Ein Heimbesuch der etwas anderen Art

VN / 04.05.2020 • 20:30 Uhr
Ein Heimbesuch der etwas anderen Art
Brigitte Willig verständigte sich per Handy mit ihrer betagten Mutter. VN/PAULITSCH

Angehörige und Heimbewohner dürfen sich wieder sehen.

Wolfurt Der Begriff vom Besuchsfenster hat im Seniorenheim Wolfurt eine besondere Bedeutung bekommen. Er regelt nicht nur die Zeiten, zu denen Heimbewohner ihre Angehörigen nach sieben Wochen der Abstinenz wieder einmal sehen dürfen. Das Besuchsfenster ist auch von praktischem Wert, ermöglicht es doch den Kontakt zwischen den Anverwandten. Durch eine, wenngleich gekippte Glasscheibe zu kommunizieren, erweist sich allerdings als nicht ganz einfach, aber: “Hauptsache, wir haben uns wieder einmal gesehen”, nimmt Brigitte Willig die Erschwernis gelassen.

Drinnen und draußen

Seit Mitte März für die Pflegeheime im Sog der Coronapandemie aus Sicherheitsgründen ein striktes Besuchsverbot erlassen wurde, blieben der Tochter von ihrer 95-jährigen Mutter nur Videos und Fotos, die sie aus dem Seniorenheim zugeschickt bekam. “Sie haben sich wirklich bemüht”, zollt Brigitte Willig dem Personal diesbezüglich höchstes Lob. Doch jetzt ist sie froh, der hochbetagten Mutter wieder einmal von Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen zu können. Brigitte Willig hat einen kleinen Strauß roter Rosen mitgebracht.

In einem Rollstuhl wird Martha Vonach in den Besucherraum geführt. Die Tochter draußen, die Mutter drinnen, dazwischen eine Scheibe: Beide blicken einander lange an, lächeln, schweigen. Als Brigitte ein Gespräch in Gang bringen will, zeigen sich die Grenzen der Verständigung. Die beiden Frauen beginnen eine Unterhaltung per Handy. Auch das ist schwierig. Schließlich redet nur noch Brigitte, und die Mutter hört mit glänzenden Augen zu. Ein paar Minuten noch, denn um die Ecke biegen schon die nächsten Angehörigen, die sich für diesen Nachmittag angemeldet haben.

Besonderer Augenblick

Brigitte kommt mit ihrem Mann. Auch sie hat die 82-jährige Mutter schon seit Wochen nicht mehr persönlich gesehen. E-Mails und WhatsApp-Nachrichten vom Stationshandy sicherten die Verbindung. “Ich wusste ja, dass sie im Heim gut aufgehoben ist.” Dieses Wissen beruhigte Brigitte einigermaßen. “Trotzdem ist es schön, sie jetzt wenigstens wieder zu sehen”, merkt die junge Frau an. Die Mutter freut sich ebenfalls. Sie gestikuliert, lacht und erzählt. Weil ihr Gehör beeinträchtigt ist, wird es eine laute Unterhaltung. Doch das stört in diesem besonderen Augenblick niemanden.

Zwei zeitliche Besuchsfenster gibt es pro Tag im Seniorenheim Wolfurt. Vormittags können Angehörige von 10 bis 11 Uhr kommen, am Nachmittag von 14 bis 16 Uhr. Pro Heimbewohner ist nur ein Besucher zugelassen. Zwei Wochen soll die provisorische Besuchslösung beibehalten werden. Ändern sich die günstigen Infektionszahlen nicht und bleibt das Heim vom Coronavirus verschont, steht die nächste Lockerung an. Dann dürfen die Bewohner mit ihrem Besuch in den Garten.

Martha Vonach freute sich, ihre Tochter wieder einmal, wenn auch nur auf Distanz, zu sehen.
Martha Vonach freute sich, ihre Tochter wieder einmal, wenn auch nur auf Distanz, zu sehen.