Zweitschlüssel bei Tatverdächtigem: Neue Details in Altach-Causa werfen Fragen auf

Sport / 03.12.2025 • 11:00 Uhr
Zweitschlüssel bei Tatverdächtigem: Neue Details in Altach-Causa werfen Fragen auf
Ermittler waren in der Umkleidekabine der Frauenmannschaft des SCR Altach. Die VN berichteten erstmals am 28. Oktober darüber. APA, VN-Rhomberg

In der “Causa Kriminalfall SCR Altach” kommen immer neue Details ans Licht. Warum sich die Vereinsspitze nicht weiter zum Fall äußert und wieso Opferrechte womöglich mit Füßen getreten wurden: Eine VN-Recherche beleuchtet neue Aspekte der Vorfälle.

THEMEN-TEAM: Michael Gasser, Markus Krautberger, Simon Bitriol und Gerhard Sohm

Altach Es ist einer der er schlimmsten Machtmissbrauchsfälle der jüngeren Geschichte des Vorarlberger Sports. Ein ehemaliger Spitzenfunktionär des SCR Altach hat über zumindest fünf Jahre Spielerinnen der Frauenmannschaft heimlich gefilmt. Aufnahmen entstanden in der Umkleidekabine auf dem Vereinscampus und in den Wohnungen der Spielerinnen. Vor etwas mehr als einem Monat wurde der Kriminalfall öffentlich. Bis heute sind viele Fragen unbeantwortet. Polizei und Verein berufen sich auf das “laufende Verfahren” und nennen ermittlungstaktische Gründe, dürften damit aber auch Opferrechte mit Füßen getreten haben.

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Der Hinweis an die Ermittler kam aus dem persönlichsten Umfeld des Tatverdächtigen. Eine Hausdurchsuchung bei dem Mann mit Schweizer Pass und Hauptwohnsitz in Vorarlberg hat die Polizei schließlich auf die Spur gebracht. Allerdings nicht gleich. Die Auswertung gigantischer Datenmengen hat demnach seine Zeit gebraucht. Zeit, die der Altach-Funktionär für seinen Rücktritt und wohl auch zur Beseitigung von Spuren nutzen konnte. Diesen Schluss lassen jedenfalls Erzählungen von Spielerinnen zu. Einzelne hatten auch bemerkt, dass sich jemand Zutritt zu ihren Wohnungen verschafft haben muss. Weder Verein noch Opfer wussten zu diesem Zeitpunkt von den Ermittlungen. Der Tatverdächtige – es gilt die Unschuldsvermutung – war trotz Rücktritt unverändert nah an der Mannschaft. Die Vereinsführung argumentiert dies heute mit dem Ziel “einer geregelten Übergabe seiner Aufgaben”.

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Dem Mann wurde, wie neue Recherchen zeigen, über die Maßen vertraut. Der Umgang mit den Zweitschlüsseln für die vom Verein vermittelten Wohnungen der Spielerinnen wirft jedenfalls ein schlechtes Licht auf die Verantwortlichen des Spitzenklubs. Mehrere Quellen schildern den VN Begebenheiten, die den Schluss zulassen, der Tatverdächtige könnte die Schlüssel bei sich zu Hause aufbewahrt haben. Eine verantwortungsvolle Vorgehensweise scheint dies keinesfalls. Gesetzliche Regelungen sehen eine sichere Verwahrung von Zweitschlüssel vor, um sie gegen unbefugten Zugriff zu schützen. Das dürfte nicht der Fall gewesen sein. Fragen dazu an die Geschäftsführung blieben mit Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren unbeantwortet.

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Die Opfer wurden erst informiert, als über den Kriminalfall bereits in den VN berichtet wurde.

“Laufende Verfahren” und “ermittlungstaktische Gründe”: Die Kommunikation von Behörde und Verein wirft neue Fragen auf. Spielerinnen fühlen sich, wie mehrere von ihnen den VN geschildert haben, im Stich gelassen. Ein in der Vorwoche abgedrucktes Interview mit einem der Opfer macht sprachlos. Wieso wussten Polizei, später auch der Verein von den Vorgängen in den Privatwohnungen und der Umkleidekabine Bescheid, ohne die Spielerinnen umgehend zu informieren. “Wir durften aus ermittlungstaktischen und datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Informationen an Dritte weitergeben”, nannte der Vereinsvorstand kürzlich die Gründe. Es habe von den Ermittlungsbehörden klare Vorgaben gegeben, man sei dazu angehalten worden.

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Der renommierte Vorarlberger Opferanwalt Stefan Denifl sieht in der Vorgehensweise hingegen einen Verstoß gegen Opferrechte. “Aus meiner Sicht muss dem Opfer jedenfalls mitgeteilt werden, dass es gefilmt oder überwacht wurde. Es müssen auch die Überwachungsanlagen gleich entfernt werden”, so der Experte zu den VN. “Einschränkungen aus ermittlungstaktischen Gründen dürften allenfalls Details der Aufnahmen betreffen, wenn der Täter dadurch gewarnt werden könnte”, beschreibt er. Das heißt: Die Spielerinnen hätten sehr wohl das Recht gehabt, sofort oder unmittelbar informiert zu werden. Das dürfte das verlorene Vertrauen in Behörden und Verein nicht stärken.

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Altach-Geschäftsführer Christoph Längle: “Gegenüber Medien auf Basis anonymer Hinweise werden wir uns jedoch nicht äußern.”

Die unglückliche interne Kommunikation und mögliche fehlende Unterstützung haben jedenfalls Spuren hinterlassen. Zu Fehlern und allfälligen personellen Konsequenzen will sich die Geschäftsführung des Vereins dennoch lieber nicht äußern. Überhaupt blieb ein halbes Dutzend Fragen der VN-Reaktion an die Vereinsspitze unbeantwortet. “Vor Gericht werden wir selbstverständlich sämtliche erforderlichen Auskünfte und Antworten liefern. Gegenüber Medien auf Basis anonymer Hinweise werden wir uns jedoch nicht äußern”, lässt Geschäftsführer Christoph Längle in einer schriftlichen Stellungnahme wissen.