Altach-Vize Werner Gunz unterstützt die Spielerinnen: “Wir dürfen niemals wegschauen”

Sport / HEUTE • 20:11 Uhr
Altach-Vize Werner Gunz unterstützt die Spielerinnen: "Wir dürfen niemals wegschauen"

Einst selbst Betroffener, bringt er viel Verständnis für die Spielerinnen auf.

Altach Er ist Vizepräsident des SCR Altach, er ist die treibende Kraft hinter dem Frauenfußball im Rheindorf und er ist jemand, dessen Familie selbst erlebt hat, was es heißt, Missbrauchsopfer zu werden. Umso tiefer traf Werner Gunz die Nachricht vom 15. Oktober: Ein ehemaliger Vereinsfunktionär soll heimlich in der Kabine des Frauenteams sowie mit einem Zweitschlüssel in den privaten Wohnbereichen der Spielerinnen Foto- und Videoaufnahmen gemacht haben. „Es ist ein hochsensibles Thema, gerade weil wir als Verein eine große Verantwortung für alle tragen. Mit alle schließe ich den gesamten Nachwuchsbereich mit ein.“

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Zwei Gesprächsabende

Gunz wirkt emotional, spricht ruhig, aber jeder seiner Sätze sitzt. Seine eigene Familiengeschichte, so erzählt er im Gespräch mit den VN, habe ihn gelehrt, solche Fälle proaktiv aufzuarbeiten. Deshalb könne er die Aussagen jener Spielerin, die gegenüber den VN anonym über ihre Ängste gesprochen hat, “in vollster Weise nachempfinden”. Für ihn ist klar: “Es ist wichtig, dass sie sich öffnen und sprechen.”
Zwei Abende lang informierte der Klub Spielerinnen, Eltern und ehemalige Teammitglieder. Die zentrale Frage: Wie geht’s weiter? “Die Mannschaft äußerte den Wunsch, zurück in die Normalität”, sagt Gunz. Seitens des Vereins wurde den Spielerinnen freigestellt, ob sie trainieren und spielen wollen. “Wir haben ihnen bewusst die Entscheidung überlassen. Sie jedoch wollten zurück ins Fußball-Tagesgeschäft.” Zugleich gab es das Angebot, ein persönliches Gespräch mit einer weiblichen Vertrauensperson oder mit Gunz (“Weil mir das Frauenthema eine echte Herzensangelegenheit ist”) zu führen.

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Hausverbot als erste Handlung

Transparenz war von Beginn an ein erklärtes Ziel. “Wir haben ihnen angeboten, auf uns zuzukommen, wann immer sie wollen.” Als mehrere Spielerinnen nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben wollten, reagierte man sofort und brachte sie auf Vereinskosten umgehend in einem Hotel unter. Wichtig ist Gunz auch ein juristischer Schritt: “Mit dem Tag, an dem wir von der Polizei in Kenntnis gesetzt wurden, haben wir über unseren Anwalt umgehend ein Hausverbot gegen den Verdächtigen ausgesprochen.”

Ein emotionales Thema

Der Umgang mit dem Zweitschlüssel sorgt hingegen für viel Emotion. Als Vermieter, so Gunz, sei es üblich, einen weiteren Schlüssel zu besitzen – “das ist auch bei den Männern so”. Doch dass der Verdächtige diese Möglichkeit offenbar ausnutzte, trifft Gunz ins Mark. Der eigene familiäre Hintergrund spielt dabei erneut hinein. “Schon deshalb kann ich stark mit den Opfern mitfühlen.” Und zugleich spricht er offen die Ohnmacht an, in der sich der Bundesligist befindet: “Die Exekutive verhört die Spielerinnen, aber wir als Verein wissen absolut nichts. Das sorgt natürlich für Unsicherheit, in der Frage, wohin sie sich denn wenden sollen.”

Altach-Vize Werner Gunz unterstützt die Spielerinnen: "Wir dürfen niemals wegschauen"
SCRA-Vize Werner Gunz spricht über die schwierige Phase der Aufarbeitung. adam

Einst Unterstützer, nun verdächtigt

Zusammen mit der nunmehr verdächtigten Person hatte Gunz einst den Frauenfußball nach Altach geholt. Umso entschlossener fordert er eine vollständige Aufarbeitung und verweist auf eine Verantwortung, die weit über seinen Klub hinausgeht. “Das kann überall in Vorarlberg wieder passieren, in jedem Verein. Wir dürfen nicht wegschauen. Wir müssen die Sache ernst nehmen und dürfen nichts unter den Tisch kehren.” Die Entscheidung der betroffenen Spielerin, mit ihren Gefühlen und Ängsten an die Öffentlichkeit zu gehen, findet er daher “absolut nachvollziehbar”. Seine Botschaft ist deshalb klar und deutlich: „Sie müssen, sie sollen reden. Ich weiß selbst, wie wichtig dies ist.“

Gesprächsangebot

Gunz’ Einladung an alle Betroffenen ist einladend formuliert: “Kommt auf mich zu. Ich respektiere eure Entscheidung, zur Fußballnormalität zurückzukehren. Doch wenn es Probleme gibt, meine Telefonnummer liegt auf.” Jeder verarbeite solche Erlebnisse anders, sagt er, und genau deshalb müsse man Haltung zeigen. “Wir dürfen uns in dem Thema nicht verstecken.” Und er ist überzeugt: Der SCR Altach habe “mit Kenntnisnahme der Vorwürfe richtig reagiert” und alles Menschenmögliche getan sowie jede Hilfe angeboten. Denn eines betont Werner Gunz: “Diese Thematik geht weit über den Sport und über den SCR Altach hinaus.”

Altach-Vize Werner Gunz unterstützt die Spielerinnen: "Wir dürfen niemals wegschauen"

Reaktion des Vereins

Mittels einer offiziellen Stellungnahme reagierte der Club des Vizepräsidenten. Darin betont der SCR Altach, dass der Schutz und die Unterstützung potenziell betroffener Spielerinnen von Beginn an höchste Priorität besitzen. In dem Schreiben verwies man zudem darauf, dass es dem Verein auf eindrückliche Vorgaben der Ermittlungsbehörden untersagt wurde, weitere Personen zu informieren, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Als SCR Altach werde man weiterhin alles daransetzen, betroffene Spielerinnen bestmöglich zu unterstützen und transparent über relevante Entwicklungen zu informieren.