Bernd Konzett: „Wir sind eine Marke geworden“

Seine „Sinfonietta Vorarlberg“ bietet eine hochklassige Alternative im Konzertleben.
LUSTENAU Als Teufelskerl, als Workaholic ist er omnipräsent im Musikleben des Landes. Da ist es egal, ob Bernd Konzett als Orchestermusiker persönlich sein unhandliches Instrument bedient oder nebenher als Konzertagent so perfekt gestylte Formationen wie die Sinfonietta Vorarlberg, sein Ensemble konz.art oder seine Partyband Pastis managt.
Vor über 30 Jahren wurde die Sinfonietta Vorarlberg noch gerne als „Ableger“ des Symphonieorchesters Vorarlberg belächelt, heute ist sie als wertvolle Bereicherung aus der Musikszene des Landes nicht wegzudenken. Wie kam das?
Ich betreue die Sinfonietta quasi im Alleingang seit 2005. Wir sind in dieser Zeit eine Marke geworden mit dem Schwerpunkt großer geistlicher Chor- und Orchesterliteratur im Land und in der Region Ostschweiz/Süddeutschland, vor allem im klassisch-romantischen Repertoire. Musiziert wird unter der Leitung so anspruchsvoller Dirigenten wie Benjamin Lack mit dem Kammerchor Feldkirch oder beim Komponistenporträt von Filmguru Marcus Nigsch, ebenso unter Markus Landerer mit seiner Chorakademie Vorarlberg. Fallweise spielen wir auch mit dem Bregenzer Kammerchor unter Hubert Herburger, beim Mozart-Requiem in Lustenau unter Manfred Honeck oder als Opernorchester in Werdenberg, wo wir nach mehrjähriger Pause heuer im August erneut engagiert wurden.
Entsteht da nicht zwangsläufig eine Konkurrenzsituation zum viel länger bestehenden Symphonieorchester Vorarlberg?
Nein, schon deshalb nicht, weil wir andere Aufgabengebiete abdecken. Wir wollen in erster Linie gute Chöre mit besten Musikern versorgen, das spüren die Sängerinnen und Sänger dann auch. Und wir stehen dabei in einer gesunden Kooperation mit dem SOV, ohne jedes Konkurrenzdenken. Wir haben uns nie geschadet, wir haben uns immer ergänzt!
Wie und weshalb kam es 1989 zur Gründung der Sinfonietta Vorarlberg?
Das SOV war durch seine Statutenregelung immer an gewisse Normen gebunden wie Dirigat und Programme. Die Sinfonietta dagegen ist ein Orchester, das man einfach buchen und die Details dazu selbst bestimmen kann. Wir machen auch eigene Veranstaltungen wie die beiden Lustenauer Abo-Konzerte 2018 und 2020 mit dem ungarischen Dirigenten Tibor Benyi. Sonst lassen wir uns zu einem bestimmten Honorar verpflichten, und auch das finanzielle Risiko des Konzerts trägt dann der Veranstalter. Gründer der Sinfonietta war der Trompeter Bernhard Eggarter. Er hat zunächst die Bläser dafür organisiert, ich die Streicher, und seit 17 Jahren mache ich das alles allein über meine Agentur.
Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Musiker für Ihr Ensemble aus?
Mir war es wichtig, für jedes Projekt ein variables Orchester möglichst aus Mitgliedern des SOV zusammenzustellen. Dabei war mir der menschliche Aspekt gleich wichtig wie der rein künstlerische. Manchmal haben auch zunächst unbekannte Musiker in der Sinfonietta angefangen und sind dann vom jeweiligen Geschäftsführer ins SOV übernommen worden. So ist das Ganze heute zu einer Art großer Familie zusammengewachsen. Das ergibt Freude und Entspanntheit beim Musizieren. Es wird auch anständig bezahlt, was mir als Musiker wichtig ist, und jeder kann sich auch über die Erfolge des anderen freuen.
