Streitthema Regionen in Vorarlberg: Wo Ihre Gemeinde liegt

VN / 30.05.2024 • 09:00 Uhr
Viele Regionszugehörigkeiten sind historisch gewachsen, aber geografisch begründet. VOBS, VN/Paulitsch

Wo beginnt und endet das Oberland? Ist die Landeshauptstadt eine Rheintal- oder eine Pfänderstockgemeinde? Fragen, die in Vorarlberg Familien entzweien können. Der Versuch einer Einordnung.

Schwarzach In welcher Region eine Gemeinde Vorarlbergs liegt, ist oft genug eine Auslegungssache. Und oft genug ist mehr als eine Antwort richtig. Orientiert man sich etwa an der Talschaft, ist Bregenz eine Rheintalgemeinde. Orientiert man sich am Berg, ist dieselbe Stadt eine Pfänderstockgemeinde. Schwieriger wird es dann, wenn historische oder wirtschaftliche Naheverhältnisse ebenfalls ein Wort mitzureden haben. Und auch die Grenzen haben sich oft verschoben; so war Ebnit mal eigenständig, mal unter Emser Herrschaft und nun ein Teil von Dornbirn und geografisch eigentlich im Bregenzerwald. Die Übersicht bezieht sich daher primär auf die namensgebenden Orte der heutigen Gemeinden.

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Ober- und Unterland

Dass das Unterland bis zum Kummenberg reicht, ist zumindest im Rheintal allgemein bekannt. Hier lebt gut die Hälfte der Vorarlberger Wohnbevölkerung. Ein Blick auf die Karte zeigt aber, dass dann Altach ebenfalls im Unterland wäre. Da es aber historisch wie wirtschaftlich den südlichen Nachbarn enger verbunden ist, ist sich Vorarlberg einig: Als Kummenberggemeinde gehört Altach zum Oberland.

Die Ostgrenze ist hier noch verschwommener: So liegen Buch und Langen bei Bregenz als ehemalige Hofsteig- und Pfänderstockgemeinde nicht im Bregenzerwald, sind jedoch über mehrere Kooperationen zumindest kulturell mit diesem enger verbunden.

Noch schwieriger ist die Frage offenbar, wo das Oberland endet. Grundsätzlich wird in Vorarlberg gern alles zwischen Kummenberg und Piz Buin als Oberland bezeichnet. Im engeren Sinne jedoch bezieht sich Ober- und Unterland immer nur auf eine Talschaft – in diesem Fall das Tal des Alpenrheins. Somit bezieht sich das Oberland im engeren Sinne nur auf die Region am Kumma und das Vorderland.

Auf der eidgenössischen Seite bezeichnet man mit Rheintal meist nur auf das St. Galler Rheintal und dem Wahlkreis Rheintal. Das Tal des Alpenrheins reicht geografisch jedoch an Chur vorbei bis weit nach Graubünden hinein.

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Die Erwerbungen der Habsburger im heutigen Vorarlberg. Von Marco Zanoli, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=108325098

Das Vorderland und der Kummenberg

Das Vorderland ist eine der schwieriger zu greifenden Regionen Vorarlbergs. Grundsätzlich bezieht sich der Name auf die Region des Rheintals vor dem Walgau, das früher auch als Drusianatal bekannt war. Sie deckt sich mit den früheren Landgerichten Rankweil und Sulz, die unter einem Landamann vereint waren. Demnach könnte man auch die vier Kummenberggemeinden zum Vorderland zählen. Diese werden jedoch inzwischen vornehmlich als eigene Region wahrgenommen und sind auch kein Teil der Region Feldkirch-Vorderland. Die Montfortstadt trat 2010 dieser Regionalentwicklungsgemeinschaft bei. Historisch und geografisch lässt sich Feldkirch sowohl dem Vorderland oder auch dem Walgau, verstanden als Tal der Ill, zuordnen.

