Warum die Stadt Bludenz heuer kein 750-jähriges Jubiläum feiern wird

Der Neujahrsempfang der Stadt Bludenz drehte sich heuer vor allem um eines: Um einen großen Schwindel vor 50 Jahren, weshalb die Stadt heuer eben kein 750-jähriges Jubiläum feiern wird und auch nicht kann. Historiker Manfred Tschaikner erläuterte in seinem Vortrag, warum es dieses Jahr – abgesehen vom Rathaus, das 50 Jahre alt wird – nichts zu feiern gibt.
Bludenz „Ich wünsche euch ein gutes, gesundes neues Jahr“, wünschte Bürgermeister Simon Tschann den Bludenzern, aber auch den Gästen aus dem gesamten Bezirk, die zum Neujahrsempfang in den Stadtsaal gekommen waren. „Bludenz – die Stadt der Vielfalt“- unter diesem Motto stand der diesjährige Neujahrsempfang der Stadt Bludenz, immerhin leben in der Alpenstadt knapp 80 Nationen. 2024 ist ein besonderes Jahr für Bludenz, denn das Rathaus feiert sein 50-jähriges Bestehen, weshalb es auch ein Rathausfest mit einem Tag der offenen Tür geben wird. Wann genau, steht aber noch nicht fest, da man mit den Wahlen dieses Jahr nicht kollidieren möchte, aber Bürgermeister Simon Tschann ist zuversichtlich, dass sich ein Zeitfenster ergeben wird.


Viele Ideen werden angegangen, „die Stadt hat viel zu tun“, so das Stadtoberhaupt, der hofft, dieses Jahr kein Krisenmanagement betreiben zu müssen. Herausfordernd wird dieses Jahr dennoch, vor allem im Hinblick auf das Budget, das demnächst von der Stadtvertretung – aller Voraussicht nach – beschlossen wird. „Wir werden als öffentliche Hand investieren müssen“, sagte Tschann.



50 Jahre nach den letzten großen Festivitäten soll erneut der kulturelle Schwerpunkt auf die Stadt Bludenz gelegt werden. Eine 750-Jahr-Feier, nachdem vor 50 Jahren, im Jahr 1974, das 700-jährige Bestehen der Stadt Bludenz groß zelebriert wurde, wird es in dieser Form aber nicht geben. Was nicht heißt, dass heuer gar nicht gefeiert wird, schließlich wird das Rathaus 50 Jahre alt und auch ein großes Altstadtfest ist geplant. Historiker Manfred Tschaikner erläuterte in seinem Vortrag, warum es falsch wäre, ein 750-jähriges Jubiläum der Stadt Bludenz zu feiern.



Ein großer Schwindel
Vor 50 Jahren jährte sich die Stadterhebung von Bludenz zum 700. Mal. Folgerichtig, so müsste man meinen, steht jetzt das 750-Jahr-Jubiläum an. Doch diese Annahme ist falsch. Manfred Tschaikner deckte im Rahmen seines Vortrags einen ganz großen Schwindel auf, denn „es besteht nicht den geringsten Hinweis darauf, dass Bludenz 1274 zur Stadt erhoben worden ist. Von 1274 war vor dem Jahr 1974 nie die Rede.“ Das wussten die Veranstalter von damals. Mehr noch: Sie haben bewusst die Jubiläumsfeier abgehalten, ohne, dass das Jahr 1274 in Zusammenhang mit einer Stadterhebung der Stadt Bludenz jemals urkundlich erwähnt wurde. Tschaikner vermutet stark, dass die anstehenden Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen mit dem Fest zusammenhingen. Man wollte sich einfach präsentieren.



Im Bildband zum 700-Jahr-Jubiläum tauchte also erstmals die Zahl 1274 auf. Derweil hat die Stadt Bludenz 1996 und 2015 ihre eigenen umfangreichen Geschichtsbände erstellt – wahrheitsgetreu. Zudem gibt es seit 1987 die Bludenzer Geschichtsblätter, die von der Stadt gefördert werden. So sind schon 12.000 Seiten Regionalgeschichte entstanden – ohne verfälschte Fakten. Es wurde nie herausgefunden, ob und wann Bludenz zur Stadt erhoben wurde, denn eine Stadtgründung, ohne die Erhebung zur Stadt durch einen König, sei laut Tschaikner für Bludenz als Kleinstadt viel wahrscheinlicher.



Tschaikner zitierte eine Passage im Buch, in der es heißt: „Neuerdings wurde sogar eine weitere Einengung durch Historiker versucht, wonach die Stadtgründung innerhalb der Jahre 1259 und 1268, bzw. 1274 anzusetzen wäre.“ In diesem Satz wurde zweimal das Konjunktiv 2 angewendet. „Das ist eine fiktive Behauptung. Es besteht kein Anlass zur Plausibilität.“ Er verurteilt die Tatsache, dass fiktive Fakten geschaffen wurden, sich eine Jahreszahl ausgedacht wurde, nur um zu feiern. „Es kann nicht jeder nach seinen Machtmöglichkeiten und Interessen behaupten, was ist und was nicht ist.“ Daher wird es keine Jubiläumsfeier unter dem Titel „750 Jahre Stadt Bludenz“ geben. Die Stadt habe sich gegen einen unreflektierten Umgang mit der Vergangenheit entschieden. „Da bin ich stolz drauf als Historiker.“



Auch Landeshauptmann Markus Wallner richtete ein paar Grußworte an die Gäste. Als gebürtiger Bludenzer hat er eine besondere Verbindung zur Alpenstadt. „Es geht einiges vorwärts in Bludenz. Die Stadt hat viel Potenzial“, so Wallner. So wird die Volksschule Mitte erweitert und das Feuerwehrhaus Bings-Stallehr neugebaut. Vor allem will sich die Stadt aber als Sportstadt etablieren. „Das Zusammenspiel zwischen Stadt und Land ist ganz entscheidend. Das Land ist hierbei ein verlässlicher Partner“, versicherte Wallner. Zum Schluss konnte er sich, in Anbetracht der beiden Fahnen links und rechts von der Bühne, einen kleinen Schmäh nicht verkneifen: „Ich mache einen Vorschlag: Wir veranstalten ein Bügelevent, denn die Bludenzer Fahne ist fein herausgeputzt und die Vorarlberger Landesfahne dagegen knittrig.“


