„Wir pfeifen nicht, wir leiten das Spiel“ 

Sport / 17.09.2024 • 17:06 Uhr
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Berneker hat mehr als 1000 Einsätze als Spielleiter. Gepa

Thomas Berneker geht in seine 25. Saison als Eishockeyschiedsrichter.

Wolfurt Wenn am Freitag die win2day-Eishockeyliga das Geschehen aufnimmt beginnt für Thomas Berneker seine 25. Saison als Eishockeyschiedsrichter. Der 49-Jährige Filialleiter einer Bregenzer Bank gehört zu den routiniertesten Head-Referees im 16-köpfigen Kader des heimischen Schlittschuhsports. Berneker blickt auf mehr als 1000 Einsätze als Spielleiter in ganz Europa zurück, spulte dabei rund 200.000 Autokilometer herunter. „Ich lasse es offen, ob es meine letzte Saison ist“, plant der Familienvater nicht über die neue Spielzeit hinaus.  

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Alles fest im Blick. Gepa

Seit 1999 verbringt der ehemalige Spieler mit Stationen Lustenau, Hohenems und Hard seine Freizeit als Referee auf dem Eis. Mit zahlreichen Höhepunkten, die in Erinnerung geblieben sind. „Das Spiel mit dem NHL-Team von Los Angeles in Salzburg ist stark verankert.“ Aber es sind auch viele internationale Einsätze, der Deutschland-Cup, U-18-A-WM, das Salute-Turnier, die Partien in der Zagreb-Arena vor 18.000 Fans, die im Palmares von Berneker stehen. „Ich habe Spiele von allen wichtigen Eishockeynationen geleitetet.“ In der Bundesliga bleiben drei Begegnungen, in dem es um den Meistertitel in Wien und Klagenfurt gegangen ist, prägend.

V.l.: Christoph Schmidinger und Thomas Berneker, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank in Bregenz.  FA
Berneker ist Filialleiter in einer Bregenzer Bank. Mittelberger

Ungern erinnert sich Berneker an den Ligaschlager zwischen dem EC Salzburg und dem KAC im Jahr 2012. Elf Sekunden vor Ende des Startdrittels wurde er von einem Puck im Gesicht getroffen. Ein angebrochener Kiefer und acht herausgebrochene Zähne waren die Folge eines Befreiungsschlages von Klagenfurt-Verteidiger Johannes Reichel. Die Wiederherstellung der Zahnpartie dauerte Monate, der Wolfurter stand aber schon sechs Wochen später wieder auf dem Eis. „Natürlich mit Gesichtsschutz. Die Behandlung dauerte zwei Jahre, heute ist es sehr gut rekonstruiert, aber natürlich nicht so, wie es einmal war.“

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Der Wolfurter im Gespräch mit Thomas Raffl. Gepa

Das Eishockey habe sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt, an Attraktivität gewonnen. Es sei mehr Spielfluss mit höherem Tempo da. Und, aus der Sicht des Schiedsrichters, darauf ausgelegt, dass für das Tor entschieden wir. „Wir pfeifen nicht mehr ein Spiel, wir leiten es. Unser Interpretationsspielraum ist größer geworden. Zu Beginn meiner Referee-Tätigkeit war ich einer der jüngsten Schiedsrichter“, erinnert sich Berneker. „Es war damals nicht gang und gäbe, Alteingesessene bekamen mehrheitlich den Vorzug.“ Es sei mehr die Sozialkompetenz im Vordergrund gestanden, man musste mehr Autorität ausstrahlen, habe dem Eis härter gearbeitet, um das Spiel gut über die Runden zu bringen. Der Druck und die Verantwortung waren um ein Vielfaches höher, die Vereine und Funktionäre mit mehr Mitspracherecht ausgestattet, die Einflüsse von außen bedeutender. „Es war nicht so professionell aufgebaut. Jetzt ist es über das DOPS – Anm.: das ,Department of Player Safety‘ ist sozusagen der Hüter über das Liga-Eishockey – organsiert.“ Um damals in die Besetzungsschiene aufgenommen zu werden waren viele Jahre Erfahrung nötig: „Heute erfolgt der Einstieg oft nach dem Ermessen, geht in einigen Fällen schneller.“

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Berneker geht in seine 25. Saison. GEPA

Der Videobeweis sei Fluch und Segen gleichzeitig, findet Berneker. „Du darfst dir nur bei gewissen Regelthemen die Aufzeichnung ansehen. „Es gibt Situation, die nicht mit einem Videobeweis abgedeckt ist. Siehst du es anders, bist du vor einer falschen Entscheidung nicht gefeit. Auch am Video kann man nicht immer alles hundertprozentig erkennen, meistens ist es aber ein brauchbares Werkzeug.“ 

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Der Routine lässt sich seine Zukunft offen. Gepa

Neben dem Eishockeyspiel sind auch die teilnehmenden Akteure professioneller geworden. „Heute ist der Respekt größer, früher war es das Ansehen.“ Trotzdem hatte er mit so manchen beteiligten Akteuren nicht immer das Heu auf der gleichen Bühne. Salzburg-Trainer Pierre Page sei einer gewesen, der „schwierig zu handeln“ war. „Er kommunizierte nur einseitig, stellte uns immer schlecht dar.“ Wie auch Bozens Coach Greg Ireland oder auf dem Spielersektor Mike Stewart, Günther Lanzinger und Herbert Hohenberger, die für die Schiedsrichter immer eine Herausforderung darstellten. Langfristig planen will Berneker seine Zukunft als Spielleiter nicht. „Es gibt viele Optionen, ein paar wurden mir schon angetragen. Das geht von Supervisor bis hin ins Coaching. Ich will das Eine aber zuerst beenden, bevor ich das Nächste anfange.“ Zudem gibt es für den modebewussten Unterländer, der nach seinem Bankalltag Anzug und Krawatte gerne mit moderner, legerer und bequemer Kleidung tauscht, zahlreiche Hobbys. „Ich bin ein leidenschaftlicher Golfer (Anm: Handicap 22), fahre sehr oft mit dem Rad und machte gerne Fitness.“ Lauter Sportarten, bei denen sich über neue, künftige Ausrichtigen gut nachdenken lässt. Heimo Kofler