Eine Geschichte von Liebe und Verlust

Ingrid Eckhart (50) verlor innerhalb weniger Monate ihre Mutter und ihren Bruder.
Bregenz Sie waren ein Trio, das fest zusammenhielt und sich innig liebte: Luise Eckhart und ihre Kinder Ingrid und Hubert. Huberts tragisches Schicksal schweißte sie fest zusammen. Vor dreißig Jahren wurde der damals 29-jährige Bregenzer von einem Auto niedergefahren. Man wusste nicht, ob er überlebt. “Hubert lag drei Monate im Koma”, zeigt Ingrid (50) auf, dass es damals spitz auf Knopf um ihren Bruder stand.
Hubert bekam ein zweites Leben geschenkt. Doch von nun an saß er im Rollstuhl und war auf Pflege angewiesen. Hubert wollte nicht in einem Pflegeheim leben. Also übernahm seine Mutter Luise die Pflege. Ingrid dazu: “Mama trug die Hauptlast. Aber ich habe sie unterstützt, so gut es meine Arbeit als Pflegeassistentin zuließ. Ich war fast jeden Tag bei Hubert.”

Ingrid hatte eine spezielle Beziehung zu ihrem Bruder. “Hubert war für mich wie ein Kind, obwohl er neun Jahre älter war als ich.” Ihre Mutter pflegte Hubert, solange sie konnte. Im September des Vorjahres erlitt die 83-Jährige einen schweren Schlaganfall. “Danach hatte Mama keinen Lebenswillen mehr. Sie wollte nur noch sterben.” Ingrid verstand ihre Mutter. “Sie war müde vom Pflegen.” Ingrid klammerte nicht. “Mama, ich liebe dich. Du kannst gehen, ich lasse los und gönne dir die Ruhe und dass du nicht mehr für andere da sein musst”, sagte sie leise an ihrem Krankenbett. Luise Eckhart starb am 4. Dezember 2024.

Danach hatte Ingrid keine Zeit zum Trauern. Denn sie musste sich um ihren Bruder kümmern. “Ich bin bei Hubert eingezogen und habe ihn neben meiner Arbeit gepflegt. Ich war gestresst ohne Ende”, gibt sie zu. Sie bemerkte, dass Hubert nach dem Tod seiner Mutter körperlich schwächer wurde. Im Juli dieses Jahres erlitt auch Hubert einen Schlaganfall. “Er lebte noch sieben Tage. Ich hoffte bis zum Schluss, dass er es schafft.” Sein Tod traf sie schwer. “Ich dachte, wir werden miteinander alt und grau.”

Ingrid schluckt, ringt kurz um Fassung, dann meint sie: “Mama hat Hubert geholt, damit ich mein Leben leben kann.” 30 Jahre war Ingrid es gewohnt, für andere da zu sein. “Jetzt kann ich machen, was ich will. Das ist schwierig für mich. Ich muss mich an die Freiheit erst noch gewöhnen.” Immer wieder holt sie die Trauer über den Verlust ihrer Mutter und ihres Bruders ein. “Ich habe die Trauer in ein Kästchen eingesperrt. Manchmal hole ich sie heraus. Dann weine ich bitterlich.”
Den Tod ihres Bruders hat Ingrid noch nicht wirklich begriffen. “Seine Kaffeetasse steht noch immer auf dem Küchentisch. Ich schaffe es nicht, sie wegzustellen.” Es gibt Momente, in denen Ingrid untröstlich ist. Aber manchmal tröstet sie der Gedanke, dass ihre Lieben jetzt alle zusammen im Himmel sind. “Sie schauen und warten auf mich.” Ingrid lässt sich aber vom Schicksal nicht unterkriegen. Ihre Mutter Luise war ihr diesbezüglich ein Vorbild. “Mama war eine starke Frau. Sie hat mir Stärke vorgelebt.”