Alles Kopfsache: Wie man 8848 Höhenmeter auch ungeübt schaffen kann

VN / 18.08.2023 • 11:37 Uhr
Saskia Bauer hat schon zweimal die 8848 Höhenmeter bewältigt und würde es immer wieder tun. <span class="copyright">Fotos: Marius Holler</span>
Saskia Bauer hat schon zweimal die 8848 Höhenmeter bewältigt und würde es immer wieder tun. Fotos: Marius Holler

Nächstes Jahr findet zum ersten Mal das Everesting-Event in Brand statt, bei dem man 8848 Höhenmeter überwinden muss. Auf diese verrückte Idee kam Saskia Bauer vor vier Jahren. Nach zwei Selbstversuchen – beide erfolgreich – will sie nun diese Challenge, die mehr Kopf- als Beinsache ist, für jeden möglich machen. Die Brandnertaler Bergbahnen erwiesen sich dabei als idealer Partner.

brand 8848 Höhenmeter – so hoch ist der höchste Berg der Welt, der Mount Everest. Diese Höhenmeter kann man auch „ganz bequem“ in Brand zurücklegen, ohne aufwendige Expedition. 36 Stunden hat man beim Everesting-Event dafür Zeit. Die Höhenmeter bergauf werden erwandert, hinunter geht es jeweils mit der Palüdbahn. Auf diese verrückte Idee kam Saskia Bauer aus Freiburg. Sie hat das Everesting-Event in Brand, das nächstes Jahr stattfinden soll, ins Leben gerufen.

17 Mal geht es hinauf zur Bergstation der Palüdbahn.
17 Mal geht es hinauf zur Bergstation der Palüdbahn.

„Vor vier Jahren habe ich in einem Podcast von diesem Everesting gehört“, erzählt Saskia Bauer. „Ich war begeistert davon.“ Auch wenn sie selbst keine Profisportlerin ist, hat sie die Idee, die 8848 Höhenmeter am Stück zu Fuß zurückzulegen, nicht mehr losgelassen. Doch direkt in die Tat umgesetzt hat sie es nicht. Irgendwann sagte ihr Mann, dass „ich es nicht nur sagen, sondern auch machen soll“. Somit hat es zwei Jahre gedauert, bis sie es selbst gewagt hat.

In kleinen Gruppen gehen die Höhenmeter viel leichter von den Beinen.
In kleinen Gruppen gehen die Höhenmeter viel leichter von den Beinen.

Auf den Schauinsland

„Die Idee kam mir wahnsinnig absurd vor. Ich dachte mir, die Leute halten mich für total bekloppt, wenn ich ihnen davon erzähle. Doch sie fanden es mega“, erzählt sie. Der höchste Berg in der Nähe von Freiburg ist mit 1284 Metern der Schauinsland. Um aber nicht jedes Mal die Strecke hinunterzulaufen, hat sich Saskia Bauer die Seilbahn mit ins Boot geholt. 26 Stunden haben sie und ihre zwei Freundinnen insgesamt gebraucht. In der Gondel konnten sie dann verschnaufen. Unten am Berg wartete auf sie das Basecamp mit Verpflegung. Sie haben sich selbst kein Zeitlimit gesetzt. Die einzige Regel war: nicht schlafen. „Vom Tempo her war ich gemütlich unterwegs“, sagt Saskia Bauer. „Mit leichtem Gepäck“, ergänzt sie. „Ich bin gewandert, nicht gelaufen.“ Das ist ihr wichtig zu betonen, da sie der Meinung ist, dass es jeder schaffen kann. Die Grenzen würden sich mehr im Kopf als in den Beinen abspielen.

Auf der Strecke warten Verpflegungsstationen auf die Wanderer.
Auf der Strecke warten Verpflegungsstationen auf die Wanderer.

„Natürlich tut’s nach 2000 bis 3000 Höhenmeter weh, doch du schaffst etwas, was du nie davor gedacht hast, dass du es erreichen kannst. Ich war von der Idee so überzeugt und mir so sicher, dass ich es schaffen kann. Von der Kondition her hatte ich nie Probleme gehabt.“ Zwölfmal ging es den Berg Schauinsland hoch. Nachts wurden die drei Freundinnen mit dem Auto hinuntergefahren, da die Seilbahn ein Nachtfahrtverbot hat.

Die Palüdbahn bringt die Teilnehmer jeweils wieder ins Tal.
Die Palüdbahn bringt die Teilnehmer jeweils wieder ins Tal.
Auf in die Nacht hinein.
Auf in die Nacht hinein.

Zu lasche Einstellung gehabt

Ein Jahr später hat Saskia Bauer dieses Vorhaben wiederholt – wieder zu dritt. Doch dieses Mal war es anders. „Ich wusste schon, dass es richtig hart werden wird.“ Das Erfolgserlebnis vom ersten Mal blieb ihr aber so intensiv in Erinnerung, dass sie nur das Positive im Kopf hatte, nicht die Anstrengung. Ihren Freundinnen hat sie deshalb nichts davon erzählt, wie anstrengend diese Challenge wirklich ist. „Meine Einstellung war bei meinem zweiten Versuch viel zu lasch“, gibt Saskia Bauer zu, dass sie das zweite Mal viel schwieriger fand. Die mentale Einstellung, der Kopf, ist das A und O. Deshalb empfiehlt Saskia Bauer den Teilnehmern: „Die Leute sollen nicht mit einer zu laschen Einstellung an die Sache herangehen. Sie müssen dafür schon etwas tun.“ Gute Grundkondition ist von Vorteil, aber man muss kein Trailrunner sein. „Eine gewisse Grundfitness braucht es schon, aber man muss jetzt nicht so krass darauf hintrainieren wie für einen Marathon. Mental muss man stark sein, nicht körperlich.“ Die 36 Stunden sind großzügig bemessen, sodass es jeder schaffen kann. „Wir haben eine niedrige Hürde, da mitzumachen.“ Es braucht auch keine spezielle Ausrüstung. Turnschuhe reichen.

