Der etwas andere Bürgermeister: „Ich werde mir nicht das Hemd in die Hose stecken“

VN / 03.07.2024 • 13:10 Uhr
Tobias Kieber, Marianne Kieber
Tobias Kieber wird aller Voraussicht nach neuer Bürgermeister von Schruns. VN/JUN

Dass Tobias Kieber überhaupt ein Hemd trägt, wie auf dem Foto, ist selten. Er ist kein Anzugträger, sondern ein Freigeist, der sich nicht verbiegen lässt. Dass er gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, Bürgermeister von Schruns zu werden, hat ihn selbst überrascht: “Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich hätte mich selbst nicht gefragt.”

Schruns „Ehrlich gesagt: Ich hätte mich selbst nicht gefragt”, sagt Tobias Kieber, der am 26. Juli aller Voraussicht nach zum neuen Bürgermeister von Schruns gewählt wird. In der Fraktion „Schruns gestalten“ herrscht darüber Einstimmigkeit, ihn als Bürgermeister zu wählen, obwohl es ein paar Skeptiker aus den eigenen Reihen gibt. „Halb Schruns belächelt mich“, sagt er und nimmt es den Schrunsern auch nicht übel.

Er betont, dass er sich nicht als Bürgermeisterkandidat aufgedrängt hat, sondern dass Jürgen Kuster und Vizebürgermeister Norbert Haumer ihn gefragt haben. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet“, sagt Tobias Kieber. „Um es gastronomisch auszudrücken: Das hat mich schon vom Hocker gehauen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, das Bürgermeisteramt zu übernehmen.“ Direkt zugesagt hat er nicht, denn natürlich musste er zuerst mit seiner Frau Marianne darüber sprechen, schließlich hat er Familie mit zwei Kindern.

Marianne meinte zu ihm: „Die Chance musst du nutzen.“ Sie steht voll und ganz hinter ihrem Mann. Dass er abends öfter außer Haus ist, ist sie schon gewöhnt, denn als Nachtgastronom ist man sowieso abends am Arbeiten. Zusammen betreiben sie das Oneway und die Mobar in Schruns. Jetzt, wo Tobias Kieber Bürgermeister wird, übernimmt seine Frau komplett die Geschäfte. „Mir ist nur wichtig, dass er mittags daheim ist“, sagt Marianne Kieber.

Alles andere als typisch

Der 45-Jährige ist ein Freigeist, „nicht so der seriöse Typ“, kein High Society. Er ist unkonventionell und lässt sich nicht verbiegen. „Ich werde mir nicht das Hemd in die Hose stecken“, betont er. Löchrige Jeans statt glattgebügelter Anzug: Das ist sein Stil. „Du hast das Herz am rechten Fleck“, sagt Marianne zu ihrem Mann.

Er hat schon immer Kritik an der eigenen Fraktion ausgeübt, um etwas zu verbessern, obwohl er, wie er selbst sagt, „ein bekennender Schwarzer“ ist. „Die Schwarzen haben mich aber auf Bundesebene enttäuscht. Sie sind zu wenig offen.“ Tobias Kieber ist dagegen offen für neue Ideen, will etwas bewegen. „Ich will meinen eigenen Weg gehen.“ Er zitiert einen passenden Vers aus einem Lied von Pia Douwes: „Ich will nicht gehorsam, gezähmt und gezogen sein.“

Tobias Kieber, Marianne Kieber
Tobias Kieber mit seiner Frau Marianne, die voll und ganz hinter ihrem Mann steht. VN/JUN

Wichtig ist ihm, mit allen gut auszukommen. In den letzten fünf Jahren wurden die meisten Beschlüsse einstimmig gefasst. „Wir haben einiges geschafft in Schruns. Das ist auch unserer Fraktion zu verdanken.“ Dabei übernimmt er von seinem Vorgänger Jürgen Kuster mit dem Neubau der Volksschule ein kostspieliges Mammutprojekt. Denn der Schulneubau sorgt dafür, dass sich der Schuldenstand der Marktgemeinde verdoppelt. Die vergangene Gemeindevertretungssitzung war daher sehr emotional, weil die Opposition „Metnand för Schru“ der Vergabe der Planungsaufträge nicht zustimmte. „Es ist unsere gottverdammte Pflicht, die Volksschule zu bauen. Es geht da um unsere Kinder und deren Zukunft“, sagt Tobias Kieber, der vom Schulneubau überzeugt ist. „Ab jetzt müssen wir sparen.“

Acht “Probiermonate”

Acht Monate hat Tobias Kieber nun Zeit, den Bürgermeisterjob auszuprobieren und zu schauen, ob es ihm gefällt, denn auch er weiß gar nicht so recht, was ein Bürgermeister überhaupt den lieben langen Tag so macht. „Im Dezember muss ich es wissen, ob ich als Bürgermeister wieder kandidieren will, aber grundsätzlich kann ich es mir schon vorstellen“, sagt der Schrunser, der seit neun Jahren in der Gemeindevertretung sitzt und sich im Sozial-, Bau- und Tourismusausschuss engagiert. „Bis jetzt war es nur ein Hobby, doch nun wird es zum Beruf.“

Sein Steckenpferd ist die Jugend. „Man hört sie zu wenig, die Jugendlichen“, sagt er. Gerne würde er für sie etwas bewirken, doch ob es sich umsetzen lässt, wird sich zeigen. „Alles, was ich bis jetzt angegriffen habe, hat auch funktioniert“, ist Tobias Kieber optimistisch.

Zur Person

Tobias Kieber

Geboren: 2. Februar 1979
Wohnhaft: Schruns
Familie: verheiratet mit Marianne, zwei Kinder
Hobbys: Radfahren, Campen, Geschichtsdokus
Leitspruch: Konrad Adenauer: “Fallen ist weder gefährlich noch eine Schande. Liegenbleiben ist beides.”