Staatsanwältin: „Gemeinde Fußach war für beide eine Selbstbedienungskasse“

Prozessauftakt in der „Causa Fußach“: Beide Angeklagte (Ex-Bürgermeister) und pensionierter Finanzleiter nicht geständig.
Feldkirch Selbstgeschriebene und -kassierte Überstunden durch den damaligen Finanzleiter, Mängel in der Buchführung, unzulässige Gewährung von finanziellen Zulagen und anderes mehr: Am Landesgericht Feldkirch startete am Dienstag der Prozessmarathon gegen den Ex-Bürgermeister von Fußach, Ernst Blum, und den pensionierten Leiter der Finanzabteilung.

Amtsmissbrauch und Untreue
Die von Staatsanwältin Julia Müller erhobenen Anklagen lauten auf Verbrechen des Amtsmissbrauchs und der Untreue, von den Beschuldigten angeblich begangen in der Zeit zwischen 2013 und 2020.
Hauptbeschuldigter und Erstangeklagter in der Causa ist der Ex-Finanzleiter, der dem Vernehmen nach offenbar der größte Nutznießer rechtswidrig erlangter Auszahlungen war. In dem etwa fortlaufend sein Grundgehalt erhöht worden sei und er sich selbst zigtausende Überstunden verrechnete, die er nicht geleistet habe. Dies alles in wohlwollender Kenntnis des Bürgermeisters Blum und durch dessen Bewilligung. Allein dadurch sei der Gemeinde ein Schaden von mehr als 200.000 Euro entstanden.

“Höchst kriminell”
Staatsanwältin Müller nahm sich bei ihrem Anklagevortrag kein Blatt vor den Mund: „Es waren höchst kriminelle Machenschaften, die vor drei Jahren vom Landesrechnungshof aufgedeckt worden sind. Die Gemeinde Fußach war für beide der heute Angeklagten eine Selbstbedienungskasse.“
“Akute Personalnot”
Die Beschuldigten selbst wurden am ersten Prozesstag nicht einvernommen. Für sie sprachen zunächst ihre Anwälte. Für Ernst Blum Rechtsanwältin Astrid Nagel, für den Erstangeklagten Anwältin Christina Lindner. Letztere pochte auf die Unschuld ihres Mandanten. „Damals herrschte in der Gemeinde Fußach akute Personalnot. Der Finanzleiter hatte deshalb zahlreiche Personalagenden und andere Aufgaben übernommen, für die er gar nicht zuständig war. Deshalb zwangen sich für ihn die vielen Überstunden auf, die er auch tatsächlich geleistet hat.“ Vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs könne keine Rede sein.

“Nichts davon gewusst”
Ex-Bürgermeister Blum wird vorgeworfen, sich damals unzulässigerweise eine nachträgliche Funktionsentschädigung in der Höhe von 4000 Euro ausbezahlen lassen zu haben. Seine Verteidigerin Nagel betonte, dass ihm diese Zulage zugestanden sei.
Die angeblich rechtswidrige Bereicherung durch den Finanzleiter (Zulagen, Überstunden usw.) seien dem damaligen Bürgermeister Blum gar nicht bekannt gewesen. „Mein Mandant wusste nichts davon. Er hatte sich auf den Finanzleiter, der für ihn als ein absoluter Experte im Rechnungswesen galt, komplett verlassen und ihm vertraut. Alles, was man Blum vorwerfen kann, ist mangelnde Kontrolle durch Fahrlässigkeit. Schlussendlich aber war es nicht der Landesrechnungshof, der die Missstände aufgedeckt hatte, sondern mein Mandant, der noch vor dem Rechnungshof eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt hat.“ Der für mehrere Tage anberaumte Prozess wird am Mittwoch mit der Einvernahme der beiden Angeklagten fortgesetzt.
