Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Streiflicht: Wolkenbruch im Oberstübchen

VN / 20.05.2025 • 13:13 Uhr

Erst bauschen sich harmlose Wölkchen am Horizont. Seine Frau schleppt eine Gießkanne nach der anderen zu den schmachtenden Blumen, während der Gatte nach einem Blick auf ’s Wetter-App die Beine hochlegt. „Um 16:45 Uhr kracht’s.“ Das Gießen hält er für überflüssig. Er zählt zu jener Sorte, die unnötige Aufwände schon erkennen, bevor sie überhaupt entstehen. 

Tatsächlich machen graue Schlieren am Firmament der Sonne das Scheinen schwer. Ein kühler Wind lässt die Blätter tanzen. Über dem Bregenzerwald verdüstert sich die Szenerie zusehends. Läuft alles nach Plan. Er sitzt unter dem Glasdach wie ein Regisseur im Regieraum. Fehlte noch, dass er mit der Hand Kommandos erteilt: Das dunkelviolette Wolkengebirge etwas weiter nach links, die zwei Sonnenstrahlen bitte ausknipsen. Es ist schließlich 16:45 Uhr, Showtime.

Jetzt ist der perfekte Moment für ein Feierabendbier, als kleine Siegesfeier seines Pragmatismus. Doch dann frischt der Wind auf, und der Spuk ist vorbei. Wie ein begossener Pudel steht er im Schein der Abendsonne. Und die Wetter-App? Als Kind hätte er Handyverbot bekommen. Seine Liebste wirft ihm nur einen Blick zu, der ein einziges Wort sagt. Es hat vier Buchstaben, beginnt mit D und endet mit P. „Dimp“ vielleicht oder „Domp“? Oder wären fünf Buchstaben auch möglich?