Als er noch Teenager war: Mann soll zwei Minderjährige regelmäßig vergewaltigt haben

Prozess in Feldkirch: Ein heute verheirateter Vorarlberger ist wegen mehrfacher Vergewaltigung angeklagt. Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs führt die Staatsanwaltschaft auch gegen den damaligen Pflegevater des Beschuldigten: Einen damals leitenden, mittlerweile pensionierten Polizeibeamten.
Feldkirch Am kommenden Donnerstag findet am Landesgericht Feldkirch ein aufsehenerregender Sexualprozess statt. Angeklagt ist zunächst ein heute 35-jähriger Mann und einstiger Pflegesohn eines mittlerweile pensionierten Polizeibeamten. Der Beschuldigte war dereinst als einjähriger Bub von Pflegeltern aufgenommen worden. Gemeinsam mit mehreren „Geschwistern“ wuchs der Kleine im Raum Bregenz auf.
Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll der Pflegesohn bereits mit 14 Jahren begonnen haben, zwei Kinder aus der Verwandtschaft sexuell zu missbrauchen. Unter ihnen ein sechsjähriger Bub. Der Vorfall spielte sich in der Wohnung des Großvaters des Kindes ab.
Beischlaf mit Sechsjähriger
Auch ein damals sechsjähriges Mädchen wurde laut Staatsanwaltschaft regelmäßig, das heißt etwa alle zwei Wochen, Opfer des heute verheirateten Arbeiters. Beide Kinder, sowohl der Junge als auch das Mädchen, sind die Kinder des „Bruders“ des Beschuldigten – wobei dieser Ausdruck insofern nicht stimmt, weil der Angeklagte nie adoptiert wurde, sondern bis ins Erwachsenenalter „nur“ ein Pflegekind blieb.
Die Vorfälle liegen bereits über zwanzig Jahre zurück, dennoch kommt es erst heute zur Anklage. Den Grund dafür erklärt Opferanwältin Olivia Lerch: „Die beiden Opfer hatten damals nicht den Mut, vor allem solange der ‚Opa‘ noch im Polizeidienst war. Doch jetzt haben sie sich getraut und sich an uns gewandt“.
Der Angeklagte, damals selbst noch ein Teenager, nutzte die Gelegenheit beim Fernsehen aus. Er nahm die Sechsjährige mit unter seine Decke, zog sich und die Kleine aus, legte sich dicht an sie und nötigte sie zum Geschlechtsverkehr. Da sich alles unter der Decke abspielte, merkten die anderen Kinder, die am Boden saßen, nichts. Auch bei Urlaubsreisen in Italien vergriff sich der Heranwachsende, damals knapp 18 Jahre alt, im Wohnwagen an dem Mädchen, das damals acht Jahre alt war. Zwei Jahre lang ging das so.
“Nur Doktor-Spiele”
Schließlich vertraute sich das Kind der Oma – also der Pflegemutter des Täters – an und erzählte es ihr. Doch diese bezeichnete die Kleine als eine Lügnerin und tat alles als „Doktor-Spiele“ ab. So jedenfalls schildert heute die Anklagebehörde die Vorgänge. Fest steht, dass die heute Erwachsene laut dem psychiatrischen Sachverständigem Reinhard Haller eine posttraumatische Belastungsstörung davontrug. Der Fall ist juristisch kompliziert, da aufgrund einer Gesetzesänderung eine „alte“ und „neue“ Rechtslage aufeinandertreffen.
Ermittlungen gegen den “Opa”
Was das Ganze nun noch brisanter macht: Laut Staatsanwaltschaft steht auch der Großvater des Mädchens, ein mittlerweile pensionierter, ehemaliger Vorarlberger Polizeibeamter höheren Ranges im Verdacht, ein Kind aus derselben Familie sexuell missbraucht zu haben. Es handelte sich dabei also um die Schwester der Sechsjährigen. Diesbezüglich ist ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch anhängig, Anklage gibt es noch keine. Doch Missbrauch ist nicht der einzige Tatbestand, wegen dem Ermittlungen gegen den einstigen Beamten geführt werden. Dieser soll den Missbrauch seines Pflegesohns laut Anklage ebenfalls „totgeschwiegen“ haben.

Doch heute wollen die Opfer zumindest ein wenig Gerechtigkeit, dafür kämpft ihre Anwältin Olivia Lerch. Der Angeklagte bekennt sich nicht schuldig, kann sich die Vorwürfe nicht erklären und ortet „finanzielle Motive“. Das Verfahren ist für den ganzen Tag anberaumt.