
Einer, der nie unter 100 Prozent gibt
Thomas Dorner ist ein echter Tausendsassa. Nur eines kann der Ex-Ski-Weltcupläufer nicht wirklich: Stillhalten.
Mellau Es ist ein sonniger Samstag und rund um die Talstation der Bergbahnen Mellau tummeln sich Wanderer und Radfahrer. Im Sporthaus Natter sind die Skier aus der Wintersaison inzwischen den Rädern gewichen – und mittendrin befindet sich Thomas Dorner, der sich um eine Kundschaft kümmert. Knapp zweieinhalb Jahre nach dem abrupten Ende seiner Skikarriere ist der Tausendsassa zurück auf den zwei Brettern, die für ihn jahrelang die Welt bedeuteten: als Testfahrer bei Van Deer.
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Testfahrer bei Van Deer-Red Bull Sport? Die Frage hört er inzwischen oft. Doch im Gespräch mit den VN gibt der 26-Jährige bis zu seiner Antwort einen Einblick in ein trotz seiner Jugend bewegtes Leben. In Andelsbuch aufgewachsen, war es gar nicht so erstaunlich, dass der junge Thomas den Weg ins Skigymnasium Stams antrat. Zumal aus zwei Generationen der Familie Dorner gleich sieben Wintersportler die Schule in Tirol besuchten. Dabei hatte sich die Freude bei Vater Reinhard in Grenzen gehalten, als er dem Wunsch seines Sprösslings entsprach. Dabei hatte dieser auch noch den Fußball im Kopf. Also musste er sich entscheiden.

Klare Ansage
Die Ansage aus dem Elternhaus war klar: “Was du machst, ist mir egal, aber wenn, dann musst du es anständig machen”, erinnert sich Thomas Dorner an die damaligen Worte seines Vaters. Dieser Maxime folgend, agiert er auch heute: “Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.” Nicht vergessen hat er einen weiteren Ratschlag: “Papa meinte nur, im Skifahren bist du in deiner Altersklasse einer der besten in Österreich. Im Fußball aber gibt es solche wie dich, wie Sand am Meer.”

Der damals 13-Jährige entschied sich für den Skisport und war nur wenig später – als 16-Jähriger – bei ersten internationalen FIS-Rennen im Spitzenfeld zu finden. 2018 wurde der Technik-Spezialist in das Europacupteam aufgenommen und nur zwei Jahre später debütierte der Wälder im Weltcup. Doch auf höchster Ebene vermochte Dorner nie, sein Potenzial aus dem Training abzurufen. “Ich habe es einfach nicht auf die Reihe bekommen”, blickt er heute ohne Wehmut oder Reue, vielmehr mit innerer Dankbarkeit für “alle Chancen, die ich erhalten habe”, zurück.

So war sein abruptes Ende der Skikarriere im Jänner 2022 nur die logische Konsequenz seiner inneren Einstellung und wohl auch seiner Erziehung. “Ich habe damals gespürt, dass ich nicht mehr bereit war, alles dem Erfolg unterzuordnen. Und ganz ehrlich: Warum sollte ein Servicemann sechs Stunden im Skikeller verbringen, wenn ich nicht mehr bereit bin, alles zu geben.”


Für Dorner, der während seiner ÖSV-Zeit auch ein wenig Norwegisch lernte, war schnell klar, ein Studium beginnen zu wollen. Er entschied sich für das Fach “Tourismus Sport+Leisure Business” am MCI in Innsbruck. Damit nicht genug, arbeitet er seit seinem Ausstieg aus dem Skirennsport im Sporthaus Natter in Mellau. “Das Studium startete erst im September und so habe ich Philipp (Anm. d. Red.: Sohn von Geschäftsinhaber Hannes Natter) gefragt, ob ich ein wenig aushelfen könnte. Dass ich dann sogar die Möglichkeit erhielt, gleich voll durchzustarten, war super.”

Der Anruf von Ferdl Hirscher
Es war im Dezember 2024, wenige Tage nach der Kreuzbandverletzung von Marcel Hirscher, als dessen Vater Ferdl die Telefonnummer von Thomas Dorner wählte. “Er hat mich gefragt, ob ich fit bin und ob ich mir vorstellen könnte, die Testarbeit von Marcel bei Van Deer fortzusetzen.” Dorner hatte beim ÖSV nach Hirschers Rücktritt mit dessen Vater zusammengearbeitet. “Gemeinsam mit Patrick (Anm. d. Red.: Feurstein) durfte ich die Ferdl-Schule genießen.” Ich habe noch nie jemanden”, erzählt Dorner und hält fest: “Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so für den Skisport brennt.”

Für Dorner stand schnell fest: “Klar, ich will es machen. Aber ich musste die Sache erst mit meinem Arbeitgeber absprechen.” Sein Chef gab ihm grünes Licht für den “Nebenjob” als Testfahrer. “Dafür bin ich extrem dankbar”, sagt er und erklärt: “Als Weltcupfahrer hatte ich an einem Trainingstag ein oder zwei Paar Schuhe und vier, fünf Paar Ski dabei. Je nach Physis und Wetter bin ich fünf bis acht Läufe gefahren. Jetzt habe ich an einem Testtag fünf bis zehn Paar Schuhe dabei, dazu noch zehn bis zwölf Paar Ski und ich absolviere 15 bis 20 Läufe. Da braucht es eine gute Kondition.” Nicht zuletzt deshalb habe er sein privates Trainingsprogramm intensiviert.

Eine gute Grundphysis wird er brauchen, denn der Vertrag mit Red Bull gilt auch für den kommenden Winter. Und zudem setzt er seine Karriere als Amateurfußballer ab Sommer beim FC Egg fort. “Der Ausstand in Andelsbuch folgt noch”, verspricht er, nachdem er seinem Stammverein bis auf eine kurze Auszeit in all den Jahren die Treue gehalten hat. Eine Zeit, in der er, wie er sagt, viel profitiert hat. “Ich musste mich anpassen und habe es genossen.”

Arbeit, Ski-Tests, Fußball – Thomas Dorner ist kaum zu bändigen. Von Freundin und Ex-Handballerin Adriana Marksteiner (25) gibt es dafür den vollen Rückhalt im privaten Bereich. So ganz dem Motto aus dem Hause Dorner folgend: “Vo nix kut nix!” Und so wundert es nicht, dass Thomas auch immer öfter im Sport-Managementbüro seines Cousins Karl-Heinz Dorner aushilft. “Ja, das taugt mir schon”, verrät er. Eine weitere Tür, die sich ihm eröffnet.
Die Geschichte des Ex-Skirennläufers Thomas Dorner in Bildern








