
Aufgeben ist keine Option
Bei Nina Ortlieb, derzeit im UKH Steiermark in Graz, ist der Blick ist schon in die Zukunft gerichtet.
Graz Ihr Alltag ist derzeit durch den täglichen Ablauf im Unfallkrankenhaus (UKH) in Graz geprägt, doch in ihren Gedanken ist Nina Ortlieb schon wieder weiter. Die vollständige Heilung des Beines nach dem Sturz auf der Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen ist ebenso realistisch, wie eine Rückkehr in den Ski-Weltcup noch im Winter 2025/26. „Ob es dann einen Monat früher oder später ist, das spielt keine Rolle“, zeigt sich die 28-Jährige aus Oberlech nicht zum ersten Mal als Kämpferin.

„Ich weiß natürlich, dass viele es nicht verstehen, nach all den Rückschlägen, die ich erlitten habe.“ Für Ortlieb jedoch ist das Skifahren eine Passion, eine Leidenschaft. Und die Aussicht, dies wieder erleben zu dürfen, treibt sie an. Denn zuletzt waren vor allem ihr Alltag und auch die Trainingseinheiten von Schmerzen geprägt. „Am besten ging es mir noch beim Skifahren“, erzählt sie – und reflektiert im Gespräch noch einmal die Tage nach dem Sturz am 25. Jänner.
Am Ende habe sie noch Glück gehabt, denn beim Bruch des Unterschenkels habe sich vor allem die Platte, die ihr nach dem Schien- und Wadenbeinbruch von zuletzt, stark verbogen. So sei kein Gelenk, nicht der Kopf, die Wirbelsäule oder das andere Bein betroffen gewesen. „Auch die Weichteile sind Gott sei Dank heil geblieben.“ Im Sanatorium Dr. Schenk wurde Ortlieb nach dem Unfall ein erstes Mal operiert und eine neue Platte zur Stabilisation eingesetzt. Nach zusätzlichen Untersuchungen entschied sich Ortlieb schließlich für eine weitere Behandlung in der Steiermark. Bei einem erneuten Eingriff wurde dabei der Markraum geöffnet, schließlich soll dieser in einer letzten Operation am 17. Februar mittels eines Nagels gesichert und und somit das Bein wieder gestärkt werden.

„Die Prognose für eine vollständige Heilung ist sehr gut“, sagt die WM-Silbermedaillengewinnerin in der Abfahrt von Courchevel-Meribel 2023. Und so lebt ihr Traum vom Skifahren weiter. Ortlieb spricht von Leidenschaft, davon, sich nicht zu hinterfragen und die Verletzung auch als Chance anzunehmen. Sie, die schon mehr als 20 Operationen über sich ergehen lassen musste, weiß genau, wie schwierig und auch langwierig der Weg zurück werden wird. Doch Ortlieb schafft es auch wie kaum eine andere Athletin, den Blick positiv in die Zukunft richten zu können. Selbst von Rückschlägen („Und die werden kommen“) wird sie sich nicht davon abhalten lassen, das Comeback im Auge zu behalten.

„Es geht mir den Umständen entsprechend sehr gut, von den Schmerzen her, bin ich in besten Händen.“
Nina Ortlieb, derzeit im UKH Steiermark
Früher Tagesbeginn
Aktuell beginnt ihr Tag („Wie in jedem anderen Krankenhaus“) sehr früh. Lymphdrainagen sowie die WM-Rennen in Saalbach-Hinterglemm bringen aktuell ein wenig Abwechslung in den Spital-Alltag. Außerdem nutzt sie die Zeit, um Sudoku-Aufgaben zu lösen oder um Anrufe zu tätigen. „Hier nach Graz ist natürlich der Weg für die Familie und für Freunde weiter, als in Vorarlberg nach Schruns“, erzählt sie. Umso größer sei die Zahl jener gewesen, die ihr nach dem Unfall mittels Nachrichten die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben hätten. Was die Rennläuferin besonders gefreut hat? Unter den Glückwünschen waren nicht nur welche von den Kollegen:innen aus dem ÖSV-Lager, sondern auch „viel Konkurrenz hat mir geschrieben“. All dies werde sie nun abarbeiten und dabei auch das ein oder andere Telefonat führen. Etwa auch mit Riccarda Haaser, für die die Weltmeisterschaft nach einem Sturz im Super G vorzeitig beendet ist. „So was zu sehen, tut weh. Wichtig ist, dass sie die Situation akzeptiert und die Aufgabe annimmt“, verriet Ortlieb über ihr Gespräch mit der 31-jährigen Tirolerin.
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Planungen vorerst schwierig
Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verfolgt sie die Ski-WM am TV. Weinend deshalb, weil der Sturz ihren Traum von der Heim-WM zerstörte. Die Freude über die bislang gewonnenen Medaillen hingegen zaubern ihr ein Lächeln ins Gesicht und lassen sie spüren, dass ihre Entscheidung, weiterzumachen, „sich absolut richtig anfühlt“. Selbst wenn aktuell die nächsten Schritte zeitlich nur schwer planbar seien und sie derzeit ihr Bein nur teilweise belasten kann.
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Doch es ist nicht das erste Mal, dass sich Ortlieb dieser Aufgabe stellen muss. Sie weiß, dass sich die Zeit nicht zurückdrehen lässt, dass Fragen nach dem „Warum“ nicht zielführend sind. „Klar, ich werde den Sturz sicherlich noch einmal mit meiner Sportpsychologin aufarbeiten“, gibt es in ihr bereits klare Vorstellungen für die Zukunft. Denn eines ist ihr in die Wiege gelegt: Nina Ortlieb ist nicht nur eine exzellente Ski-Rennläuferin, sie zeichnet sich auch durch eine besondere Willensstärke aus. Eine Eigenschaft, die schon ihrem Vater Patrick (57) 1992 zum Olympiasieg verholfen hat.