
“Wer bremst, verliert…”
…oder fällt aus. So wie Renn-Legende Josef “Rosti” Gmeiner beim Rallye-Cross 2.0 in Weissenbach (T).
Weissenbach Der Mann hat Benzin im Blut. Die Rede ist von Josef “Rosti” Gmeiner. Der Alberschwender macht mit seinen 78 Jahren noch immer die Rennstrecken im In -und Ausland unsicher, bewegt seinen Buggy sowohl auf Schotter als auch auf Eis wie ein “junger Hund”. So auch am letzten Wochenende beim Rallye Cross 2.0-Event in Weissenbach in Tirol. Die VN durften die Vorarlberger Renn-Legende exklusiv begleiten und miterleben, was es bedeutet, dem Motorsport verschrieben zu sein.
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“Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder ich gehe vom Gas, oder ich bleib oben und versuche mich durchzuquetschen. Zweiteres hat halt nicht funktioniert”
Josef “Rosti” Gmeiner
Vorarlberger Rennsport-Legende

Tagwache: 4.30 Uhr
Der Tag fing früh an, Tagwache um 4.30 Uhr, Abfahrt von Alberschwende gen Tirol um 5.30 Uhr. Angekommen bei “Rostis” Garage steht der Bolide fix verpackt auf dem Hänger. Nach einem kurzen Willkommens-Cafe ging die Reise Richtung Weissenbach los.

Eineinhalb Stunden später Ankunft. Und das Fahrerlager ist bereits voll. Allerorts wird an Go-Karts, Motorräder, Seitenwägen, Tourenwagen und den Buggys geschraubt, um noch die letzten Vorbereitungen für den anstehenden, langen Renntag zu treffen. Benzin liegt in der Luft.

Innerhalb kürzester Zeit entsteht im Fahrerlager eine kleine Zeltstadt. Grund: Die Fahrgeräte sollen es nicht zu kalt haben. Und was auf die Maschinen zutrifft, gilt auch für den Menschen – Heizkanonen sorgen bei Minusgraden dann doch für etwas Wärme. Auch “Rosti” nutzt ein kleines Fahrerzelt, dass mithilfe seines langjährigen Freundes und Mechaniker für einen Tag “Opa” Ricci Wieser schnell aufgebaut ist. Hilfe, die Gmeiner im Laufe des Renntages noch brauchen wird.

Vorerst gilt es den Hauptdarsteller rennfertig zu machen. Der Buggy, Marke VW Polo, mit zwei Motorrad-Motoren Marke Yamaha R1, ist wohl Gmeiners größter Schatz. “Den Wagen habe ich seit mehr als 40 Jahren. Mit Sicherheit das älteste Fahrgerät, wo immer ich auch antrete”, erzählt der 78-Jährige stolz, und gibt mit einem schelmischen Lächeln zu, “dass aber nicht mehr der erste Motor drinnen steckt”.

Wie bekannt und beliebt der Alberschwender und sein Buggy im Rennsport ist, spürt man schnell. Immer wieder bleiben Interessierte stehen, erkundigen sich nach Motorleistung, aber vor allem darüber, wie es dem Fahrer geht. Eine Frage, die eigentlich überflüssig ist, denn wie eine emsige Biene summt “Rosti” um seinen Buggy, um ihm noch den letzten Feinschliff zu verpassen, bevor es auf den rund 500 Meter langen Rundkurs geht.

7 Millimeter lange Spikes
500 Meter blankes Eis wohlgemerkt, “dafür ist der Bolide auch mit vier Reifen mit Spikes ausgestattet”, zeigt Gmeiner auf die Bereifung und erklärt, dass die sieben Millimeter langen Spikes alle selbst eingebaut wurden: “Einen Reifen mit Spikes zu versehen dauert fast eine ganze Nacht. Ist zwar viel Arbeit, dafür weiß ich genau, was ich unter meinen Hintern habe”. Kein Wunder: 200 Spikes pro Reifen sorgen dafür, dass der Buggy sich ins Eis krallt und der nötige Halt auf dem Rundkurs gegeben ist.

Danach geht es zur Streckenbesichtigung, wo sich Gmeiner mit Kumpel Ricci Wieser austauscht. Der 56-jährige gebürtiger Koblacher schraubt schon seit Jahrzehnten an Rennwagen, ist in Weissenbach mehr als nur die rechte Hand von Gmeiner. “Das 50 cm dicke Eis wird bei den Bedingungen schnell abgefahren sein”, erläutert Gmeiner, Wieser nickt zustimmend und attestiert der Strecke einen guten Zustand.
Guter Start in den Renntag
Den Pilot Gmeiner im ersten von vier Läufen in seiner Kategorie der Buggys auch ausnutzen konnte. Nach tollen Start fuhr er auf Rang zwei. Auch der zweite Lauf verlief bis kurz vor der Zielflagge richtig gut, doch ein Dreher kostete “Rosti” Platz eins und eine gute Ausgangsposition für die weiteren Läufe.

Im dritten Lauf dann der große Crash. Gmeiner versuchte sich zwischen zwei Boliden durchzuquetschen, diese ließen es aber nicht zu, nahmen ihn in die Mangel und sorgten für einen Ausfall. Bruch der Spurgelenkstange. Mit viel Mühe schaffte er es noch in die Box.
“Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder ich gehe vom Gas, oder ich bleib oben und versuche mich durchzuquetschen. Zweiteres hat halt nicht funktioniert. Jetzt muss ich eben was drauflegen”, prophezeit der “Renn-Opa”, wie er liebevoll vom Moderator des Renn-Events betitelt wird.
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Und “Rosti” legte tatsächlich nach, aber seine Kontrahenten hatten was dagegen, nahmen den Buggy in die Mangel und sorgten für einen spektakulären Ausfall. Schwer lädiert schaffte es Gmeiner gerade noch in die Box, danach ging das große Schrauben los. Eine Spurgelenkstange war gebrochen, gerade noch rechtzeitig für den vierten Lauf war der Buggy wieder bereit.

Sehr zur Freude der rund 1000 Zuseher, die dem Publikumsliebling die Daumen drückten. Doch die Freude währte nicht lange, denn bereits in der zweiten Kurve fand sich der 78-Jährige wieder im Schnee. Grund: Bruch der Lenkung. “Ein ganz bitteres Gefühl, wenn man in die Kurve einlenkt, der Wagen aber nicht reagiert und auf den Schneehügel zurast. Die Lenkung hat dann wohl beim Crash mehr abgekriegt als wir gesehen haben”, erklärte Gmeiner, mit dem Nachsatz: “So ist eben Motorsport”.
Publikumsliebling
Schulterklopfer gab es dennoch von vielen Seiten. Vorarlbergs Renn-Legende hat den Zuschauern wieder einmal ein Spektakel geliefert. “Schade, aber gute Show,” war der einhellige Tenor der Motorsportfans, aber auch seiner Kontrahenten.

Danach hieß es, Buggy wieder verstauen, Zelte abbrechen und reisefertig machen. Die man nach der Siegerehrung in der Halle des MSC Weissenbach, in der sich alle Fahrer und Mechaniker nochmals bei Getränken und Speisen über den gelungenen Rennsporttag austauschten, antrat. Rückkehr in Alberschwende: 21 Uhr. Doch für “Rosti” war der Tag noch nicht zu Ende: “Jetzt Buggy abladen und für Reparatur vorbereiten. Der muss fürs nächste Rennen wieder parat sein”.