Trotz Krankheit und Pension: Klaus Suitner (75) bleibt seinem Arbeitgeber treu

Vom Lehrling bis zum Mitglied der Geschäftsleitung: Klaus Suitner hat bei Getzner Textil 50 Jahre Firmengeschichte miterlebt. Obwohl er schon lange in Pension ist, macht er immer noch Betriebsführungen und hält Schulungen.
Bludenz Seit 50 Jahren arbeitet Klaus Suitner bei Getzner Textil – mittlerweile jedoch nur noch auf geringfügiger Basis, da er schon seit zehn Jahren offiziell in Pension ist. 1971 begann er im Unternehmen mit einer Lehre zum Bürokaufmann. „Ich war der erste Bürokaufmannslehrling bei Getzner“, erzählt der 75-Jährige.

Nach dem Bundesheer absolvierte er ein Praktikum in der Spinnerei in Nenzing. Als er dem Spinnereileiter über die Schulter schaute, war für ihn klar, dass er diese Richtung einschlagen wollte. Es folgte eine fünfjährige Ausbildung zum Textilingenieur an der HTL Dornbirn. Nach seinem Abschluss wollte er eigentlich einen mehrmonatigen Urlaub antreten, doch bereits am dritten Tag kontaktierte ihn Getzner Textil mit dem Angebot, eine Stelle als Abteilungsleiter im Kollektionszimmer zu übernehmen. Damals war er 27 Jahre alt und hatte bereits mehr 20 Damen unter sich – was, wie er sagt, nicht immer einfach war.
Nach weiteren fünf Jahren wechselte er in die technische Betriebskontrolle. In dieser Funktion war er unter anderem für die Abrechnung der Mitarbeiter in Konfektion, Spinnerei, Weberei und Veredlung zuständig. Für ihn standen die Mitarbeiter stets im Mittelpunkt. Damals wurde noch nach Akkord entlohnt – ein System, das Ende der 1980er-Jahren abgeschafft wurde. „Ich kannte fast alle Mitarbeiter beim Namen“, sagt Suitner.

Entscheidende Veränderungen
Später wurde er Assistent der Geschäftsleitung. In dieser Zeit erlebte er zentrale Veränderungen mit: die Schließung der Spinnerei in Nenzing, den Umzug „Lünersee“ nach Bludenz, die Einführung des SAP-Systems, der Betriebsdatenerfassung Weberei und des PPS (Produktionsplanungs- und Steuerungssystems). Klaus Suitner war bei den entscheidenden Veränderungen des Unternehmens immer involviert. „Das hat sich so entwickelt“, meint er. Mit der Zeit verlagerte sich sein Schwerpunkt zunehmend auf die Personalagenden. Er setzte sich unter anderem für eine gerechtere Entlohnung ein, bei der Frauen und Männer gleich viel verdienen.

Zum Schluss wechselte er in die Logistikabteilung und wurde dort für 10 Jahre Logistikchef. Ab diesem Zeitpunkt war er auch Teil der Geschäftsleitung. Vom Lehrling bis in die Geschäftsleitung– so lässt sich Klaus Suitners Werdegang bei Getzner beschreiben. Geplant war das jedoch nicht. Es sei selten, dass ein Mitarbeiter einem Unternehmen ein halbes Jahrhundert lang treu bleibe. Für ihn gab es dafür einen entscheidenden Grund: die Familie.

Neben seinen zwei Stiefsöhnen ist Klaus Suitner vierfacher Großvater – und sogar schon Urgroßvater. Seine Frau arbeitete ebenfalls 30 Jahre bei Getzner Textil. Die Familie bedeutet ihm viel. Dass er bis weit in seine Pension hinein geringfügig beschäftigt ist, bezeichnet er selbst als „atypischen Fall“.
„Eine gute Freizeitbeschäftigung“
Heute führt er Betriebsführungen durch und hält Schulungen für neue Mitarbeiter, bei denen er das Unternehmen vorstellt, sowie textile Grundlagen erläutert. „Ich kenne mich ja gut aus in der Firma“, sagt Suitner. „Ich mache das auch weiterhin gerne. Das ist eine gute Freizeitbeschäftigung für mich, denn durch meine Krankheit kann ich sonst nichts mehr viel machen.“

Früher war er Surfer, Skifahrer, Bergsteiger und Radfahrer. Dann erhielt er die Diagnose Lungenemphysem – eine schwere Form der COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Seither ist er auf ein Sauerstoffgerät angewiesen, körperliche Anstrengung ist tabu. „Fürs Daheim-Sitzen und Nichtstun bin ich noch zu jung“, sagt Klaus Suitner. So ist es eine Win-win-Situation: Er hat eine sinnvolle Beschäftigung, und Getzner einen engagierten Mitarbeiter für Führungen und Schulungen.

Allerdings möchte er diese Führungen – die er seit zehn Jahren im Schnitt einmal wöchentlich durchführt – bald abgeben. Doch sein Herz wird immer an der Firma Getzner hängen. Bis heute pflegt er einen engen Kontakt zu vielen ehemaligen Kollegen.