Den Singvögeln am Alten Rhein auf der Spur

Alwin Schönenberger (73) kennt die Singvögel am Alten Rhein, wie kein anderer. Er beobachtet sie genau und hat im Laufe der Jahre eine spannende Erkenntnis gemacht.
Lustenau Nebel hüllt den Alten Rhein in einen weiß-grauen Mantel. Es herrscht friedliche Stille. Einige Enten schnattern, Spaziergänger sind warm gekleidet und ziehen ihre Köpfe tief in die Jacken hinein. Auch Alwin Schönenberger, Ornithologe und Vize-Obmann des ortsansässigen Vereins „Die Drossel“, ist bis obenhin eingepackt. Ihm macht die Kälte nichts aus. Er stapft mit einem Lächeln vom Parkplatz am Rohr zum Alten Rhein, sein Blick ist stets nach oben gerichtet. „Ich hör den Grünfink singen und dort drüben die Holderdrossel“, erklärt Alwin Schönenberger begeistert und greift sogleich zu seinem Fernglas, um nachzusehen, ob er richtig gehört hat. „Sobald ich hier am Alten Rhein bin, wird jeder Ton von mir registriert“, sagt er lächelnd.

Singvögel suchen Nähe zu Menschen
Über die Jahre hat Schönenberger beobachtet, dass insbesondere Singvögel die Nähe zu Menschen suchen. „Es scheint sie nicht zu stören, dass beim Parkplatz ein reges Treiben herrscht und im Gasthof viele Menschen sind. Hier fühlen sie sich sicher“, sagt er. Die Vögel scheinen die Nähe zu suchen.

Sobald im Herbst das Laub von den Bäumen gefallen ist, macht er sich auf den Weg, denn dann sieht man die Nester der verschiedenen Brutvögel. „Es fasziniert mich, dass sie beispielsweise auf einem Baum inmitten der Liegewiese ihre Nester bauen.“ Auch zehn Meter neben einer Sitzbank entdeckt er das Nest einer Mönchsgrasmücke.
Alwin Schönenberger ist seit seiner Kindheit ein begeisterter Vogelkundler. „In meiner Jugend habe ich mir ein Fernglas gekauft und die verschiedenen Vogelarten gelernt.“ Er kennt sie alle, die rund 350 Arten im Land. Und zwar nicht nur am Aussehen, sondern auch an ihren Rufen. Nach 50 Jahren der Vogelbeobachtung sei das nicht so schwer, meint er bescheiden. Er betreut auch das Naturschutzgebiet der Natura 2000. Dort gebe es nicht halb so viele Singvögel, wie im Gebiet am Alten Rhein, zwischen Parkplatz, Gastgarten und Liegewiese.

Großes Interesse um Waldohreule
Mit Sorge beobachtet der Ornithologe den aktuellen Hype um die rund zehn Waldohreulen, die in Fichten am Alten Rhein ihren Winterschlafplatz haben. „An manchen Tagen werden die Bäume regelrecht von Fotografen und Menschen mit ihren Handys belagert. Das stört die Waldohreule und vertreibt sie“, erklärt er. Dies sieht er auch als Grund, weshalb die Waldohreulen am Tag des Rundgangs nicht in den Fichten zu sehen waren. Er ruft deshalb zur Vernunft auf. Nicht jeder brauche ein Foto von den Eulen. Bis vor einigen Jahren fanden sie Schutz in den Fichten beim Parkplatz. Diese sind nun leider zu schütter geworden. „Die Eulen brauchen dichte Fichten, um ungestört am Tag schlafen zu können.“ Er hofft, dass für sie ein paar neue Fichten nachgepflanzt werden. Der Spuk um die Eulen sei nun glücklicherweise bald vorbei. Im Februar beginnen die Tiere, Reviere im ganzen Rheintal zu besetzen.

Action auf den Bäumen
Für Alwin Schönenberger gibt es nichts Schöneres, als Vögel zu beobachten. Er erklärt seine Leidenschaft folgendermaßen: „Bäume sind schon schön anzusehen, aber wenn ein Vogel darin herumhüpft, herrscht Action. Sind dann auch noch mehrere Vögel im Baum, wird das aufregend“, erzählt er. Der Alte Rhein ist für ihn ein wahres Singvogelparadies. Sein Wissen über diese Vögel gibt er jährlich bei einer Exkursion am Pfingstmontag beim Alten Rhein weiter. Vergangenes Jahr ließen sich 80 Interessierte von dem frühen Start um sieben Uhr morgens nicht abschrecken. Auch dieses Jahr wird er wieder den Menschen das Singvogelparadies zeigen. BVS