Krankentransporte hängen weiterhin finanziell in der Luft

VN / 28.01.2024 • 16:50 Uhr
Rotkreuz-Mitarbeiter transportieren die Patienten bis vor die Behandlungstüre. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Rotkreuz-Mitarbeiter transportieren die Patienten bis vor die Behandlungstüre. VN/Paulitsch

Rotes Kreuz beharrt auf Tarifsystem. ÖGK bezahlte in Vorarlbeg bislang Pauschalsumme.

Schwarzach Die Vertragskündigung ist zumindest vorerst vom Tisch, aber: „Sie könnte wieder aktuell werden“, sagt Rotkreuz-Geschäftsführerin Janine Gozzi. Die Verhandlungen mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) um eine entsprechende Abgeltung der Krankentransporte sieht sie nämlich noch lange nicht erledigt. Im vergangenen Jahr konnte nach langwierigen Gesprächen zwar eine Einigung erzielt werden, für heuer ist jedoch alles noch offen. In Vorarlberg bezahlte die ÖGK bislang eine jährliche Pauschalsumme von rund drei Millionen Euro. Die enormen Frequenzsteigerungen bei Krankentransporten rissen allerdings ein immer größeres finanzielles Loch auf, das mit Spendengeldern gestopft wurde. Nun beharrt das Rote Kreuz auf einem kostendeckenden Tarifsystem, wie es in den anderen Bundesländern besteht.

Janine Gozzi will in ihrem Bemühen um ein neues Tarifsystem nicht lockerlassen.  <span class="copyright">RKV</span>
Janine Gozzi will in ihrem Bemühen um ein neues Tarifsystem nicht lockerlassen.  RKV

Verhandlungssache

ÖGK-Landesstellenvorsitzender Christoph Jenny räumte auf VN-Nachfrage das Bestreben ein, mittelfristig auch in Vorarlberg zu einem Tarifsystem zu kommen. Das habe sich innerhalb eines Jahres aber nicht umsetzen lassen. Bei den Verhandlungen für 2024 soll dafür ein Zeitrahmen definiert werden. „Wir sind jedenfalls froh, dass es zu keiner Vertragskündigung durch das Rote Kreuz gekommen ist“, ergänzte Jenny. Eine solche stand wochenlang im Raum, nachdem bei den Gesprächen nichts vorwärtsging. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Krankentransporte weiter. Zum Vergleich: 2017 waren es noch 118.000, im vergangenen Jahr schon über 160.000 Einsätze. Eine Fahrt ablehnen, selbst wenn sie unnötige wäre, geht nicht. Liegt ein ärztlicher Transportschein vor, muss der Patient transportiert werden.

Christoph Jenny verhandelt für die ÖGK mit dem Roten Kreuz. <span class="copyright">VN/Steurer</span><p class="caption"></p>
Christoph Jenny verhandelt für die ÖGK mit dem Roten Kreuz. VN/Steurer

Patientenlenkung

Letztlich kam es unter Mitwirkung des Landes doch zu einem positiven Abschluss. Das Rote Kreuz erhielt rund 3,5 Millionen Euro für die Krankentransporte. Außerdem wurde zwischen ÖGK und dem Roten Kreuz für 2023 die Einrichtung eines Innovationstopfs mit einem Volumen von 500.000 Euro zur Umsetzung innovativer Projekte sowie die Finanzierung von zusätzlichen Projekten in einer Höhe von 250.000 Euro mit Beteiligung durch das Land vereinbart. „Bei diesen Projekten geht es vor allem darum, einen Rückgang in den Frequenzen bei den Krankentransporten zu erreichen“, erklärt Christoph Jenny. Konkret sind drei Projekte umgesetzt worden. Entsprechende Abrechnungen liegen laut dem ÖGK-Landesstellenvorsitzenden vor. Demnächst erfolgt die Prüfung durch die ÖGK. Dann werde es zur Auszahlung kommen. Die Projekte, die sich für eine Finanzierung über die Landeszielsteuerung anbieten, befinden sich in der finalen Abstimmung. ÖGK und Rotes Kreuz hoffen, damit die Patientenlenkung positiv beeinflussen zu können.

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Einige Herausforderungen

Janine Gozzi hält allerdings fest, dass die aktuell von der ÖGK zu erwartenden rund 3,5 Millionen Euro zu wenig sind. „Unter fünf Millionen Euro können wir bei den Krankentransporten nicht kostendeckend fahren“, betont die RK-Geschäftsführerin. Die Verhandlungen müssten auf jeden Fall weitergehen. Das soll geschehen, sobald das Jahr 2023 abgerechnet ist. Der Anstieg bei den Transporten ist indes nicht das einzige Thema, das ÖGK und Rotes Kreuz beschäftigt. Der Schuh drückt auch bei der durch einen Rückgang bei den Zivildienern gebotenen Notwendigkeit, mehr hauptamtliche Mitarbeiter einzustellen. „Da wird in den kommenden Jahren noch die eine oder andere Hausforderung zu bewältigen sein“, schätzt Christoph Jenny. Es bleibe zu hoffen, dass wenigstens die gesetzten Maßnahmen alsbald greifen. „Das Rote Kreuz ist im Bereich der Krankentransporte für uns ein wichtiger und verlässlicher Partner.“

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Umgesetzte Projekte

Reduktion der Rettungs- und Krankentransporte über die Notrufnummer 144 durch Einsatz der Gesundheitsberatung 1450: Ziel ist es, jene Transporte (Krankentransport oder Rettungseinsatz) zu reduzieren, die nur aufgrund der Wahl der Notrufnummer 144 disponiert werden. Patienten sollen nach erfolgtem Notfallcheck im Einsatzleitsystem (144), sofern diese vorab definierten Indikationsschemen entsprechen, mit Personal der Gesundheitsberatung 1450 verbunden werden.  

Fahrtenreduktion Notarzteinsatzmittel (NEF): In den Jahren 2021 und 2022 kam es zu beträchtlichen Steigerungen bei den Notarzteinsätzen. Gemeinsam mit den stützpunktleitenden Notärzten soll auf Basis einer Empfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin ein Indikationskatalog für die Alarmierung von Notarzteinsatzmitteln erarbeitet und umgesetzt werden. Im Vordergrund steht ein effizienter und effektiver Einsatz des Notarzteinsatzmittels (NEF).

Projekt Fahrdienst: Bei Krankentransporten ist eine Fahrt mit zwei Sanitätern oft nicht notwendig. Um die Krankentransporte und die damit verbundene Belastung für das Personal und die Ressourcen des Roten Kreuzes zu minimieren bzw. effizienter zu gestalten, soll – wie in anderen Bundesländern bereits im Einsatz – ein Fahrdienst etabliert werden. Ziel ist es, Personal und Fahrzeuge mit „gehfähigen und/oder sitzenden Patienten“ effizienter einzusetzen.