Die abstrusen Lügengeschichten eines „Blinden“ im Rollstuhl

VN / 08.01.2025 • 15:15 Uhr
blaulicht gericht
Der Angeklagte bestritt sämtliche Vorwürfe und bezeichnete sich selbst als Opfer. vn/gs

Amtsbekannter Vorarlberger versetzte nicht nur eine Richterin in Furcht und Unruhe.

Feldkirch Der nunmehr 44-jährige Unterländer machte schon des Öfteren von sich reden. Und das recht unrühmlich. So erschien er ein Mal als bandagierte „Mumie“ im Bezirksgericht Bregenz, ein anderes Mal brach er in einer Polizeiinspektion ein, um belastende Akten verschwinden zu lassen.

Sein Vorstrafenregister weist bereits zehn Eintragungen auf. Immer wieder ging es um Lug und Betrug. Selbst ein Baron von Münchhausen hätte kaum ein solches Konvolut an Fantastereien auftischen können.

Bei der aktuellen Verhandlung am Landesgericht Feldkirch lässt sich der 44-Jährige im Rollstuhl in den Gerichtssaal schieben. Er sei querschnittsgelähmt, behauptet er. Und zudem blind. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten zunächst vor, eine Richterin des Bezirksgerichtes Dornbirn bedroht haben. Sie selbst schildert als Zeugin: „Er rief bei mir an und forderte, ich solle die Enthebung seines Erwachsenenvertreters bewirken, weil dieser ihn vernachlässige und diffamiere. Ansonsten werde etwas Schlimmes passieren. Er komme jetzt zum Bezirksgericht.“ Die Richterin habe daraufhin Angst bekommen und ihr Büro verlassen.

“War auf hoher See”

Der Beschuldigte im Rollstuhl entgegnet mit leiser Stimme und halb geschlossenen Augen: „Ich habe diesen Anruf nie getätigt. Ich war zu diesem Zeitpunkt nämlich auf hoher See – auf dem Bodensee.“

Auch sein Erwachsenenvertreter, ein Rechtsanwalt, wird als Zeuge einvernommen. „Ich bin auch über die medizinischen Befindlichkeiten des Beschuldigten informiert. Und ich kann ausschließen, dass er querschnittsgelähmt und blind ist. Ich habe ihn schon selbst Unterschriften anfertigen lassen. Außerdem gibt es Lichtbilder, die ihn zeigen, wie er läuft. Und bei einer Zwangseinweisung strampelte er mit den Füßen. Lügen und betrügen ist ein Teil seiner Persönlichkeitsstörung.“ Einmal habe man ihn mit Bierkisten in den Händen und einer Sonnenbrille im Gesicht umherwandern gesehen, schildert ein anderer Zeuge.

“Klingelterror”

Ein weiterer Anklagepunkt lautet „Widerstand gegen die Staatsgewalt“. Der Beschuldigte war dereinst in einem Unterländer Haus als Mieter wohnhaft. Sehr zum baldigen Missfallen des Besitzers, der als Zeuge schildert: „Der Mann war unerträglich. Ich musste die Schlösser austauschen, um ihn auszusperren. Da rief er den Schlüsseldienst an, der alsbald auftauchte. Und anschließend auch die Polizei und das Rote Kreuz, die ihn mitnahm. Aber bald tauchte er wieder auf und veranstaltete einen Klingelterror. Wieder musste ich die Polizei alarmieren.“

“Im Stadel eingesperrt”

Der Angeklagte selbst hingegen behauptet, er sei damals im Stadel eingesperrt, misshandelt und mit einer Schnur an den Rollstuhl gefesselt worden. Auch an der Polizei lässt er kein gutes Haar: „Die Beamten waren sehr forsch und ruppig, haben meine Blindenschleife und den Rollstuhl ignoriert und mich wie einen Kartoffelsack hinausgezerrt!“

Vier Jahre Haftstrafe

Richterin Lisa Pfeifer überlegt bei der Urteilsfindung nicht lange. Sie spricht den Angeklagten aufgrund zahlreicher Widersprüche im Sinne der Vorwürfe (wahrheitswidrige Aussagen, Widerstand gegen die Staatsgewalt und des Verbrechens der Verleumdung) schuldig und verurteilt ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Der Verurteilte meldet Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

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