Großfamilie praktiziert Mut zum Sparen

Das Leben bleibt für Familie Bechtold und die bald sechs Kinder teuer genug.
Dornbirn „Habt ihr keinen Fernseher?“ Diese süffisante Frage hören Veronika (39) und Guntram Bechtold (39) aus Dornbirn immer wieder einmal, wenn die Rede auf ihren Nachwuchs kommt.
Fünf Kinder tollen derzeit durchs Haus. In den nächsten Tagen macht ein sechstes Geschwisterchen das halbe Dutzend voll. Und: Die Großfamilie verfügt tatsächlich über keinen Fernseher und kein Auto. Es gibt nur einen Beamer, über den ab und an gemeinsam ausgesuchte Spiele oder Filme flimmern.
David (13), Irmgard (11), Paul (10), Johanna (8) und Jakob (5) leben dennoch nicht hinter dem Mond. Die drei Älteren verfügen über ein Handy, und alle dürfen die vorhandenen iPads nutzen. „Kinder brauchen Zugang zu den neuen Medien“, bekräftigt der Vater, der selbst in diesem Metier tätig ist und eine Online-Marketing-Agentur betreibt. Was die Familie auch spürt ist die allgemeine Teuerung. „Gerade Stoßzeiten wie der Schulanfang gehen kräftig ins Geld“, weiß Veronika Bechtold. Tiefer in die Tasche greifen muss sie ebenso für den wöchentlichen Großeinkauf.

Eine „Villa Kunterbunt“
Bis vor drei Jahren lebten die Bechtolds noch in einer Wohnung. Dann konnten sie in das Haus von Guntrams Opa einziehen. Mit seinem etwas verwilderten Garten erinnert es ein bisschen an die „Villa Kunterbunt“. Nippes und anderen Zierrat sucht der Gast jedenfalls vergebens. Die Einrichtung ist zweckmäßig und auf Kinder ausgerichtet. „Bei uns finden sich überall Kinderspuren“, bemerkt die Mutter mit einem nachsichtigen Lächeln. Veronika und Guntram Bechtold wollten immer „einige Kinder“. Auf eine Zahl hat sich das Ehepaar nie festgelegt. Jedes Kind war und ist willkommen. Außenstehende begegnen ihnen nicht nur mit ironischen Sprüchen, sondern oft sogar mit Respekt. So viele Kinder sind längst keine Selbstverständlichkeit mehr.
Freude an einfachen Dingen
Die Geschwister wiederum schätzen die Gesellschaft. „So habe ich immer jemanden zum Spielen“, sagt Irmgard. „Und zum Streiten“, wirft David schmunzelnd ein, schnappt sich ein paar Kastanien und bastelt mit Hilfe von Schere und Faden einen herbstlichen Fensterschmuck. Jakob lässt Papierflieger durch den Raum sausen, Johanna malt. Es sind einfache Dinge, die ihnen Freude bereiten. Das Leben ist teuer genug. „Ob ein Kleber für die Schule 3,50 oder vier Euro kostet, macht schon einen Unterschied“, verdeutlicht Veronika. Der Wocheneinkauf verschlingt ebenfalls mehr. 250 bis 300 Euro waren es bislang, jetzt weist der Kassazettel oft mehr als 350 Euro aus. Von Kinderbekleidung gar nicht zu reden. „Es gibt praktisch keine Kinderschuhe mehr unter 60 Euro“, berichtet die Mutter und ergänzt: „Sparsam waren wir eigentlich immer, doch jetzt kaufen wir noch preissensibler ein.“

Gebraucht und neu
Das setzt sich bei der Kleidung der Kinder fort. „Wir geben gebrauchte Kleidung weiter, und nehmen gebrauchte an“, erzählt Veronika Bechtold ohne Scheu. Gleiches gilt für Sportgeräte. Die Skier von David sind Secondhand. Was ihn nicht stört: „Hauptsache sie laufen.“ Die Bechtolds versuchen sich an einem guten Mix aus Gebraucht und Neu. Mut zum Sparen zeigen und dazu stehen: Nach dieser Devise lebt die Großfamilie. Als Obmann des Vorarlberger Familienverbandes erlebt Guntram Bechtold zudem hautnah die Belastung von Alleinerziehenden und Familien. Statt dem Gießkannenprinzip würde er sich eine Neubewertung der Unterstützungsmaßnahmen wünschen. Im kommenden Jahr möchte er zudem einen Schwerpunkt zur Kinderarmut setzen. Vor allem aber ist er überzeugt: „Die aktuelle Situation können wir nur als Gesellschaft gemeinsam bewältigen.“