„Jedes Mädchen kann alles erreichen”

Sport / 07.03.2025 • 12:05 Uhr
„Jedes Mädchen kann alles erreichen"

Die Kunstturnerin Leni Bohle spricht über den Weltfrauentag, ihre Saisonziele und teilt ihr Lebensmotto.

Von Konstantin Waibel

Hohenems Aktuell befindet sich die Hohenemserin zusammen mit dem Turn-Nationalteam für eine Woche im Trainingslager am Bundesstützpunkt in Linz. Im Gespräch verrät die 17-jährige Kunstturnerin, wie sie zum Weltfrauentag steht, welche Bedeutung die Thematik in der Kunstturn-Szene hat und gibt einen Ausblick auf die kommende Saison.

Turnen Kunstturnen EM 2024 Rimini
Auf dem Balken fühlt sich die 17- Jährige wohl. Turnsport Austria

Braucht es den Weltfrauentag?

„Ehrlich gesagt habe ich mich bisher nie intensiv mit diesem Tag auseinandergesetzt, und er ist mir nicht wirklich aufgefallen“, sagt Leni Bohle mit einem Lächeln, als sie auf die Frage nach dem Weltfrauentag antwortet. Doch sie geht einen Schritt weiter und erklärt, dass sie der Meinung ist, es sollte in der heutigen Gesellschaft eigentlich kein Thema mehr sein, einen besonderen Tag für die Frauenrechte und -themen zu haben. „Vielleicht liegt das auch an meinem jungen Alter, aber in unserer Zeit sollte es keine Notwendigkeit mehr sein, dass es einen speziellen Tag gibt, um auf Frauen aufmerksam zu machen“, fügt sie hinzu.

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Unterschiede (noch) vorhanden

Dennoch, trotz dieser pragmatischen Sichtweise, erkennt die Schülerin, dass die Aufmerksamkeit auf Frauen im Sport nach wie vor eine wichtige Rolle spielt. Im Kunstturnen – einem Sport, der seit jeher stark auf Eleganz, Perfektion und das äußere Erscheinungsbild achtet – merkt die junge Athletin, dass Frauen und junge Mädchen noch immer einer besonderen Beurteilung unterzogen werden. „Wir Kunstturnerinnen merken schon, dass bei uns Frauen und Mädchen genauer hingeschaut wird“, erklärt Bohle. „Es ist nicht mehr ganz so schlimm wie früher, als wir sehr streng bewertet wurden. Jede Bewegung wurde genau beobachtet, und wir mussten einem gewissen Ideal entsprechen – dünn, schmal und unter 25 Jahren. Das hat sich jetzt ein Stück weit geändert”, so die talentierte Sportlerin.

Turnsport Kunstturnen Leni Bohle TS Hohenems

„Wir Kunstturnerinnen merken schon, dass bei uns Frauen und Mädchen genauer hingeschaut wird“

Leni Bohle, Kunstturnerin

Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen stellt die junge Vorarlbergerin zu Recht fest, dass die Anforderungen an weibliche Athletinnen im Kunstturnen weiterhin speziell sind. „Es geht schon sehr stark darum, wie man turnt, wie man sich bewegt, welchen Turnanzug man trägt oder welche Farbe das Tape am Knöchel hat. Das ist eben bei den Männern nicht der Fall, das ist klar“, stellt sie fest.

Saisonhöhepunkte in Antalya und Jakarta

Die Schülerin des Sportgymnasiums in Dornbirn blickt im Gespräch auch über das aktuelle Trainingslager hinaus und hat mit dem Weltcup in Antalya, der vom 20. bis 23. März stattfindet, ein erstes großes Highlight des Jahres fest im Blick. “Mein persönlicher Fokus liegt schon auf dem Wettkampf in der Türkei Ende März. Ich nutze die Woche hier, um mich bestmöglich darauf vorzubereiten”, erklärt sie. Doch nicht nur der Weltcup an der Adria ist ein rot angestrichener Termin in Bohles Kalender. Ein weiteres großes Ziel ist die Weltmeisterschaft im Oktober in Jakarta, Indonesien. “Darauf trainieren wir das ganze Jahr über. Das ist der Tag, auf den alles hinarbeitet. Aber zuerst muss ich mich überhaupt qualifizieren”, bleibt Bohle trotz der vorsichtig optimistisch. Die Qualifikation für die WM erfolgt über die Staatsmeisterschaften, die im April in Dornbirn stattfinden.

