Ein kreativer Weg durchs Leben

Lauterach Isabell Nehring hat sich ihren Erfolg mit viel Mut erkämpft. “Eigentlich bin ich ein ängstlicher Typ”, sagt sie. Ihr Lebensweg erzählt eine andere Geschichte.

„Ich liebe es, Rezepte kreativ zu verändern. Marco ist mein Test-Esser und ein starker Kritiker.“

 Isabell Nehring, Köchin und Chefin der Kennelbacher „Krone“

Aufgewachsen ist Isa in Orten rund um Dessau (Sachsen-Anhalt). Es war eine unruhige Kindheit. Bedingt durch Umzüge kam das Mädchen nie richtig an. Oft zog sie sich zurück, griff zu Stift und Papier – und zeichnete. “Es war für mich eine Art Sprache”, erklärt Isa. Ihr Traum war es, Grafikdesign zu studieren.

Lebenswege sind selten gradlinig. Isabells Teenagerzeit wurde zur Fahrt durch riskante Kurven. Sie brach die Schule ab und landete auf der Straße. Schnell erkannte sie, dass sie sich auf einer Abwärtsspur befand. Sie kämpfte sich zurück, holte den Schulabschluss nach. Ihr damaliger Freund hatte keine Arbeit. Isa musste Geld verdienen, verabschiedete sich von ihrem Traum, Grafikdesign zu studieren. Kreativ jedoch sollte ihr Job bleiben. “Ich habe 1999 eine Lehre zur Köchin begonnen. Es geht auch beim Kochen darum, Dinge zu komponieren – und um Gefühl für Balance, für Rhythmus, für Kontraste”, meint die 43-Jährige. Experimentierfreude, ihr Geschmackssinn und das Gespür für Kombinationen zeichneten Isa aus. Das erkannte ein Experte bereits während ihres ersten Lehrjahres, schlug vor, nach der Ausbildung als Mietköchin weltweit Erfahrungen zu sammeln, in Almhütten bis zu hochrangigen Hotels.

Während der Lehre wurde sie schwanger, Sohn Nico – “das Beste einer zwölfjährigen Partnerschaft” – wurde 2001 geboren. Die Lehre schloss sie erfolgreich ab. Den attraktiven Job nahm sie nicht an. “Ich wollte mich um Nico kümmern.” Ihre Partnerschaft zerbrach, sie ging ihren Weg. Nach verschiedenen Stationen brachte ihr Job in einer Dessauer Musikbar eine Wende. “Ich habe dort nicht nur gekocht, sondern auch im Service ausgeholfen”, erzählt Isa. Und dort traf sie auf einen Gast, der heute ihr Ehemann ist: Marco, gelernter Schlosser, war als Leasingarbeiter in Vorarlberg angestellt und während der 2009er-Krise arbeitslos geworden. Deshalb war er in der alten Heimat auf Jobsuche. “Marco kam immer wieder und hat schleichend mein Herz erobert”, sagt Isa und lacht.

Neuanfang in Vorarlberg

Im Sommer 2014, nach einem Urlaub in Vorarlberg, beschloss das Paar, im Ländle einen Neuanfang zu wagen. Im Oktober nahm Isabell einen Job als Chef de Partie in einem Dornbirner Hotel an, nach kurzer Zeit avancierte sie zur Sous- und dann zur Küchenchefin. Marco beendete in Deutschland eine Umschulung und zog Anfang 2015 gemeinsam mit Isa in eine Wohnung nach Alberschwende. Als Schlosser jobbte er im Bregenzerwald, sie sammelte Erfahrungen in Hotels. Nach ihrer Heirat übernahmen sie im Dezember 2019 gemeinsam die Gräsalperstube in Schoppernau. Es lief gut – bis zum Lockdown 2020. Mangels Rentabilität musste das Paar im März 2022 aufgeben. “Unser Traum, gemeinsam eine Gaststätte zu führen, schien zerplatzt”, blickt Isa zurück. Da erfuhren Marco und Isa, dass die Kennelbacher “Krone” neu verpachtet werden sollte. “Wir beschlossen, den Sprung in die Selbstständigkeit noch einmal zu wagen.”

Im Mai 2022 öffneten Nehrings die “Krone”-Türen, und ihr Mut wurde belohnt. “Wir sind zufrieden mit der Entwicklung. Marco unterstützt mich in allen Dingen und ein tolles Team steht uns zur Seite.” Das Paar wohnt in Lauterach, Isas Sohn ist inzwischen auf seinem eigenen Weg.

In der “Krone”-Küche tobt sich Isa kreativ aus. “Ich liebe, was ich tue.” Marco steht mit Herz im Service seinen Mann. Leidenschaft und der Mut, eigene Wege zu gehen – das ist ihr Rezept. JH