“Alles andere als ein Kindergeburtstag”

Sport / 04.11.2024 • 15:30 Uhr

Mit Leonard Clemens (45) darf sich nun ein weiterer Vorarlberger als „Hawaii-Finisher“ bezeichnen.

Schwarzach Seine berufliche Laufbahn brachte ihn über die ETH in Zürich in die Finanzwelt, seine sportlichen Ambitionen als Triathlet bis nach Hawaii. Der Bregenzer Leonard Clemens erfüllte sich 2024 nicht nur den Traum einer Teilnahme bei der Ironman-WM, vielmehr genoss er den „finishing moment“. Ein Gefühl, das auch nach seiner Rückkehr von der Pazifikinsel anhält und vergessen lässt, dass er nach dem Zieleinlauf im Medical-Center mit Infusionen behandelt und er schon in der Wechselzone vom Rad zum Laufen von Muskelkrämpfen geplagt wurde.

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Bestens gelaunt, nach der Infusion und mit der Medaille um den Hals. vn

Doch der 45-Jährige hat sich durchgebissen, hat sich die Finisher-Medaille umhängen lassen – und hat in der Klasse M45 in einer Zeit von 12:07:25 Stunden den 260. Platz belegt. Das sind die nackten Zahlen, doch die Geschichte dahinter ist eine besondere. Absolvierte er doch erst 2023 bei der „Challenge Roth“ seinen ersten Ironman, was einer Distanz von 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen entspricht. „Ich komme aus dem Schwimmsport, da bin ich schon ganz gut, das Radfahren habe ich auch gut drauf, das Laufen ist schon aufgrund meines Körperbaus, ich bin eher muskulös gebaut, nicht meine Spezialdisziplin“, erzählt der Bregenzer sehr direkt und durchaus mit ein wenig Schmunzeln verbunden. Dabei weiß er nur zu genau, welche Strapazen auf dem Weg nach Hawaii zu gehen waren. Dabei erfuhr er eine perfekte Unterstützung durch Philipp Seipp, der einst Triathlon-Weltmeister Sebastian Kienle trainierte und dessen Frau Laura Philipp sich in diesem Jahr zur neuen Ironman-Weltmeisterin krönte. Die 37-jährige Heidelbergerin siegte Ende September in Nizza in einer Zeit von 8:45:15 Stunden. Die Stadt in Frankreich ist seit 2023 nunmehr Austragungsort der Weltmeisterschaft, alternierend Männer und Frauen. „Alle wollen nach Hawaii“, erzählt Clemens.

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Stolzer Finisher, der aus Bregenz stammende und für Trigantium Bregenz startende Triathlet Leonard Clemens. Nach 12:07:25 Stunden überquerte er die Ziellinie.VN

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Leonard Clemens in der Wechselzone nach dem Radfahren. VN

Auch deshalb war seine Herausforderung groß, innert eines Jahres die Qualifikation zu schaffen. Zumal die begrenzte Anzahl von Fahrrädern (2500) in der Wechselzone eine sehr Extra-Challenge für die einen Startplatz in den verschiedenen Altersgruppen bedeutet. „Unter zehn Stunden muss die Zeit schon liegen“, weiß Clemens, der neben seinem intensiven Job als Geschäftsführer der Investment-Plattform CGC, „Cadence Growth Capital“, als Vater von zwei Kindern auch sehr viel Zeit mit seiner Familie verbringt.

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Leonard Clemens mit Gattin Claudia und seinen Kindern Benedict und Penelope während des Lanzarote-Urlaubs. VN

Rund 14 Stunden wöchentlich investierte er in seinen Trainingsumfang für das große Ziel. „Das ist eigentlich zu wenig, doch das war mit Seipp so besprochen. Er hat mich vor allem auch in mentaler Hinsicht unterstützt.“ Die vielen Entbehrungen im Alltag haben sich für den Familienvater erstmals im Juli bei der „Challenge Roth 2024“ bezahlt gemacht. Erstmals blieb Clemens bei einem Ironman unter Zehn-Stunden – seine Zeit: 9:26:33 Stunden. Der Haken an der Sache? „Roth zählt nicht zu den Qualifikationsbewerben für Hawaii“, erzählt Clemens heute ganz locker. Dabei musste der Bregenzer schon einen Monat danach, im August dieses Jahres, „all in“ gehen. In Frankfurt musste es passieren, der Druck also war ein großer. Diesem hielt der „Ironman“ aus dem Ländle stand und sicherte sich mit einer Zeit von 9:43:41 Stunden und einem Overall-Rang von 276 den so ersehnten Startplatz auf der Pazifik-Insel.

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Die Familie “zitterte” am Bildschirm mit. VN

Sechs Kilogramm Gewicht verloren

Und so war Clemens einer von 30 Österreichern im Profi-Starterfeld der diesjährigen Ironman-WM. Die Vorfreude war groß, das Leiden extrem und die Erleichterung am Ende „einfach nur geil“. Gut eine Woche danach ist auch vergessen, dass er teilweise mit einer Körpertemperatur von 39 Grad und einem Puls von 165 für fünf Stunden auf Rad unterwegs war und beim Anziehen der Laufschuhe „von Krämpfen geschüttelt“ wurde. „Das Wichtigste war, den Körper herunterzukühlen. Deshalb bin ich öfter nur gegangen. Aber ich kann gut abschalten und so habe ich mich nur darauf konzentriert, das Ziel zu erreichen. Dieser Moment war genial, auch wenn ich danach völlig dehydriert zusammengebrochen bin.“ Damit ist für den in Zürich lebenden Vorarlberger ein sportliches Zweijahresprojekt erfolgreich zu Ende gegangen. Und so kann er heute locker darüber sprechen, dass es auf Hawaii „von Verrückten nur so wimmelt“, es allerdings auch eine Auszeichnung sei, mit einem Patrick Lange (Sieger 2024) oder anderen Ironman-Größen am Start zu stehen.

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Leonard Clemens (mit der Österreich-Fahne) als einer von 30 rot-weiß-roten Startern. VN

Neue Pläne am Entstehen

„Hawaii“, so sagt er im Nachgang, sei alles andere als ein „Kindergeburtstag“. Und dennoch lässt ihn der Sport nicht los. „Wir sind eine sportliche Familie“, schickt er als einer von vier Brüdern hinterher. Dabei denkt er gar nicht an einen weiteren Ironman, sondern vielmehr weiter. Der Gedanke an das Radrennen „Race across America“ lässt ihn schon ein wenig in die Zukunft blicken. Doch vorerst tankt er neue Kraft im Kreise seiner Familie und dann wartet noch die Firma, „wo es auch was zu tun gibt“.

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