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Vorarlberg im Jahre 1783. Die Karte zeigt jene damaligen Herrschaften im Raum Vorarlberg. Viele davon waren als Vorderösterreich bereits im Eigentum der Habsburger, die vom Oberamt in Bregenz aus verwaltet wurden. VOBS

Das Walgau

Der Namen Walgau erinnert an die frühe rätoromanische Besiedlung, bedeutet er doch Gau der Welsche. Welsch ist ein germanischer Begriff, der sich sowohl auf Kelten wie auf Italiener beziehen kann und grundsätzlich jene Sprachfamilien bezeichnet, die unter römischer Herrschaft waren. Auch die Walser und das britische Wales kamen so zu ihren Namen. Es ist nach dem Rheintal das zweitbevölkerungsreichste Tal Vorarlbergs. Im Süden wird die Grenze auch hier etwas schwammig: Das Brandnertal zählt historisch und heute zumindest raumplanerisch zum Walgau. Lorüns und Stallehr werden immer wieder auch den Montafoner Ständen zugeordnet, geografisch liegen sie jedoch im Walgau. Der Jagdberg liegt wiederum zur Gänze im Walgau.

Das Montafon

Der Grund für die Zwiespältigkeit dürfe auch darin liegen, dass das Montafon zur Herrschaft Bludenz zählte, das Gros des Walgaus jedoch nicht. Lorüns und Stallehr waren daher das Verbindungsstück zwischen der Alpenstadt und “seinem” Tal. Sankt Gallenkirch und Gaschurn werden oft als Innermontafon bezeichnet.

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Die Habsburger Herrschaften in den Vorarlberger Gebieten Vorderösterreichs Anfang des 18. Jahrhunderts. Blumenegg (auch Blumeneck), Hohenems und Lustenau waren noch nicht “österreichisch”. VOBS

Klostertal und Tannberg

Das Klostertal beginnt bereits auf dem Bludenzer Stadtgebiet; Bings, Radin und Außerbraz liegen nicht mehr im Walgau. Und auch Lech ist nicht im Tal. Als eines der Walserdörfer so hoch am Bergmassiv, dass es nicht mehr zum darunterliegenden Tal gehört. Lech ist historisch ein Teil des Gerichts Tannberg, dem im Laufe der Geschichte viele Walserorte von Lech bis Mittelberg angehörten. Dementsprechend ist die Grenze zwischen Tannberg und dem Bregenzerwald zumindest diskutabel.

Drei Bregenzerwälder

Man kann den Bregenzerwald in einen vorderen und einen hinteren Teil trennen – oder man versteht Schwarzenberg, Egg und Andelsbuch als den Mittelwald. Falls nicht, gehören diese drei Gemeinden historisch bedingt ebenfalls zum hinteren Bregenzerwald. Alberschwende und Lingenau inklusive Hittisau waren bis ins 15. Jahrhundert hinein bei Hofsteig, danach unabhängig – so wie der Rest des Vorderwaldes aus unabhängigen Landgerichten bestand. Die Regio schlägt Alberschwende dennoch derzeit zum Mittelwald, Lingenau jedoch nicht. Historisch wäre das inzwischen bayrische Balderschwang ebenfalls eine Bregenzerwaldgemeinde. Und Warth, ebenso wie Lech eine frühere Tannberggemeinde, wird nicht von allen zum Bregenzerwald gezählt.

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1806 kam das heutige Vorarlberg an Bayern und wurde in sieben Landgerichte eingeteilt. Landgerichte waren damals im süddeutschen Raum die unterste Verwaltungseinheit, die die Aufgaben einer Behörde und eines Gerichtes in sich vereinten. VOBS

Die Walsertäler

Ab dem 13. Jahrhundert wurden erfahrene Bergbauern aus dem eidgenössischen Wallis nach Vorarlberg gelockt, um die kargen, engen und hoch gelegenen Seitentäler urbar zu machen. So entstanden nicht nur das große und kleine Walsertal, sondern auch Walserdörfer wie Ebnit, Damüls, Schröcken oder Lech. Durch die kulturellen und geografischen Gegebenheiten sind die Grenzziehungen hier kaum umstritten.

Das Leiblachtal

Da die Leiblach die Grenze zu Deutschland stellt, liegen nur die Pfänderstockgemeinden des Tales in Vorarlberg. Auf der deutschen Seite liegen Sigmarszell, Hergensweiler, Opfenbach, Hergatz und Heimenkirch. Diese gehörten bis 1805 noch zu Österreich und wären daher ein Teil Vorarlbergs. Doch der Frieden von Pressburg am Ende des Dritten Koalitionskrieg gegen Napoleon sprachen diese Bayern zu – wo sie wie auch das Bregenzerwälder Balderschwang nach dem Wiener Kongress verblieben.

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