Ärzte-Groll wegen Ärzte-Ausbildung

VN / 09.07.2021 • 05:00 Uhr
Ärzte-Groll wegen Ärzte-Ausbildung
Ärztekammerpräsident Michael Jonas zürnt dem Land, ist aber zu einer weiteren Zusammenarbeit bereit. VN/RAUCH

Nach Gesetzesänderung übernehmen Politik und Juristen.

Dornbirn Der Ärger sitzt tief. Entzündet hat er sich an einer Gesetzesänderung, laut der nicht mehr die Ärzteschaft, sondern Politiker und Juristen über die Ausbildung von Medizinern entscheiden sollen. „Ohne ernsthafte Verhandlungen mit uns ist die Politik einfach darübergefahren“, grollt Ärztekammerpräsident Michael Jonas auch dem Land. Vorarlberg habe maßgeblich dazu beigetragen, dass eine derart tiefgreifende Gesetzesänderung still und heimlich eingebracht werden konnte. Eine Regierungsvorlage mit Begutachtungsverfahren gab es nämlich nicht, stattdessen nur Initiativanträge in 2. Lesung.

Ein Facharzt für vier Jungärzte

Was besonders sauer aufstößt, ist der Plan, dass ein Facharzt künftig mindestens vier Jungärzte ausbilden kann. Aus Sicht der Ärzteverantwortlichen eine fatale Fehlentscheidung, die vor allem zu Lasten der Qualität gehe. „Aus unserer Sicht braucht es für die Ausbildung eines Jungarztes jeweils einen Facharzt“, erklärt Primaria Ruth Krumpholz, Vorsitzende der Ausbildungskommission in der Ärztekammer, und sie fügt ergänzend an: „Wenn also künftig ein einziger Facharzt für mehrere Jungmediziner zuständig sein soll, kann man sich vorstellen, wie viel an Ausbildungsinhalten verloren geht.“ Die Befürchtung von Krumpholz: „Viele Jungärzte werden sich darauf gar nicht erst einlassen und eine bessere Ausbildung im Ausland wählen.“  Jonas will dem Land trotzdem die Hand reichen und bietet an, den bisherigen Weg mit der neuen Gesetzeslage weiterzuführen. Soll heißen, die Ärztekammer soll auch in Zukunft für die fachliche Ausbildungsqualität zuständig sein. „Wir kennen die lokale Situation, wir wissen, was gebraucht wird.“

Bis jetzt, wenden Krumpholz und Jonas ein, war die Ausbildungsqualität in Spitälern und Ordinationen in Vorarlberg gesichert und hatte unter Jungmedizinern einen guten Ruf. Für die fachlich-medizinischen Rahmenbedingungen war die Ärztekammer zuständig, sie trug auch die Kosten für die laufende Qualitätssicherung und Evaluierung der Jungärzte-Ausbildung. „Das erfordert neben medizinischem Fachwissen auch detaillierte Kenntnisse über die Abläufe in Krankenhäusern und Ordinationen, und beides kann nur von Medizinern erbracht werden“, findet Ruth Krumpholz klare Worte. Es genüge nicht, Zahlen und Excel-Tabellen vom Schreibtisch aus zu prüfen und diese dann als Basis für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen heranzuziehen.

Schlechter Zeitpunkt

Wie die Medizinerausbildung in Zukunft gestaltet wird, liegt also nicht mehr in der Kompetenz der Ärzteschaft. „Politik und Beamte sagen uns, wo es langgeht“, bemerkt der Ärztekammerpräsident mit Bitterkeit in der Stimme. Dennoch ist er an einem gemeinsamen Weg interessiert: „Wir sind bereit, uns auch in einem neuen rechtlichen Rahmen dafür einzusetzen, dass die Ärzteausbildung in Vorarlberg weiterhin in einer hohen und gesicherten Qualität durchgeführt wird. Das erfordert von der Politik jedoch die Einbindung der Ärzteschaft und die Wertschätzung gegenüber unserem Engagement und fachlichen Wissen“, stellt Jonas klar, der auch den Zeitpunkt für die Gesetzesänderung aufs Schärfste kritisiert. „Während die Ärztinnen und Ärzte in den letzten Monaten ohne Pause für die Bevölkerung im Corona-Einsatz waren, hat die Politik diese folgenschwere Gesetzesänderung durchgebracht.“