Die meisten sind schlecht

29.08.2025 • 10:39 Uhr
PK, Landestheater, Pressekonferenz anlässlich eines gemeinsamen Projekts mit dem Franz-Michael-Felder-Verein und Autor Felix Mitterer, Walter Fink und Stephanie Gräwe

VN-Kommentar von Walter Fink.

Wir machen uns auf zum alljährlichen Urlaub in Griechenland. Natürlich geht es wieder auf eine Insel. Lange schon kenne ich das Eiland, ich brauche also keinen Reiseführer, suche keine neuen archäologischen oder kunsthistorischen Plätze, werde aber trotzdem so manche besuchen. Wichtig ist deshalb die Literatur, die ich mitnehme. Ein Buch zu den Vorsokratikern fällt mir in die Hände, und gleich daneben noch eines. Das eine klassisch, wissenschaftlich, das andere eher leichter, auch lustiger, aber dennoch mit Tiefgang. Beide sind „alt“, vor vielen Jahren gekauft, manchmal gelesen, manches sogar studiert. Christof Rapp, Professor für Philosophie an der Universität München, ist Autor des Buchs „Vorsokratiker“ in der hochangesehenen Beck’schen Reihe. Luciano De Crescenzo war Neapolitaner, stieg im IBM-Konzern bis in den Vorstand auf – um dann auszusteigen und sich dem Schreiben und der Philosophie zu widmen. Sein Buch über die „Geschichte der Griechischen Philosophie – die Vorsokratiker“ erschien bei Diogenes.

Warum aber sind gerade die Vorsokratiker, die in der Zeit von etwa 600 bis 350 vor Christus in der heutigen Westtürkei, in Süditalien von Neapel bis Sizilien und natürlich in Griechenland gelebt haben, so interessant, dass es sich lohnt, ihnen wieder einmal nachzugehen? Ganz einfach, sie haben die Philosophie des Abendlandes überhaupt einmal begründet, sie erforschten Ethik, Religion, die Naturwissenschaften, Mathematik und suchten nach den Urgründen der Welt. Als erster der Vorsokratiker gilt Thales von Milet, der eine Sonnenfinsternis vorausgesagt hatte und dadurch fast zu so etwas wie einem Propheten wurde, mit ihm in Milet (in der heutigen Westtürkei) Anaximander und Anaximedes. Aus der griechischen Insel Samos stammte Pythagoras, der allerdings dann nach Süditalien auswanderte – von ihm kennen wir alle den nach ihm benannten mathematischen Lehrsatz. Andere Philosophen folgten: Heraklit, Zenon von Elea in Süditalien, von dem wir das Paradoxon vom Wettlauf zwischen Achilles und der Schildkröte gelernt haben, oder Demokrit von Abdera in Nordgriechenland, der mit seinen Freunden, den „Atomisten“, schon damals in die kleinsten Teile der Materie vordrang.

Vorsokratiker hießen sie, weil sie vor Sokrates, dem größten Philosophen, gelebt haben. Aber noch vor ihnen gab es die „Sieben Weisen“ in Griechenland, die Bekanntesten von ihnen waren Solon von Athen oder Thales von Milet. Aber auch Bias von Priene in Kleinasien, der als der Weiseste galt. Von ihm gibt es folgende Geschichte: Die sieben Weisen wurden gebeten, auf dem Tempel des Apoll in Delphi ihren wichtigsten Merksatz aufzuschreiben (Solon schrieb: „Erkenne dich selbst!“). Auch Bias wurde gefragt – er aber lehnte ab. Nach dem Grund gefragt, meinte er, dass sein Satz nicht gefallen würde. Er wurde weiter bedrängt, dann schrieb er: „Die Meisten sind schlecht.“ Der Satz gefiel tatsächlich nicht – aber wahr blieb er bis heute. Und auch darum werde ich mich jetzt wieder einmal mit den Vorsokratikern und den Weisen beschäftigen.