Kapitän und eigentlich bin ich es heute noch immer. Auch wenn manche behaupten, ich hätte sonst kein Leiberl mehr.” Damit nicht genug, wird dieser Tage in Berlin ein Turnier den Botschafen aus Frankreich, Niederlande, Polen und Österreich gespielt. Quasi als kleine Europameisterschaft.

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Gattin Silvia begleitete ihren Mann Michael Linhart zum Spiel nach Düsseldorf. VN

Die Wurzeln als Fußballer liegen für ihn in Vorarlberg. Spielte er doch für die Juniorenmannschaft des Privatgymnasiums Stella Matutina in Feldkirch. “Wir haben damals regulär in der Vorarlberger Juniorenliga Oberland gespielt.” Weiter ging es für ihn während seiner Studienzeit in Wien bei Penarol. Ob es nicht zu mehr gereicht hätte? “Ich weiß es nicht”, sagt Linhart und erzählt über eine Herbstsaison, in der ihm als Stürmer vieles gelang. “Da war ich Torschützenkönig.” Das Besondere an dem Wiener Unterklassenverein? Ein reguläres Training gab es nicht, der Spaß stand im Vordergrund. “Wir haben einfach zusammen gespielt”, spricht Linhart durchaus enthusiastisch über die Zeit, die Mitte der 80er-Jahre ihren Anfang nahm.

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Familiär in Vorarlberg verwurzelt

Wie sein Bruder und Ex-Bürgermeister von Bregenz Markus Linhart ist auch Michael in der Türkei geboren, wo sein Vater an der österreichischen Botschaft in Ankara als Attaché arbeitete. Doch schon im Alter von zwei Jahren ging es für die Familie Linhart weiter. Wien, Zürich, Bagdad, Feldkirch – das waren seine weiteren Stationen, bevor es nach dem Studium in Wien das Arbeitsleben begann. “Für uns alle war es enorm spannend”, beschreibt er seine Kindheitszeit, besonders jene in Bagdad. “Ich bin mit 14 Jahren ins Internat nach Feldkirch gekommen und habe mich immer auf die Ferien gefreut. Bagdad war für mich immer etwas Besonderes. Wobei unsere Eltern immer darauf geachtet haben, dass wir uns bewusst sind, Österreich zu repräsentieren.”

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Gemeinsames Foto mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf. VN

Was seine Vorarlberger Wurzeln betrifft, so klärt der oftmals als Feldkircher bezeichnete Botschafter auf: “Meine Großmutter ist eine Feldkircherin, der Großvater ein Bürser, meine Mutter hat sich immer als Bregenzerin bezeichnet und mein Bruder ist nach Bregenz zurückgegangen und ich vier Jahre in die Stella gegangen, habe aber nie in Bregenz gelebt.” Das Ländle jedoch hat sich in seinem Herzen verankert. “Ich fühle mich als Vorarlberger, auch wenn meine Mutter immer darüber lacht”, sagt der 65-Jährige im feinsten Dialekt. “Dazu stehe ich. Wenn man auf dem Berg steht und ich kenne alle anderen Gipfel, dann weiß ich: Da bin ich dahoam.” Untermauert wird dies in seinem Botschaftsbüro von einer großen Kuhglocke aus Lingenau. Die hat ebenso ihren Platz wie die Sammlung von Fußbällen der letzten zwei Jahrzehnte. Einen besonderen Platz an der Wand neben dem großen Fenster, das ihm einen direkten Blick auf den Tiergarten-Park erlaubt, erhält das aktuelle Teamtrikot mit allen Unterschriften. “Ich mag es, hier zu sitzen”, verrät er.

