Kommentar: Beratung unerwünscht
VN Kommentar von Walter Fink
In einer Festschrift des Gestaltungsbeirates des Landes Tirol schrieb Landeshauptmann Anton Mattle: „Mich beeindruckt die Objektivität, mit der hier gearbeitet wird und ich bin dankbar ob der verschiedensten Vorschläge und auch Vorgaben, die der Gestaltungsbeirat den Projektwerbern und Interessenten seit mittlerweile zehn Jahren mit auf den Weg gibt. Nicht immer ist sofort Begeisterung da, aber am Ende wird erkannt, dass die Anregungen, Tipps und Vorschläge wertvoll waren und das erste Projekt zu einem guten Projekt weiterentwickelt haben.“ Der Beirat soll „Tiroler Gemeinden sowie auch das Land Tirol in städtebaulichen, landschaftsgestalterischen und architektonischen Fragen unterstützen und dazu beitragen, dass bestehende Qualitäten erhalten und Defizite verbessert werden können“. In Tirol setzt man seit nunmehr 13 Jahren auf den Gestaltungsbeirat, in dem auch Vorarlberger Architektinnen, nämlich Geli Salzmann aus Dornbirn und aktuell die Bezauerin Anja Innauer, vertreten waren oder sind.
Einen solchen Landesgestaltungsbeirat gibt es seit 2018 auch in Vorarlberg, er hat in etwa die gleichen Aufgaben wie jener in Tirol. Aktuell ist dieser Beirat mit drei Architekten – den beiden Vorarlbergern Andreas Cukrowicz und Stefan Marte sowie dem Schweizer Dieter Jüngling – besetzt. Solche Beiräte gibt es zudem in sehr vielen Gemeinden des Landes – mit gleicher Aufgabe: Sie sollen die politischen Gremien beraten, sollen grobe architektonische und städtebauliche Fehler vermeiden helfen. In vielen Fällen ist das zum Wohle des architektonischen Bildes unseres Landes auch geschehen.
Trotz solch unbestreitbarer Erfolge sind die Beiräte nun ins Gerede gekommen. Und das hängt wohl damit zusammen, dass so manches Bauwerk durch Einsprüche des Gestaltungsbeirates nicht in der Geschwindigkeit abgewickelt werden konnte, wie sich das Bauherren und auch Politik vorgestellt hatten. Solchen Verzögerungen wollen nun manche Gemeinden in besonderer Form begegnen: Lauterach hat den Gestaltungsbeirat schlichtweg abgeschafft, in Lustenau – pikanterweise jener Gemeinde, die 1986 den ersten Gestaltungsbeirat in Vorarlberg eingeführt hat – ist man auf gutem Weg dazu. Und in anderen Gemeinden denkt man heftig über solche „Lösungen“ nach.
Vielleicht sollte man daran erinnern, dass Vorarlberg auf dem Gebiet der Architektur eine Vorreiterrolle zumindest hatte, vielleicht sogar noch immer hat. Das kommt nicht dadurch, dass man es sich immer möglichst leicht gemacht hat, dass man bei Baubescheiden einfach durchgewunken hat, es kommt wohl vielmehr daher, dass man auf Qualität geachtet hat, natürlich die Architekten, ebenso die Bauherrn und nicht zuletzt die Baubehörden. Auch in wirtschaftlich engeren Zeiten sollte man solche Errungenschaften nicht aufs Spiel setzen. Man sollte vielmehr versuchen, den guten Ruf, den sich die Architektur dieses Landes seit Jahrzehnten erworben hat, zu festigen. Andere Regionen – siehe oben Tirol – schlafen nicht, sie sind bereit, auf die Überholspur zu fahren. Man hat lange gebraucht, um den hervorragenden Ruf der Architektur in Vorarlberg aufzubauen – verspielt aber ist er schnell. Sehr schnell.
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