Betreuungslücke setzt Familien im Sommer unter Druck

Fehlende Sommerbetreuung erschwert Eltern die Erwerbsarbeit. Vor allem in Vorarlberg gibt es Aufholbedarf, kritisieren die Grünen.
Schwarzach “Noch immer heißt es im Ländle viel zu oft: ‚Die Mama wird’s schon richten‘”, sagt die grüne Familiensprecherin Barbara Neßler den VN. Gerade die neun Wochen Sommerferien werden “für viele Familien Jahr für Jahr zur Zerreißprobe”, sagt sie. Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Situation für berufstätige Eltern gerade im Sommer herausfordernd ist.
Die Schwierigkeiten beginnen oft schon mit dem Kindergarten. Neun Tage sind die Krippen und Kindergärten im Schnitt österreichweit im Sommer geschlossen. Die längste Zeit ohne Sommerbetrieb gibt es über alle Bundesländer hinweg in den Horten: Sie haben mit 15 Tagen besonders lange zu. Vorarlberg bildet hier das Schlusslicht mit fast 44 Schließtagen. Danach folgen erst Niederösterreich und das Burgenland mit je rund 19 Tagen. Dabei spielen diese in vielen Bundesländern eine zentrale Rolle bei der Nachmittags- und Sommerbetreuung, betont Neßler.

Fünf Wochen zu
Die Grünen fordern angesichts der Situation vor allem im Westen einmal mehr flächendeckende Sommerbetreuung. Laut Kindertagesheimstatistik 2023/24 sind Kinderbetreuungseinrichtungen – also Krippen, Kindergärten und Horte – im Westen über das gesamte Jahr hinweg vergleichsweise oft geschlossen. Während es im Österreich-Schnitt knapp 20 Tage sind, bleiben die Häuser in Tirol im Schnitt 27 Tage zu. Vorarlberg folgt jedoch schon dicht danach auf Platz 2 im Negativranking mit 25 Tagen. Zum Vergleich: Im Burgenland und Wien sind es etwas mehr als 12 Tage.
Auch in den Sommerferien hängt das Angebot über alle Altersgruppen hinweg stark von der Region ab: Während zu dieser Zeit die Einrichtungen in Tirol rund 16, in Vorarlberg 15 und in Salzburg 14 Schließtage verzeichnen, sind es in Wien, Niederösterreich oder dem Burgenland nicht einmal sieben.
Sommerbetreuung muss planbar, leistbar und verlässlich sein – für alle Familien
Barbara Neßler, Familiensprecherin der Grünen
Betreuungsangebote in der Schule sind aus Sicht der Grünen für Schulkinder keine Alternative: Nur ein Drittel der Sechs- bis 14-Jährigen besucht eine Ganztagsschule, auch hier mit großen regionalen Unterschieden. Und nicht an allen Standorten findet auch im Sommer Betreuung statt, ergänzt Neßler.
“Sommerbetreuung muss planbar, leistbar und verlässlich sein – für alle Familien”, forderte Neßler. Es müsse endlich der “Ausbauturbo” gezündet werden, betont sie gegenüber den VN: “Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist gerade im Westen oft ein leeres Versprechen.” Das betrifft vor allem Frauen, die immer noch den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen.
Fehlende Betreuung
Derzeit sind in Österreich knapp 60 Prozent der Betreuungsplätze für die Null- bis Fünfjährigen mit einem Vollzeitjob beider Eltern vereinbar. Der Anteil an sogenannten VIF-konformen Plätzen (Angebot von mindestens 45 Stunden pro Woche, an vier Tagen mindestens 9,5 Stunden, mindestens 47 Wochen pro Jahr geöffnet) variiert dabei regional stark.
Aktuell wird intensiv über die Teilzeitquote diskutiert, Österreich hat mit 36,1 Prozent die zweithöchste in der EU. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will das ändern und sprach von einer “Lifestyle-Teilzeitwelle”. Wie die Betreuungszahlen nahelegen, könnte eine lückenlosere Kinderbetreuung einen Hebel darstellen.