„Bin selbst mein größter Kritiker“

Sport / 07.01.2025 • 17:58 Uhr

Altachs Trainer über viel Potenzial, das in der Mannschaft steckt, und seinen Weg, dieses zu maximieren.

Altach Es war am 9. Oktober 2024, als Fabio Ingolitsch das Traineramt beim Cashpoint SCR Altach übernahm. Drei Monate später startete der 32-Jährige erstmals mit der Mannschaft in eine Vorbereitung. Drei Monate, in denen viel passierte, der sportliche Erfolg jedoch ausgeblieben ist und tabellarisch der Rückfall auf den letzten Platz passierte. Drei turbulente Monate, die der Jungtrainer selbst als „sehr lehrreich“ beschreibt.

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Frühlingshafte Temperaturen zum Start in die Wintervorbereitung. gepa

Sie sprechen von einer lehrreichen Zeit. Konkret, was meinen Sie damit?
Es war sehr intensiv, jedoch auch eine schöne Zeit, wie ich finde. Ich habe sehr viele Menschen kennenlernen dürfen, die mit mir durch dick und dünn gehen. Sowohl auf Staff- als auch auf Spielerebene. Wir alle sind bereit, richtig viel zu investieren. Das Privileg, mit Altach Bundesliga zu spielen, wissen wir zu schätzen. Und so ist es unser großes Ziel, die Klasse zu halten.

Dafür muss was passieren?
Unsere Ausgangslage ist nicht, etwas zu verhindern oder abzuwenden. Unser Mindset ist, etwas erreichen zu wollen. In dieser Saison ist das Ziel ganz klar der Klassenerhalt. Somit müssen wir angreifen. Genau so wollen wir jedes Training bestreiten, jeden Test und schließlich auch jedes Ligaspiel. Am Ende wollen wir zumindest eine Mannschaft hinter uns lassen.

Was genau meinten Sie mit „lehrreicher Zeit“?
Ich spreche da nicht nur von mir, sondern für die gesamte Mannschaft, für den ganzen Verein. Es ist ja nicht das erste Mal, dass sich Altach sportlich in so einer Phase befindet. Wir scheuten uns nicht, die Finger in die Wunden zu legen, klar und hart mit uns selbst in die Analyse zu gehen. Und natürlich reflektiere ich mich selbst, meine Art und Weise, wie ich Fußball spielen lasse, was ich trainiere, den Matchplan, die Aufstellungen. Es ist nur logisch und gesund zu hinterfragen, ob gewisse Entscheidungen immer richtig waren. Dann haben wir uns auch vereinsintern gefragt, ob wir alles getan haben, um erfolgreich sein zu können. Und zu guter Letzt haben wir die Spiele auch mannschaftsintern analysiert und waren dabei sehr kritisch mit uns selbst.

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Genau hinsehen, Trainer Fabio Ingolitsch. gepa

Thema Selbstreflexion als Trainer? Nehmen Sie uns ein wenig mit auf Ihre Reise?
Grundsätzlich bin ich jemand, der sehr gerne Dinge mit sich selbst ausmacht. Ich selbst bin mein größter Kritiker. Jeglichen Druck, den ich verspürt habe, kommt von mir, von meinem Anspruch an mich persönlich. Druck von außen kann ich sehr gut ausblenden.

Ihre Schlüsse aus der Analyse des Herbstes?
Ich habe über den Winter unsere Spiele noch einmal genau angesehen, ein wenig distanzierter und ohne Emotionen. Im Nachgang, und da unterstützen uns auch alle Daten, finde ich, dass wir viele gute Momente hatten und sehr viele Punkte haben liegen lassen. Die Mannschaft hat die neue Idee, wie wir Fußball spielen wollen, recht schnell verinnerlicht. Wir wissen also, worauf wir aufbauen können, andererseits ist uns auch bewusst, was wir verändern wollen – und auch müssen.

Es gibt auch den emotionalen Ansatz, denn 13 Spiele ohne Sieg sind wohl nicht leicht zu verdauen?
Logisch, dass die Spieler diese Negativserie als Rucksack mit sich tragen. Das war gerade in Spielen mit engen Momenten, als wir knapp davor waren etwas mitzunehmen, spürbar. Die Angst vor dem Verlieren hat uns sicherlich ein paar Punkte gekostet. Das habe ich auf diese Art und Weise bisher nicht erlebt. So war es doch schmerzhaft lehrreich. Mit konkreten Maßnahmen versuchen wir nun gegenzusteuern und hoffen, dass wir künftig diese engen Spiele für uns entscheiden können.

Wo genau setzt der Trainer an?
In erster Linie ist es wichtig, unserem Weg treu zu bleiben. Damit meine ich, weiter jenen Fußball zu spielen, den wir gemeinsam definiert haben. Aber wir haben natürlich gemerkt, dass wir gegen Mannschaften mit einer Dreierkette Probleme hatten. Da werden wir taktisch sicherlich variantenreicher agieren.

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Mit Benedikt Zech und Florian Dietz waren auch zwei Neue beim Start in die Rückrunde dabei. Ihre Einschätzung?
Zech bringt neben Erfahrung auch Geschwindigkeit mit. Das hat uns in der letzten Linie gefehlt. Auch von der Persönlichkeit und der Ruhe, die er dank seiner 34 Jahre ausstrahlt, kann er uns noch viel helfen. Im Angriff haben wir den Abgang von Gustavo (Anm. d. Red.: Santos) dank Dietz kompensieren können. Er ist ein Spieler mit körperlicher Power und Wucht, einer, der mit dem Rücken zum Tor Bälle sichern kann und in der Box dank seiner Kopfballstärke präsent ist. So ein Spielerprofil fehlte uns aktuell im Kader, deswegen war seine Verpflichtung ein wichtiger Schritt. Gleichzeitig wollen wir bei allen Spielern noch das ein oder andere Prozent mehr herauskitzeln. Oft braucht es ja wenig, um dann viel zu bewirken.

Wie hat der Trainer die Unserie wahrgenommen?
Wenn die Mannschaft oft gute Leistungen zeigt und nichts holt, tut es einfach doppelt weh. Gleichzeitig geben mir die Momente Kraft und Zuversicht. Zudem bin ich überzeugt, dass wir viele andere Themen in der gemeinsamen Vorbereitung in den Griff bekommen …

… und hat es der Trainer auch geschafft, über die Weihnachtszeit einmal abzuschalten?
Dafür haben schon meine Frau und mein Sohn gesorgt. Die Familie ist mir das Wichtigste im Leben, da relativiert sich alles andere. Für ihre Unterstützung bin ich sehr dankbar und deswegen ist für mich die Zeit mit ihnen das Beste, um einmal herunterzufahren und auf andere Gedanken zu kommen.

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Die Vorbereitung ist gestartet, die Transferzeit läuft. Wie beurteilt der Trainer die aktuelle Situation?
Wir als Verein haben uns ganz klar deklariert, was wir tun wollen und was wir brauchen. Daran wird im Hintergrund gearbeitet. Meine Aufgabe ist es, die Spieler, die da sind, so gut wie möglich vorzubereiten. Das ist das Einzige, was ich beeinflussen kann, und darauf ist mein Fokus gerichtet.

Thema Neuzugänge?
Ich glaube, wir haben unsere Hausaufgaben frühzeitig gemacht und zwei Positionen, die wir unbedingt besetzen wollten, schon unter Dach und Fach gebracht. Dass wir dennoch unsere Augen und Ohren offen halten, ist nur normal.