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Die Fußballsammlung im Hintergrund sowie das große Fenster Richtung Tiergarten. Botschafter Michael Linhart zeigt VN-Sportchef Christian Adam ein Bild der ESA (Europäische Weltraumorganisation) vom Rheintal. VN

Der Botschafter des Fußballs

Mit der Betreuung der Nationalmannschaft und vor allem der Fans ist für Linhart die aktuelle Zeit stark dem Fußball gewidmet. Da geht es für ihn nicht nur darum, beim öffentlichen Training der Rangnick-Elf vor Ort zu sein oder die Spiele im Stadion zu besuchen. Er interpretiert seine Rolle als Repräsentant gegenüber dem Team in großer Wertschätzung der Leistungen von Sabitzer und. Co. “Ihr seid jetzt die Botschafter Österreichs”, waren seine Worte an die Rangnick-Schützlinge.

Berliner Luft

Das, so Linhart, habe doch eine zweifache Bedeutung. Zum einen zieht er einen Vorarlberger Subira-Schnaps dem Pfefferminzlikör “Berliner Luft” vor, zum anderen steht für ihn die “internationale Luft” der deutschen Weltstadt eine besondere Art für Weltoffenheit. Dazu zählt er auch den morgendlichen Kaffee, den er auf seinem Instagram-Account so zelebriert, und so gerne außerhalb der Botschaft genießt.

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“Ich liebe es, mit den Menschen in Kontakt zu kommen”, sagt er. Die Menschen hier hätten so viel über die Geschichte der Stadt zu erzählen. Das fasziniere ihn.

Fan von Union Berlin

Hertha oder Union? Das ist nicht nur eine Glaubensfrage für Fußballfans in Berlin, das ist Einstellung. Bei Linhart schlägt das Fußballerherz für die Eisernen aus dem Osten. “Tolles Stadion, tolle Fans – und mit Timmi (Anm. d. Red.: Christopher Trimmel) eine echte Institution in ihren Reihen. Er ist unheimlich beliebt”, so der Botschafter über den 37-jährigen Österreicher, der nun mit Leopold Querfeld rot-weiß-rote Unterstützung erhält. “Zudem ist ja mit Tormanntrainer Michael Gspurning noch ein Österreicher dabei”, sagt Linhart, der auch ein Faible für die von Nina Hagen gesungene Vereinshymne hat.

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Vorarlberger Bergkäse

Und was vermisst der Österreicher Linhart in Berlin? “Die Kinder, die in Wien leben”, sagt er spontan – und fügt sogleich hinzu: “Wir haben das Glück, dass unsere mittlere Tochter schon länger in Berlin sesshaft ist. Dank ihr sind meine Frau und ich seit fünf Wochen Großeltern.” Weil zudem der Bestand an Bergkäse von Freunden der Familie immer wieder aufgefüllt wird, fühlt er sich in Deutschland sehr wohl. Als passionierter Skifahrer war er auch schon in Garmisch unterwegs. Sein Credo? “Die Deutschen kennen Österreich, aber die Österreicher kennen Deutschland nicht.” Dies zu ändern, sieht er ebenfalls als eine seiner Aufgaben als Botschafter an.

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Das Geschenk der Nationalmannschaft. VN

Fan von Arnautovic

Und sein Lieblingsspieler im ÖFB-Team. Als Stürmer hat er diesbezüglich eine klare Meinung: “Ich mag Marko Arnautovic.” Der Inter-Legionär ist für Linhart ein “Typ, der jeder Mannschaft guttut. Er hat geniale Züge und das kann uns im Verlauf der EM noch helfen.” Dabei ist der passionierte Fußballer ein absoluter Teamplayer. Eine Eigenschaft, die ihn auch im Berufsleben auszeichnet.

Der Glaube ist wichtig

Dem Team traut Linhart alles zu. “Sie glauben daran”, sieht er als wichtigstes Element auf dem Weg durch die Europameisterschaft. Allerdings brauche es natürlich das Quäntchen Glück, um das gesteckte Ziel zu erreichen. “Die Mannschaften liegen alle beieinander”, ist er von einer spannenden Endrunde überzeugt. “Aber innerhalb dessen ist alles möglich.”