„Jedes Mädchen kann alles erreichen"
Die Kunstturnerin blickt zuversichtlich auf die kommenden Aufgaben. Turnsport Austria

“Bin auf dem richtigen Weg”

Die Turnerin kann auf eine äußerst erfolgreiche Saison 2024 zurückblicken, die ihr persönlich viele erfreuliche Momente bescherte. „Der dritte Platz beim Weltcup in Koper, Slowenien, war schon sensationell, aber die Weltmeisterschaft in Budapest toppte alles“ Bei den Weltmeisterschaften gelang es ihr, gleich drei Medaillen zu erringen – im Sprung, am Balken und am Boden. „Das war schon sehr cool und zeigt das ich auf dem richtigen Weg bin“, blickt sie stolz auf ihre herausragenden Leistungen des vergangenen Jahres zurück.

Turnsport Kunstturnen Leni Bohle TS Hohenems
Leni Bohle mit der WM-Silbermedaille. Turnsport Austria

Neben ihren eigenen Erfolgen lässt sich die Athletin vom TS Hohenems auch von anderen Top-Athletinnen inspirieren. Ihre sportlichen Vorbilder sind Jessica Gadirova aus Großbritannien und Melanie de Jesus dos Santos aus Frankreich. „Was mir an beiden am besten gefällt, ist, dass sie trotz ihrer Erfolge immer am Boden geblieben sind“, erklärt Bohle. Melanie de Jesus dos Santos ist mehrfache Europameisterin, und Jessica Gadirova sicherte sich bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio mit der Mannschaft die Bronzemedaille. Beide Athletinnen haben sich nach schweren Verletzungen immer wieder zurück an die Spitze gekämpft und nie den Mut verloren. Diese Eigenschaft beeindruckt Bohle besonders: „Sie lassen sich nicht von Rückschlägen entmutigen und haben die Fähigkeit, nach einem verpatzten Wettkampf schnell wieder aufzustehen und dabei noch zu lachen. Das bewundere ich sehr.“

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Melanie de Jesus dos Santos ist mehrfache Europameisterin und eines der Vorbild von Bohle. AFP

Nichts ist unmöglich

Die junge Sportlerin, die sich selbst als ehrgeizig, zielstrebig und selbstbewusst charakterisiert möchte ihren eigenen Weg gehen, ihre eigene Geschichte schreiben. “Ich war schon von klein auf überzeugt, dass man alles schaffen kann was man sich vornimmt, wenn nur ein Funke Wille da ist”, erklärt Bohle. Für sie geht es nicht nur darum, Ziele zu setzen, sondern auch darum, den eigenen Weg zu finden und diesen mit Entschlossenheit und Konsequenz zu verfolgen. „Wenn ich mir ein bestimmtes Ziel setze, bin ich überzeugt, dass ich es mit dem nötigen Aufwand erreichen kann. Es geht darum, mutig zu sein und auch dann zu handeln, wenn es Menschen im Umfeld gibt, die sagen: “Das geht nicht so‘ oder Das würde ich anders machen‘“. Das Wichtigste ist das man selbst von der Entscheidung überzeugt ist. Wahrscheinlich ist das auch der Grund für mein Lebensmotto ,Goht nid, gibt’s nid‘”, meint sie lachend.

„Jedes Mädchen kann alles erreichen"
Der Kampfgeist von Jessica Gadirova beindruckt die junge Vorarlbergerin. Reuters

Abschließend möchte die Vorarlbergerin allen jungen Frauen einen wertvollen Ratschlag mit auf den Weg geben: „Jedes Mädchen kann alles erreichen, wenn es nur will. Man muss selbstbewusst durchs Leben gehen, niemals aufgeben und überzeugt sein von dem, was man tut. Man sollte nicht immer auf Ratschläge von außen hören. Wenn man selbst überzeugt ist, dann kann man alles schaffen.“