Statt Liebespartner Kokain-Lieferanten gesucht

VN / 08.09.2024 • 15:09 Uhr
Gericht
Warten vor dem Verhandlungssaal auf den Prozess: Der Angeklagte und sein Verteidiger Jan Rudigier. Eckert

Eine Online-Bekanntschaft der besonderen Art: Rauschgifthandel über Singlebörse abgewickelt.

Feldkirch Die beiden Angeklagten beim Prozess am Landesgericht Feldkirch, ein Mann und eine Frau, sind bislang unbescholten. Er ist 36, sie 40 Jahre alt. Kennengelernt haben sich die zwei Geschiedenen über Tinder, einer Online-Plattform für Partnersuche. Um körperliche Beziehung ging es ihnen allerdings nie, vielmehr suchte die Frau jemanden, der ihr Kokain besorgen könnte. Dabei kam sie via Internet auf den Schweizer, der als gefragter Techniker in der benachbarten Schweiz einst 4600 Franken netto verdiente. Laut seines Verteidigers Rechtsanwalt Jan Rudigier kämpfte der Mann mit Depressionen und griff deshalb zu Kokain. Doch nach dem drogenbedingten Höhenflug stürzte er noch mehr in ein Tief, ein Teufelskreis begann. Er konnte nicht mehr arbeiten.

Prostituiertenchauffeur

Fortan verdiente der Schweizer sein Geld, indem er Fahrdienste für einen Hostessenservice übernahm. Als er die 40-Jährige über Tinder kennenlernte, brachte er beim ersten Treffen gleich zwei Portionen Kokain mit. Mit dem Verkauf des Kokains finanzierte er die eigene Sucht. Mittlerweile hat der Angeklagte 48.000 Franken Schulden.

Er selbst behauptet vor Gericht, dass er weit weniger als ein halbes Kilo der Droge ins Land gebracht hätte, doch die Zweitbeschuldigte belastet ihn. „Ich habe mindestens 50.000 Euro bezahlt, die Menge muss zwischen 500 und 1000 Gramm gewesen sein“, gab sie dereinst vor der Polizei an. Das Geld hatte sie, weil sie ein Grundstück verkauft hatte. Auch die Frau ist bislang noch nie mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten. Zudem zeigt sie sich vollumfänglich geständig. Bei der Strafbemessung ein großer Bonus.

Unbedingte Haftstrafen

Staatsanwalt Hubert Ganner stellt klar, dass die Anklagebehörde zugunsten des Angeklagten von 500 Gramm und einem Reinheitsgrad von 66 Prozent ausgegangen war. Die Angaben der Frau sind auch deshalb glaubwürdig, so Ganner, weil sie sich ja damit selbst belastet. Schlussendlich werden beide unter anderem wegen Suchtgifthandels verurteilt.

Sie, weil sie den Stoff bestellte. Er, weil er ihn lieferte. Der Schweizer, der sich nicht besonders geständig zeigt, wird zu 24 Monaten Haftstrafe verurteilt. Verteidiger Rudigier erklärt, dass sein Mandant das Urteil akzeptiert. Die Zweitangeklagte bekommt 16 Monate Haftstrafe, Verteidigerin Anna Katharina Wirth nimmt Bedenkzeit. Seitens der Anklagebehörde gibt es keine Erklärung. Die Möglichkeit „Therapie statt Strafe“ steht für die beiden Kokainabhängigen prinzipiell offen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.