Der Spaß zählt.
Der Spaß zählt.

Es gibt im Übrigen auch keinen Sieger, denn jeder, der diese 8848 Höhenmeter schafft, hat für sich gewonnen. Auf die Schnelligkeit kommt es dabei nicht an. Das Everesting-Event richtet sich also in erster Linie gar nicht an die Trailrunner und Sportskanonen, sondern an die Stadtmenschen, die etwas Verrücktes machen wollen. Und dieses Event bietet einen sicheren Rahmen, um „so etwas Verrücktes zu machen“.

Die Initiatoren Saskia Bauer (r.) und Flores Rekowski (l.).
Die Initiatoren Saskia Bauer (r.) und Flores Rekowski (l.).
Es gibt extra Laibchen für jeden Teilnehmer.
Es gibt extra Laibchen für jeden Teilnehmer.

Lange Suche nach dem Richtigen

Saskia Bauer hat lange nach einem geeigneten Austragungsort gesucht, denn der entscheidende Faktor für sie ist, dass die Bahn auch nachts fahren darf. „Ich habe jede Bergbahn in Deutschland, der Schweiz und in Österreich kontaktiert, doch die wenigsten Bergbahnen haben eine Nachtfahrterlaubnis.“ Das Everesting wäre ohne den Rahmen eines Events gar nicht machbar, ist Saskia Bauer überzeugt, denn sonst müsste man die 8848 Höhenmeter auch wieder hinunterlaufen. Das belastet enorm die Knie, weshalb es wiederum nicht jeder machen könnte. Drei Bergbahnen standen dann in der engeren Auswahl.

Auch nachts geht es mit Stirnlampe weiter.
Auch nachts geht es mit Stirnlampe weiter.
Trinken ist wichtig und kommt bei dem Event nicht zu kurz.
Trinken ist wichtig und kommt bei dem Event nicht zu kurz.

„In Brand hat’s dann von den Leuten her am besten gepasst“, berichtet die Freiburgerin. „Sie haben da richtig Bock drauf.“ Eine weitere Voraussetzung ist gewesen, dass die Strecke bis zur Bergstation mindestens 500 und maximal 1000 Höhenmeter betragen darf. Brand kratzt an der unteren Höhenmetergrenze. 520 Höhenmeter sind pro Strecke zu bewältigen. Für die 8848 Höhenmeter muss man also 17-mal den Berg hochlaufen.

Die Emotionen, es geschafft zu haben, sind überwältigend.
Die Emotionen, es geschafft zu haben, sind überwältigend.

Die Strecke ist gut begehbar, auch nachts, und führt nicht durch ein Naturschutzgebiet. Die erste Hälfte ist ein schmaler Trail, danach geht es auf einem Fahrweg weiter. Saskia Bauer schwärmt vor allem von dem Sonnenaufgang. „Wenn die Sonne aufgeht, gibt das einem so viel Energie.“ Müde wird man nicht, solange man sich bewegt: „Man befindet sich halb im Delirium. Du vergisst nachts die Zeit.“ Irgendwann kommt der Punkt, da hat man keine Lust mehr, etwas Normales zu essen. „Der Körper geht dann in eine Art Überlebensmodus über“, weiß die 30-Jährige, die selbst in der Marketingbranche tätig ist. „Wir wollten irgendwann keine Brote mehr essen, sondern hatten Gelüste auf Chips und Gummibärchen“, erinnert sie sich an ihrem Selbstversuch zurück. Beim Everesting-Event wird es einen Foodtruck geben sowie drei Verpflegungsstationen auf der Strecke. Zudem gibt es ein Rucksackdepot unten im Basecamp für Wechselkleidung und Co. Dort stehen in der Recovery-Zone auch Faszienrollen, Isomatten und Schlafsäcke bereit.

Ausruhen ist auch wichtig.
Ausruhen ist auch wichtig.

Bereit zum Anmelden

Das Everesting-Event wird kein Massenevent, sondern die Teilnehmerzahl beschränkt sich auf 250 Personen. Seit August kann sich jeder ab 18 Jahren für das Everesting-Event auf der Webseite www.alpin8.eu anmelden. Wer sich die 8848 Höhenmeter nicht zutraut, kann auch die Hälfte der Höhenmeter beim Everesty-Event absolvieren. VN-JUN

Die ersten Höhenmeter verlaufen über einen Pfad durch den Wald.
Die ersten Höhenmeter verlaufen über einen Pfad durch den Wald.
Glücklich und zufrieden, wenn man es geschafft hat.
Glücklich und zufrieden, wenn man es geschafft hat.