“Ich bin ein Opfer – und will nicht schweigen”

Sport / 26.11.2025 • 22:22 Uhr

Spielerin der Damenmannschaft im Rheindorf erzählt, wie sehr sie die Tat und das Schweigen danach belastet.

Altach Es ist in den letzten Wochen ruhig geworden in der Causa rund um den ehemaligen Funktionär des SCR Altach, der illegal Video -und Fotoaufnahmen in der Kabine der Altacher Frauenmannschaft gemacht hat. Aus diesem Grund hat sich ein Opfer dieses Skandals mit den VN in Verbindung gesetzt, um sich über dieses für sie extrem belastende Thema zu äußern, um so auch mehr Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu schaffen. Aus verständlichen Gründen wird der Name nicht veröffentlicht, ist dem VN-Redakteur bekannt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Im Zuge dieses Skandals Sie zu fragen ist eigentlich deplatziert, dennoch mache ich es: Wie geht es ihnen?
Es gibt bessere und schlechtere Tage. Aber die Gedanken kreisen natürlich oft um diese Causa. Und dann denkst du dir, wie abscheulich und grauenhaft ist das eigentlich, was hier passiert ist!

Konnten Sie in den letzten Wochen einmal Abstand davon nehmen?
Schwer bis gar nicht, obwohl es in den Medien ruhiger geworden ist. Aber genau deshalb denkt man öfters mit dem Hintergedanken daran, ob dieser schrecklichen Sache und deren Aufklärung genug Aufmerksamkeit bekommt.

Wie gehen Sie mit dem Umstand um, Opfer zu sein?
So schwer es ist, sich so etwas einzugestehen – ich bin eines. Genau wie viele meiner Mitspielerinnen und Spielerinnen, die in den letzten fünf Jahren hier in Altach gespielt haben. So lange ist es nämlich gelaufen, dass heimlich Fotos und Videos von uns unter Dusche oder in der Kabine gemacht wurden. Jetzt versucht jede Einzelne es so gut es geht, zu verarbeiten. Aber eines ist uns allen bewusst: Das wird viel Zeit brauchen.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Wie ist es Ihnen ergangen, als sie vom dem Fall erfahren haben?
Wir haben es aus den VN mitbekommen und waren schockiert. In Folge hat der SCR Altach schnell gehandelt und am 29. Oktober einen Info-Abend für aktuelle und ehemalige Spielerinnen einberufen, in dem uns im Beisein von Beamten des Landeskriminalamts erklärt wurde, um was es genau geht. Sie können sich vorstellen, wie es uns allen die Füße unter dem Boden weggezogen hat.

Wie waren die ersten Reaktionen?
Unterschiedlich, da eben jede Person anders damit umgeht. Es gab verständlich Betroffenheit, aber auch viel Wut und Unverständnis darüber, wie so etwas geschehen konnte. Es sind ja auch ganz junge bzw. auch minderjährige Mädchen unter den Opfern, da können Sie sich vorstellen, wie deren Eltern reagiert haben. Es blieben an diesem Abend – und auch noch bis heute – viele unserer Fragen unbeantwortet. So ist es für uns alle nicht nachvollziehbar, wie zwischen der Polizeiaktion am Campus in Altach und dem Zeitungsartikel fast drei Wochen vergehen konnten, in denen wir nichts erfahren haben. Wir Opfer gehen davon aus, dass es der Verein gewusst hat. Dazu muss man sich vorstellen, dass der Verdächtige, der Anfang Oktober seinen Rücktritt bekannt gab, die ganze Zeit danach noch beim Team gewesen ist. Er war bei allen Besprechungen und sogar Auswärtsfahrten mit dabei. Natürlich hat die Polizei bei den Durchsuchungen in Kabine nichts gefunden, er hatte ja genug Zeit, um die Kameras verschwinden zu lassen.

Gab es dafür keine Erklärung?
Uns wurde nicht viel erklärt. Wir sind danach mit ganz viel Fragen aus dem Info-Abend raus. Die Beamten des LKA waren keine große Hilfe, die haben uns im eher legeren Stil mitgeteilt, dass sie zufällig bei einer Hausdurchsuchung des Verdächtigen auf die vielen Fotos und Videos von uns gestoßen sind. Uns wurde dabei der Eindruck vermittelt, dass die Causa Altach das kleinere Übel in diesem Kriminalfall ist. Für uns Spielerinnen und Angehörigen ist gerade eine Welt zusammengebrochen und dann wird einem sowas mitgeteilt. Und seitdem haben wir weder von den Behörden noch vom SCR Altach in irgendeiner Weise Informationen zu den Entwicklungen bekommen.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Ein Beweggrund, um jetzt als Opfer an die Öffentlichkeit zu gehen?
Ja, weil wir alle Angst haben, dass diesem Fall zu wenig Bedeutung zukommt und er unter dem Tisch verschwindet. Das wollen wir uns als Opfer nicht bieten lassen. Es ist ja nett, wenn man uns am Infoabend eine Vistitenkarte von einem Psychiater in die Hand drückt, bei dem man sich melden kann. Aber sie können sich vorstellen, wie schwer es für jungen Frauen ist, sich bei diesem Thema zu öffnen. Es wurde uns aber nie eine andere fachmännische Art von Hilfestellung angeboten.

Wie geht es Ihnen damit, dass auch in privaten Wohnungen heimlich gefilmt wurde?
Das ist auch so ein Thema, bei dem man uns alleine lässt. Ich weiß von einer Spielerin, bei der dies der Fall war. Dass sie sich extrem unwohl in der Wohnung fühlt, ist ja klar. Und sie wollte auch in ein Hotel, da kam aber keine Hilfe vom Verein. Sie muss weiter in der Wohnung leben, wobei sie weiß, dass der Verdächtige hier ein -und ausgegangen ist. Über allem schwebt dabei auch, dass er überhaupt einen Schlüssel für die ganzen Wohnungen der Spielerinnen bekommen hat. Er hat sich in den vielen Jahren einfach eine eigene Welt geschaffen, in der er schalten und walten konnte, wie er wollte. Und keiner vom Klub hat das je hinterfragt. Die Leidtragenden sind jetzt ganz viele junge Frauen, die einfach ihrem Traum nachgegangen sind.

Wie verarbeiten Sie das alles?
Man muss es irgendwie verarbeiten. Wir alle wünschen uns, dass der Verdächtige eine angemessene Strafe dafür bekommt. Aber egal, ob und wann jemals ein Schlussstrich darunter zu ziehen sein wird, am Ende wird eine Frage immer bleiben: Was ist mit dem Foto -und Videomaterial geschehen? Mit dieser Ungewissheit müssen wir uns wohl unser weiteres Leben lang arrangieren.

Wie geht es jetzt weiter?
Es ist uns bewusst geworden, dass wir selbst was unternehmen müssen, um wieder mehr Beachtung für den Fall zu erwecken. Dabei lassen wir uns von nichts und niemanden einen Riegel vorschieben oder Maulkorb umhängen. Wir haben alle das Gefühl: Wenn wir nichts machen, tut es keiner.