Wie es eine “Rostlaube” zum Pickerl schaffte

VN / 20.08.2024 • 17:48 Uhr
Janine
Ein Unterländer Mechaniker wurde wegen falschem Pickerl verurteilt. VN/MAIER

Selbstständiger Kfz-Prüfer trieb Schindluder mit Plakette. Dafür verdonnerte ihn das Gericht zu einer empfindlichen Geldstrafe.

feldkirch Es war eine Routinekontrolle, wie sie täglich auf Vorarlbergs Straßen durchgeführt wird – bis plötzlich der Auspuff des kontrollierten Fahrzeugs scheppernd auf den Boden fiel. Für die Polizeibeamten war sofort klar: Hier stimmt etwas ganz und gar nicht. Was folgte, war eine Begutachtung in der fahrzeugtechnischen Prüfhalle Lauterach.

Dort stellte der Sachverständige Christian Wolf gravierende Mängel am Pkw fest. Einige davon stellten sogar eine “Gefahr im Verzug” dar. Besonders schwerwiegend war die Rostproblematik: Die Hinterachsaufhängung wies am Tag der Kontrolle Löcher mit einem Durchmesser von mehreren Zentimetern auf. Auch der Auspuff, von dem nur noch wenig übrig war und der linke Seitenschweller waren stark korrodiert.

Fahrradunfälle Unfall mit Todesfolge Fahrrad Radfahrer Hohenems Termin mit SV Christian Wolf bei der Unfallstelle.
Christian Wolf war als Sachverständiger für das Gericht im Einsatz. VN/PAULITSCH

Umso erstaunlicher war die Tatsache, dass das Fahrzeug nur drei Monate zuvor ein positives Prüfgutachten erhalten hatte. Laut diesem war das 20 Jahre alte Auto mit 180.000 Kilometern in einwandfreiem Zustand – ohne jegliche Mängel.

Mechaniker vor Gericht

Der Mechaniker, der das fragliche Gutachten ausgestellt hatte, musste sich deshalb nun am Landesgericht Feldkirch verantworten. Ihm wurde Missbrauch der Amtsgewalt vorgeworfen. Staatsanwalt Simon Mathis erklärte in seinem Eröffnungsplädoyer: “Der Angeklagte hat seine Befugnis zur Überprüfung von Kraftfahrzeugen wissentlich missbraucht.” Dem Selbständigen wurde vorgeworfen, das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß geprüft und dennoch ein positives Gutachten ausgestellt zu haben.

Verteidiger Florin Reiterer stellte den Fall aus einer anderen Perspektive dar: “Das Auto war zum Zeitpunkt der Begutachtung in einem einwandfreien Zustand.” Sein Mandant bekenne sich nicht schuldig. Auch der Angeklagte wies jegliche Schuld von sich: “Ich habe das Fahrzeug nach den vorgeschriebenen Prüfprotokollen begutachtet”, erklärte er gegenüber Richterin Verena Wackerle. Mängel seien ihm dabei nicht aufgefallen. “Im Gegenteil, das Auto machte den Eindruck, als wäre es gerade vollständig restauriert worden.”

Widersprüche und Zweifel

Das Kuriose: Eine andere Werkstatt hatte bereits drei Monate vor dem Gutachten des Angeklagten ein negatives Prüfgutachten für das Fahrzeug ausgestellt. Auf Nachfrage nach den Rostlöchern erklärte der Unterländer, dass teilweise Unterbodenschutz aufgetragen gewesen sei. “Ich habe eine Klangprobe gemacht, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen.” Er vermute, dass der Spengler die rostigen Stellen so manipuliert habe, dass sie für ihn nicht erkennbar waren. “Rostlöcher habe ich keine gesehen”, versicherte er. Gleichzeitig räumte der Angeklagte ein, dass ein positives Gutachten im Zustand, in dem das Fahrzeug bei der Polizeikontrolle im Frühjahr war, unmöglich gewesen wäre.

Extreme Rostlöcher

Sachverständiger Wolf hatte keine Zweifel daran, dass die Durchrostungen bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Klangprobe hätten festgestellt werden müssen: “Es ist auszuschließen, dass diese Art von Mängeln und eine solche Verrostung innerhalb von 105 Tagen entstehen konnten”, erklärte er. An einigen Stellen mit extremen Rostlöchern sei zudem kein Unterbodenschutz aufgetragen gewesen. “Ein Unterbodenschutz kann sich nicht in so kurzer Zeit in Luft auflösen. Optisch wären rostige Stellen vielleicht nicht erkennbar, wenn sie mit Unterbodenschutz überdeckt waren. Durch die Klangprobe hätte ein Fachmann das aber feststellen müssen.”

Staatsanwalt Simon Mathis
Für Staatsanwalt Simon Mathis war klar, das sich das Fahrzeug in einem desolaten Zusand befand.ECKERT

Auf die Frage des Sachverständigen, ob die Klangprobe möglicherweise nicht korrekt durchgeführt wurde, gab der Angeklagte zu: “Es könnte sein, dass ich zu leicht geklopft habe.” Auch sein Verteidiger räumte im Schlussplädoyer ein: “Es ist möglich, dass die Klangprobe meines Mandanten nicht sorgfältig genug war. Fehler können passieren, das ist menschlich.”

Das Gericht sprach den Unterländer schuldig und verhängte eine Geldstrafe von 10.400 Euro, wobei die Hälfte bedingt nachgesehen wurde. Seine Gewerbeberechtigung durfte er behalten.