Johannes Emerich

Kommentar

Johannes Emerich

Anarchie und ein Taubenschiss

Sport / 01.08.2024 • 11:58 Uhr

Auch wenn Olympia in Paris im Vergleich zu den vergangenen Austragungen als Spiele der kurzen Wege gilt, ist man als Olympia-Beobachter ständig auf Achse, um von einem Wettkampfort zum nächsten zu kommen. Als zentrales Verkehrsmittel für die Wege zwischen den Veranstaltungsstätten dient das öffentliche Verkehrsnetz in der französischen Hauptstadt. Die Metro und die RER (S-Bahn-Züge) sind hervorragend ausgebaut, von größeren Wartezeiten blieb ich bisher verschont. Allerdings kommt es immer wieder zu Problemen, zuletzt musste eine U-Bahn wegen technischer Probleme mitten im Tunnel evakuiert werden. Die Olympia-Wege sind zumindest an die Öffi-Stationen gut ausgeschildert, umso näher man der Halle, dem Stadion oder Anlage kommt, umso schwieriger und unübersichtlicher wird es.

Noch lieber als mit der U-Bahn navigiere ich aber mit dem Fahrrad durch die Stadt. Paris hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert und viel in die Verkehrswende investiert. Zahlreiche Autospuren wurden in Fahrradstreifen umgewandelt, einige Straßen sogar komplett für den PKW-Verkehr gesperrt. Das Seine-Ufer, an dem früher notorisch Stau herrschte, ist inzwischen ein Boulevard an dem die Menschen gemütlich schlendern, verweilen oder mit dem Fahrrad fahren. Neben den Einheimischen sind auch zahlreiche Touristen mit Leihrädern, die hier an fast jeder Ecke stehen, unterwegs. Allerdings geht es auf den Pariser Straßen anders zu, als auf den beschaulichen Vorarlberger Radwegen. Es herrscht ein Hauch von Anarchie, wie man es aus Großstädten auch im sonstigen Straßenverkehr kennt. Zumindest sind die Autofahrer in Paris darauf eingestellt, dass Fahrradfahrer ihren Platz brauchen, bei aller Anarchie wird trotzdem Rücksicht aufeinander angenommen. Bisher habe ich noch keine aggressive Situation erlebt. „Vivre et laisser vivre“ (leben und leben lassen) trifft das Verhalten auf den Pariser Straßen ganz gut.

Doch es gibt sie auch, die Ärgernisse im Fahrradverkehr. Bei den derzeitigen Temperaturen kommt man stets völlig durchgeschwitzt am Zielort an, das kann einem in der teilweise nicht klimatisierten Metro allerdings auch passieren. Und am Montag wurde ich auf dem Fahrrad sitzend doch noch das Opfer einer hinterhältigen Attacke. Eine Taube verrichtete ihr Geschäft, das genau auf meinem Ärmel und Rucksack landete. Dann vielleicht doch lieber im Untergrund mit der Metro durch Paris brausen.