Komplizin der selbst ernannten “Hexe” vor Gericht

VN / 05.11.2024 • 16:53 Uhr
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Die 70-jährige Angeklagte vor dem Schöffensenat am Landesgericht Feldkirch. vn/maier

Nun wurde auch die Beitragstäterin jener betrügerischen Wunderheilerin, die Leichtgläubige um eine halbe Million Euro abzockte, verurteilt.

Feldkirch Am Landesgericht Feldkirch wurde die juristische Aufarbeitung des Falls der selbst ernannten „Hexe“ aus dem Unterland fortgesetzt. Nachdem die Hauptakteurin dieses skandalösen Betrugsfalls im September zu vier Jahren Haftstrafe verurteilt worden war (die VN berichteten), stand nun ihre 70-jährige Komplizin vor Gericht.

Diese hatte ihr Bankkonto zur Verfügung gestellt und der Wunderheilerin so ermöglicht, betrügerische Geldtransaktionen durchzuführen. Konkret überwies eines der Opfer der „Hexe“ die Kosten für angebliche Rituale auf das Konto der 70-Jährigen. Diese hob das Geld bar ab und übergab es ihrer Bekannten. Der Grund: Die Haupttäterin, die Sozialhilfe bezog, musste ihre Kontoauszüge regelmäßig bei der Bezirkshauptmannschaft vorlegen, wo die dubiosen Zahlungseingänge aufgefallen wären.

Zwölf Überweisungen

Staatsanwältin Karin Dragosits trug die Anklage vor und betonte, dass die Angeklagte mit der Bereitstellung ihres Kontos maßgeblich zum schweren Betrug beigetragen habe: „In zwölf Überweisungen gingen 137.300 Euro auf das Konto der Angeklagten – Summen, die offensichtlich nicht auf eine seriöse Tätigkeit hindeuteten.“ Diesen Betrag erhielt die Mittäterin innerhalb einer kurzen Zeitspanne von nur fünf Monaten stets vom selben Opfer. Rechtsanwalt Oliver Diez stellte die Handlungen seiner Mandantin als die eines manipulierten Opfers dar. Psychische Probleme durch den Tod ihres Ehemanns und die Beeinflussung durch die „Wunderheilerin“ hätten seine Mandantin dazu gebracht, ihr Konto zur Verfügung zu stellen. „Sie wurde von der ‚Wunderheilerin‘ ausgenutzt. Sie wusste, dass diese ein Gewerbe als Wahrsagerin hatte und ging davon aus, dass sie das Geld rechtmäßig für ihre Arbeit erhielt.

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Die 57-jährige Haupttäterin wurde bereits im September zu vier Jahren Haftstrafe verurteilt, unter anderem wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs. vn/sohm

Rolle heruntergespielt

Die Angeklagte selbst versuchte, ihre Rolle herunterzuspielen: „Ich habe nicht gewusst, wofür sie das Geld bekam. Sie sagte immer, sie sei eine Hexe.“ Die 70-Jährige gab vor Richter Philipp Plattner zu, dass sie die hohen Summen für seltsam gehalten habe. Ebenso habe sie nie wirklich an die magischen Fähigkeiten ihrer Bekannten geglaubt. „Hexerei, damit kann ich nichts anfangen. Ich weiß nicht, was das sein soll.“ Sie schilderte sogar, wie sie einer Freundin ihrer Tochter von Zahlungen für angebliche Heilrituale abgeraten habe. Die „Hexe“ habe dieser gesagt, ihr Sohn würde schwer an Krebs erkranken, wenn sie keine Rituale durchführen lasse und den „Kreis“ schließe. „Wie kann man denn an so etwas glauben?“, meinte die 70-Jährige vor Gericht.

“Ich wurde ausgenutzt”

Auf die Frage des Richters, wie sie einerseits skeptisch sein und andererseits das Konto zur Verfügung stellen konnte, antwortete die Beschuldigte: „Ich bin kein schlechter Mensch. Ich wurde von ihr ausgenutzt und manipuliert.“ Auch die Falschaussage gegenüber der Bezirkshauptmannschaft begründete sie mit der Manipulation durch die „Hexe“. Sie habe zugunsten dieser ausgesagt, um zu verhindern, dass ihre Bekannte der Behörde Geld zurückzahlen musste.

In ihrem Schlussplädoyer hielt Staatsanwältin Dragosits dagegen, dass die Angeklagte durchaus von den Vorteilen des fragwürdigen Wirkens der Haupttäterin profitiert habe. „Die Angeklagte hat die finanziellen Vorteile genossen. Sie hat regelmäßig Geschenke und andere Annehmlichkeiten erhalten und die Betrügereien bewusst in Kauf genommen, die Augen verschlossen.“ Für sie stand fest, dass der Angeklagten die perfiden Methoden der „Hexe“ bewusst gewesen sein mussten.

Haftstrafe auf Bewährung

Nach einer kurzen Beratung verkündete das Gericht das Urteil: Die 70-Jährige wurde schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 1800 Euro und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich wurde ein Verfallsbetrag von 5000 Euro festgelegt. In seiner Urteilsbegründung erklärte Richter Plattner: „Sie wussten, was vor sich ging, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollten. Sie haben Ihr Konto zur Verfügung gestellt und bewusst weggeschaut. Dadurch haben Sie die eine oder andere Annehmlichkeit genossen.“

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