Wie Ali Mahlodij von heute auf morgen zum gefeierten Brückenbauer wurde

VN / 20.11.2024 • 17:30 Uhr
WK-Bildungsforum Bregenz Werkstattbühne. Vortrag Ali Mahlodji
Der gebürtige Iraner Ali Mahlodij hat was zu sagen und zog beim Bildungsforum der Wirtschaftskammer Vorarlberg die Zuhörer in seinen Bann. VN/Stiplovsek

Der gebürtige Iraner Ali Mahlodij reist als Mutmacher durch die Lande. Auch beim WK-Bildungsforum war er das.

Bregenz Er bezeichnet sich als “Brückenbauer” zwischen Generationen, will Menschen dazu bringen, ihre Potenziale zu erkennen und zu nutzen. In einer Welt, die keine Sicherheiten mehr bietet, die Sicherheit in sich selbst zu finden. Im Vorfeld seines Auftritts beim Bildungsforum der Vorarlberger Wirtschaftskammer sprach Ali Mahlodij über das und einiges mehr.

Wenn Sie Ihren Beruf mit einem Wort benennen müssen. Was sagen Sie da?

Mahlodij: Brückenbauer. Ich bin ein Brückenbauer zwischen den Generationen, der den Jugendlichen die Angst vor der Zukunft nimmt. Offiziell würde man sagen Unternehmer, mit dem Hauptziel, Menschen auf die Zukunft vorzubereiten.

Sie haben es heute mit Lehrern zu tun. Was ist Ihre Kernbotschaft an diese?

Mahlodij: Meine Kernbotschaft ist: Sie an ihre Verantwortung zu erinnern. An Ihre Verantwortung, die Potenziale der Menschen zu erkennen. Dass es nicht mehr darum geht, den Kindern beizubringen, was sie morgen brauchen. Du kannst junge Menschen nur fit machen dafür, mit jedem Hintergrund umgehen zu können.

Sie kommen aus dem naturwissenschaftlich/technischen Bereich. Wie haben Sie da zur Beschäftigung mit Sinnfragen gefunden?

Mahlodij: Ich habe im Bereich Technik als HTL-Absolvent mehrere Sachen gemacht, und war da karrieremäßig auch sehr erfolgreich. Ich habe dann aber später gemerkt, dass mir keiner beigebracht hat, worauf es im Leben ankommt. Schon mit 14 habe ich meiner Mutter Fragen gestellt. Warum sind wir Menschen hier? Wozu gehe ich in die Schule? Warum das Ganze? Als mein Vater verstarb, geriet ich in eine ziemliche Sinnkrise, hatte ein Burnout, nahm eine längere Auszeit. Dann verstand ich: Ich möchte Lehrer werden. Ich habe danach eine Plattform für junge Menschen gegründet zum Thema Berufsorientierung. Ich hatte bei meiner Entwicklung Glück. Durch einen guten Lehrer und durch meine Familie, der Bildung wichtig war.

Ali Mahlodij Interview
Ali Mahlodij (l) im VN-Interview kurz vor seinem Auftritt beim Bildungsforum. Die Jugend sieht er mit vielen Potenzialen versehen. Wirtschaftskammer

Was war Ihr Durchbruch zum gefeierten Lebensbotschafter?

Mahlodij: Der geschah im Juni 2011. Da habe ich meine Website “What to do” online gestellt – eine Plattform für Berufsorientierung für Kinder. Darüber und über mich und meinen Werdegang hat der ORF einen zweieinhalb Minuten langen Bericht in der Zeit im Bild gebracht. Und das hat mein Leben für immer verändert. In den nächsten Tagen ist es abgegangen wie verrückt. Unternehmen und Medien kamen auf mich zu. Ich wurde vom Lehrer zum Unternehmer. Und später auch zu einem Speaker. Es hatte sich alles verändert.

Sie sprechen immer wieder von Zeiten großen Umbruchs. Was ist der große Umbruch in diesen Zeiten?

Mahlodij: Unsere Gesellschaft kannte in der Vergangenheit zwei große Sicherheitsmechanismen. Das war zum einen der lebenslange Arbeitgeber, zum anderen die sichere Pension. Mit denen wuchs man auf, konnte sich auf sie verlassen. Aber spätestens seit der Finanzkrise sind diese Sicherheiten weggebrochen. Und die Politik kann nicht mehr alles halten, was sie verspricht. Das heißt: Wir müssen die Sicherheit in uns finden, in unserer Weiterbildung. Es kommt niemand, der uns rettet.

WK-Bildungsforum Bregenz Werkstattbühne. Vortrag Ali Mahlodji
Mahlodijs Botschaften rufen zu Optimismus auf. In einer Welt, in der laut dem Unternehmer die Sicherheit nur aus sich selbst kommen kann.

Wie können wir die Gesellschaft positiv verändern?

Mahlodij: In dem wir bei Problemen versuchen, Teil der Lösung zu sein. Nicht einfach zu glauben, jemand anderer kümmert sich darum. Das zweite ist: Auf unsere Worte zu achten. Nicht immer alles schlechtreden. Das ist das größte Problem, das wir derzeit als Gesellschaft haben. Obwohl es auch so viele gute Sachen gibt. Es gibt keine Ausgewogenheit mehr, es gibt nur mehr entweder oder.

Wie erleben Sie die Jugend von heute. Auch wie Ihr Kollege Bernhard Heinzlmaier, der junge Menschen als hauptsächlich materiell und konsumorientiert wahrnimmt?

Mahlodij: Es gibt viele komplett desillusionierte Jugendliche. Das stimmt. Die haben keine Träume mehr, sind am Boden zerstört. Gleichzeitig gibt es unfassbar viele Jugendliche, die die Ärmel hochkrempeln und mit 16 schon Firmen gründen. Viele von diesen werden von zu Hause gestärkt, andere eben nicht. Ich gehe viel in Schulen. Und da erlebe ich in einer Klasse desillusionierte Jugendliche, und in der nächsten Klasse solche mit Zuversicht.

Wie kann man auf junge Leute Einfluss nehmen, ohne sie gleich zu bevormunden?

Mahlodij: Indem man etwas vorlebt, niemals mit erhobenem Zeigefinger auftritt. Indem du gute Fragen stellst, einfach nur zuhörst und die Jugendlichen erzählen lässt.

Wie oft denken Sie als aus dem Iran stämmiger Mensch an Ihre Urheimat, und wie geht es Ihnen dabei?

Mahlodij: Ich bewundere den Mut derer, die sich nicht einfach fügen, die auf die Straße gehen und demonstrieren. Ich bewundere die Frauen, die dort ihr Kopftuch ablegen. Sie bezahlen einen hohen Preis dafür, werden eingesperrt, inhaftiert, geschlagen. Man sieht, dass in der Gesellschaft dort mittlerweile ein anderer Wind weht. Weil immer mehr Menschen sagen: Ich weigere mich, mitzumachen bei dem, was mir das Regime vorgibt.