Gastronomie auf der Bielerhöhe leidet: „Ich rechne mit einem Rückgang von mindestens 50 Prozent“

VN / 16.07.2024 • 16:36 Uhr
Emil Widmann, Hüttenwirt der Wiesbadener Hütte
Emil Widmann, Hüttenwirt der Wiesbadener Hütte, rechnet mit einem deutlichen Umsatzrückgang. Privat

Aufgrund der Sperre der Silvretta Hochalpenstraße kommen weniger Tagesgäste auf die Bielerhöhe. Das spüren vor allem die dort ansässigen Gastronomiebetriebe und Alpenvereinshütten.

Bielerhöhe Aufgrund von zwei Felsrutschungen ist die Silvretta Hochalpenstraße bis mindestens Herbst von Partenen aus für den Verkehr gesperrt. Für Peter Oberschmid, der den Berggasthof Piz Buin am Silvretta-Stausee führt, ist die Situation dramatisch. „Wir haben einen Rückgang von 80 bis 90 Prozent“, sagt er. Jetzt sei eigentlich Hochsaison, weshalb die Sperre der Hochalpenstraße betrieblich gesehen „einen großen Schaden“ anrichtet.

Gerade die Gastronomie am Silvretta-Stausee lebt vom Durchgangsverkehr und den Tagestouristen. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Die Gäste aus der Schweiz und dem Bodenseeraum fehlen komplett.“ Zwei Drittel der Gäste kommen von der Vorarlberger Seite. Schon jetzt wurden die Arbeitsstunden reduziert. „Wir arbeiten alle weniger. Wenn’s nicht besser wird, müssen wir Leute entlassen.“ Den illwerken vkw macht Peter Oberschmid aber keine Vorwürfe. „Die können nichts dafür. Keiner kann so etwas voraussehen.“

89-Berggasthof-Pizbuin.jpg
Der Berggasthof Piz Buin hat bis zu 90 Prozent Ausfall. Lucas Tiefenthaler – Vorarlberg Tourismus

Schwer abschätzbar

„Wir tun alles dafür, dass wir die Hochalpenstraße so schnell wie möglich wieder öffnen können“, sagt der stellvertretende Kommunikationsleiter der illwerke vkw, Christof Burtscher. Wann genau dies aber sein wird, könne er überhaupt noch nicht abschätzen. Im hochalpinen Gelände gibt es nie eine hundertprozentige Sicherheit – trotz umfangreicher Felssicherungsarbeiten. „Die Witterung ist wie sie ist, doch in dieser Größenordnung hatten wir bisher noch keinen Vorfall auf der Hochalpenstraße gehabt“, sagt Christof Burtscher. Jetzt gilt es, die Abbruchkante auf 1960 Meter Seehöhe zu sichern. Installierte Messeinrichtungen nehmen zudem jeden hundertstel Millimeter Bewegung wahr und dienen als Frühwarnsystem.

Einige User auf Facebook haben vorgeschlagen, dass die illwerke vkw die Vermuntbahn und das Tunneltaxi wie im Winter in Betrieb nehmen könnte. Doch Christof Burtscher erklärt, warum dies keine Option sei: „Die Vermuntbahn ist in Revision und komplett auseinandergebaut. Die Gondel befindet sich zurzeit in Oberösterreich.“

Silvretta Haus
Das Silvretta Haus profitiert sogar von der Sperre und verzeichnet mehr Buchungen.
Golm Silvretta Lünersee Tourismus GmbH – Patrick Säly

Das Silvretta Haus spürt keine Einbußen – im Gegenteil, es sind sogar Buchungen dazu gekommen. „Wahrscheinlich schätzen die Menschen die zusätzliche Ruhe“, überlegt Mirko Mijovic, Leiter des Silvretta Hauses. „Natürlich ist es alles andere als optimal, wenn wir nur von einer Seite aus angefahren werden können. Auf der anderen Seite befinden wir uns im hochalpinen Raum und profitieren vom Reiz der wilden Natur. Jetzt hat sie einmal gegen uns gearbeitet. Was man hier vergisst, ist, dass wir generell immer wetterabhängig sind. Wenn es drei Wochen durchgehend regnet, kommt auch kein Mensch – von keiner Seite.“

Von der Sperre unbeeindruckt zeigt sich auch Stefan Schöpf, Hüttenwirt der Saarbrücker Hütte. „Wir sind viel gewöhnt“, sagt er. Einen Einbruch an Nächtigungen hat er bislang noch keinen verzeichnet. Was er merken wird, doch da sei eine gesicherte Auskunft noch zu früh, seien die fehlenden Tagesgäste, die vom Montafon hochkommen.

Saarbrücker Hütte
Auf der Saarbrücker Hütte kann man sich nicht beklagen, denn die Nächtigungen sind nicht zurückgegangen. Andreas Haller – Montafon Tourismus GmbH

Stornierungen auf der Wiesbadener Hütte

Dagegen hat die Wiesbadener Hütte durchaus einige Stornierungen, wie Hüttenwirt Emil Widmann berichtet. „Manche Gäste sind bereit, den Umweg in Kauf zu nehmen. Ich denke jedoch, dass vor allem die Kurzaufenthalte aus dem Raum Vorarlberg, Schweiz und Baden-Württemberg betroffen sein werden.“ Zusätzlich haben es Hüttenwanderer schwerer, zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukommen.

Generell verbucht die Wiesbadener Hütte nur einen geringen Rückgang an Nächtigungen im Vergleich zum sehr guten Vorjahr, da sie Ausbildungsstützpunkt für Hochtouren ist. „Ich denke, wir werden mit einem Minus von 15 bis 30 Prozent davonkommen.“

Alpenmosaik Montafon, Hohes Rad Rundweg
Die Wiesbadener Hütte wird von Kursleitern gut gebucht, die hier ihre Hochtourenkurse anbieten. Christian Hirschmann – Montafon Tourismus

Betroffen ist vor allem das Tagesgeschäft. „Hier rechne ich mit einem Rückgang von mindestens 50 Prozent, wenn von Vorarlberger Seite keine Alternativlösung gefunden wird“, schätzt der Hüttenwirt. Er hätte auch schon eine Notlösung parat: einen Shuttledienst über die Ganifer-Straße zum Zeinisjoch und weiter zur Bielerhöhe. Es sei wichtig, dass sich das Rad weiterdreht, denn für das Montafon sei die Bielerhöhe ein wichtiges Ausflugsziel. „Für die Wiesbadener Hütte ist schon durch den Kraftwerksumbau das Tagesgeschäft weggebrochen, wenn jetzt auch noch das Sommergeschäft leidet, wird die Luft dünn“, sagt Emil Widmann.

Die Silvretta Hochalpenstraße bis zur Bielerhöhe und weiter zum Vermuntstausee ist von Galtür aus nach wie geöffnet.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.