Missbrauchsprozess: Töchter loben ihren Vater als vorbildlich

Beim zweiten Verhandlungstag wurden auch die beiden leiblichen Töchter des angeklagten Ex-Polizisten einvernommen.
Feldkirch Die beiden mittlerweile erwachsenen Töchter des Beschuldigten werden beim Missbrauchsprozess gegen ihren Vater als Zeuginnen befragt. Sie beschreiben das Familienverhältnis als schön, den Vater als vorbildlich. Die Nacktbilder am Strand in Italien hätte jeder gemacht haben können, es sei ein Familienurlaub gewesen. Alle hätten in der einsamen Bucht nackt gebadet, das sei nichts Besonderes gewesen, man war unter sich. „Mein Vater ist der beste Mensch der Welt. Er hatte immer ein großes Herz und ein offenes Ohr, alle meine Freundinnen könnten dies bestätigen“, erzählt eine der Töchter. Das Foto mit dem Baby mit gespreizten Beinen und Nikolomütze sei ihre kleine Tochter, sie habe damals ohne viel nachzudenken abgedrückt, stellt die Zeugin klar, dass dieses Foto keinesfalls vom Angeklagten stammt.
Hallers Expertise
Gerichtspsychiater Reinhard Haller wird zu der Frage konsultiert, ob das eine mutmaßliche Opfer an einer Beeinträchtigung leidet, die einer schweren Körperverletzung gleichkommt. Haller bestätigt in seiner Expertise, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt. Diese ist einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen. Haller erklärt gleich zu Beginn, dass er nicht mit einem Glaubwürdigkeitsgutachten beauftragt wurde. Typische Symptome, die bei derartigen Störungen vorliegen, seien Angst, Nachhallerinnerungen, Depressivität und sexuelle Funktionsstörungen. Dieses Bild liegt bei der Untersuchten vor.
Andere Basiserkrankungen wie Manie, psychosomatische Störungen, Hirnerkrankungen oder Lügensucht wurden nicht festgestellt. Wie gut Opfer mit sexuellen Übergriffen zurechtkommen, hängt laut Haller von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise, ob jemand psychisch robust ist oder Hilfe in Anspruch nimmt. Typischerweise tauchen solche Störungen allerdings erst nach einer gewissen Zeit auf.
“Missbrauch vom Missbrauch”
Haller macht mehrfach darauf aufmerksam, dass auch Psychiater Menschen nicht „durchleuchten“ und anschließend darüber Auskunft geben können, ob jemand die Wahrheit sagt oder nicht. „Es gab in der Vergangenheit auch immer wieder den ‚Missbrauch vom Missbrauch‘,“ so Haller. „Man muss deshalb auch immer sehr vorsichtig sein“, schließt er seine Erörterungen vor dem Schöffensenat. Ursachen von posttraumatischen Störungen können also vielfältig sein und lassen nicht ohne weiteres auf sexuellen Missbrauch schließen.