„Es war eine einfache Entscheidung“

Lubjana Piovesana bringt alles mit, um bei den Olympischen Spielen in Paris eine Medaille zu gewinnen.
Lochau Lubjana Piovesana, die Judo-Hoffnung aus Lochau, beeindruckt mit ihrer aggressiven Starttaktik – doch diese birgt auch Risiken. Die 27-Jährige stürmt nach Kampfbeginn gerne offensiv auf die Gegnerin zu und versucht möglichst schnell per Wurf eine Wertung zu erzielen. Doch wenn ihr während der Startoffensive kein entscheidender „Ippon“ gelingt, beginnt das große Zittern. „Dann steigt leichte Panik in mir hoch, denn es sind dann immer noch dreieinhalb Minuten auf der Uhr. Daran muss ich noch arbeiten“, sagt die gebürtige Britin, die seit Anfang 2023 für Österreich kämpft.
In Vorarlberg wohnt sie schon seit vier Jahren, in Lochau hat sie mit ihrem Partner Laurin Böhler ein neues Zuhause gefunden. Piovesana kommt aus einer Judo-Familie. Bereits ihr Großvater war in einem der ältesten Judo-Clubs in Großbritannien. Auch ihr Vater, all ihre Tanten und Onkeln sowie ihr Bruder fühlten sich der ursprünglich japanischen Kampfsportart verbunden. Doch nur Lubjana Piovesana hatte das Können und vor allem den Willen zu einer professionellen Sportkarriere.

Der Wille für Österreich zu kämpfen
In Birmingham aufgewachsen, hatte die heute 27-Jährige früh den Traum von der Teilnahme an Olympischen Spielen. Vor den Spielen in Peking 2008 kamen die britischen Judo-Olympioniken nach einem Kindertraining zu Piovesanas Verein, sie war damals elf Jahre alt. „Sie haben auf meinem Gürtel unterschrieben, es war schön, sie zu sehen. Das war wahrscheinlich der erste Moment, an dem ich gedacht habe: Ich will irgendwann bei Olympia antreten“, erinnert sich die Lochauerin. Doch der Weg der gebürtigen Britin, deren Vater italienische und deren Mutter belgische Wurzeln hat, verlief nicht geradlinig.

Nach den Problemen innerhalb des britischen Verbandes, als die Neo-Österreicherin schwer gemobbt wurde, schien die Zukunft ungewiss. Einige Nationen boten ihr an, zukünftig unter deren Fahne zu starten. Doch Piovesana entschied sich für Österreich. „Ich lebe hier, fühle mich wohl und mein Partner kommt von hier, es war eine einfache Entscheidung“, erzählt Piovesana.

Seit Jänner 2023 kämpft sie für „Rot-Weiß-Rot“ und seit damals geht die zuvor ins Stocken geratene Karriere der ehemaligen U23-Weltmeisterin wieder steil bergauf. Eine Teilnahme an den Olympischen Spielen erschien vor eineinhalb Jahren noch völlig unrealistisch, doch im März 2023 nutzte sie ihre einzige Quali-Chance für die WM wenige Wochen später in Katar. Dort belegte sie den fünften Rang und marschierte anschließend in Richtung Weltspitze. In Baku und Dushanbe sicherte sich Piovesana gleich zwei Grand-Slam-Titel. In der Weltrangliste rückte sie damit bis auf Rang zehn nach vorn und qualifizierte sich souverän für die Spiele in Paris.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Erstes Interview auf Deutsch
Dort wird sie vor Ort von ihrer Familie, ihrem Freund Laurin Böhler und zahlreichen Freunden unterstützt. In der französischen Hauptstadt ist der Lochauerin alles zuzutrauen. „Ich will es genießen und mein Bestes geben. Eine Medaille wäre schön, aber so lange ich meine beste Leistung abrufen kann, werde ich nicht enttäuscht sein. Vieles wird von der Auslosung abhängen“, analysiert die Judoka, die auch im Teambewerb antritt. Sollte der gebürtigen Britin der große Coup gelingen, muss sie ihr Versprechen einlösen. „Wenn ich eine Medaille hole, werde ich beim Interview in Deutsch antworten. Mit Prosecco geht es ohnehin leichter“, sagt Piovesana und lacht.