Im Gespräch mit einem Kontrabassisten liegt einem das auf der Zunge: Hätten Sie statt des gewichtigen Streichinstruments nicht lieber Pikkoloflöte gelernt?
Das ist eine lange Vorgeschichte. Sie führt über erste Erfahrungen in Akkordeon, dann Klavier und Cembalo bei Josef Gstach am Musikgymnasium Feldkirch zum Kontrabass. Franz Dunkler, ehemals beim Vorarlberger Funkorchester, hat mich mit 17 in der Musikschule Feldkirch mit diesem Instrument vertraut gemacht. Und das war nun nicht zu spät, weil der Kontrabass ja gewisse physische Voraussetzungen verlangt und man auch nicht wie heute zunächst auf Viertel- oder Achtelbässen beginnen konnte, sondern gleich am großen Profiinstrument.
Und was war es, was Sie fasziniert hat am Kontrabass?
Ich glaube, dass jedes Instrument einen Menschen vom Typ her formt und umgekehrt. Ich bin also etwa kein typischer Holzbläser, und meine besten Freunde im Orchester waren immer Blechbläser – das ist eine andere Schwingung, auch menschlich. Der entscheidende Durchbruch bei mir kam 1985 in meiner ersten Orchesterprobe überhaupt beim Musikschulorchester Feldkirch mit einer Vivaldi-Symphonie. Da habe ich mein tiefes F gespielt, und das ganze Orchester hat sich mit einem Schlag zu mir umgedreht. Da ist mir bewusst geworden: Ich habe eine Funktion, ich bin wichtig!
Sie wollten dann diese Erfahrung auch durch ein Studium als Profimusiker absichern?
Ja, das war am Mozarteum Salzburg beim angesehenen Solokontrabassisten der Berliner Philharmoniker, Klaus Stoll, mit absolviertem Konzertfach. Ich habe immer gewusst: Ich möchte von ihm viel lernen, dies aber in meiner eigenen Welt umsetzen. In einem Vollzeit-Orchester hätte ich mich nie wohlgefühlt, wollte lieber sonst überall dort mitwirken, wo man einen Bass brauchte, im Pop, im Jazz, im Tango, in der Weltmusik, als leidenschaftlicher Kammermusiker im weitesten Sinne oder in der Hauptsache als Kontrabassist im Symphonieorchester Vorarlberg, wo ich bis 2019 genau 30 Jahre tätig war.
Mit besonderer Liebe haben Sie sich von Anfang an auch kleineren Ensembles gewidmet, diese gemanagt und selber dabei mitgespielt?
Schon in Salzburg gab ich in kleinen Formationen Hunderte von klassischen Konzerten, heute noch bin ich regelmäßig mit dem Ensemble Akademie der Klassik aus Salzburg oder dem Quinteto del Arco Nuevo mit argentinischer Tangomusik unterwegs. Besonders verbunden fühlen wir uns in meinem eigenen Ensemble konz.art, wo wir zuletzt bei der Verabschiedung für Günter Polanec in St. Martin die Leute zu Tränen gerührt haben. Das ergibt für mich also in Summe auch ganz ohne Lehrtätigkeit einen unglaublich dicht gefüllten Terminkalender, der mit großem Verständnis auch von meiner Lebenspartnerin Michaela und den drei gemeinsamen Kindern mitgetragen wird, weil sie selber als Berufsmusikerin auf Oboe und Englischhorn tätig ist. Fritz Jurmann
März, 19 Uhr, Feldkirch, Landeskonservatorium: 20 Jahre Kammerchor Feldkirch, Sinfonietta Vorarlberg, Dirigent Benjamin Lack (Mozart c-Moll-Messe)
BERND KONZETT
GEBOREN 1968 in Bludenz,
lebt in Lustenau
AUSBILDUNG Studium Kontrabass
am Mozarteum Salzburg
TÄTIGKEIT Manager und Musiker der Sinfonietta Vorarlberg, konz.art und anderen Ensembles
FAMILIE in Partnerschaft, drei Kinder