Kolumne: Lasst es euch schmecken!
Eine Frau, der ich auf Instagram folge, hat unlängst ein Foto von ihrem Essen gepostet. Ich habe vergessen, wer das war, vielleicht habe ich das auch schlicht verdrängt, denn das Bild verstörte mich zutiefst: Es zeigte einen Teller herrlicher, goldgelber, sichtlich saftiger Kässpätzle mit auf den Punkt in Butter geschmorternZwiebeln. Und obendrauf hatte jemand noch eine ordentliche Ladung Trüffel gehobelt.
Ja, das kann man natürlich machen! Man soll essen, was einem schmeckt, und man soll sich alles schmecken lassen, worauf auf einem der Sinn steht! Es wird uns, vor allem uns Frauen, das lustvolle Essen ja eh viel zu oft vermiest. Seit ich ein Kind bin, ist es fix in meinen Organismus eingeschrieben, das alles was schmeckt, dick macht, und dick soll man nicht sein. (Lächerlicherweise verzichtete ich auf der Basis falscher Annahmen mein halbes Leben lang auf geile, cremige Jogurts und schlürfte stattdessen trauriges wässeriges Süß-Zeug, bis die Wissenschaft endlich feststellte, dass es nicht das Fett im Jogurt ist, dass uns schadet, sondern der Zucker.) Ich komme vom Pfad ab: Denn ja, esst Käsknöpfle mit Trüffel! Meine Frage ist nur: Warum?
Es gibt, soweit ich weiß, in jedem Land, das auch nur ein bisschen Landwirtschaft hat, ein traditionelles Gericht, das auf den Grundzutaten Mehl, Zwiebeln, Eiern, Fett und Käse besteht, denn genau das ist verfügbar, wenn man Nutztiere und ein paar Felder hat.
Und ja, wir aus dem Ländle geben mit unseren Kässpätzle national und international ordentlich an, und mit was? Mit vollem Recht. Ich wage zu behaupten, dass nur wenige dieser Tradtionsgerichte so perfekt und geschmacklich austariert sind, wie ein Teller duftiger, flaumiger Spätzle mit geriebenem Käse in der richtigen Mischung und buttrigen braunen Zwiebeln darauf. Salat dazu (über dessen Inhalt die Meinung auseinander gehen, meine Wahl: grün und knackig), vielleicht ein Schüssile säuerliches Apfelmus, das einzige, was eventuell noch AUF meine Spätzle darf, ist ein Löfferl feiner frischer Schnittlauch.
Denn meine Meinung: Da brauchts sonst nichts mehr obendrauf, kein Extra-Aroma, weil diese Spätzle, so wie unsere Großmütter sie schon machten, einfach perfekt sind: ein einfaches, glücklich machendes Essen, das sich jeder leisten kann.
Offenbar ist dieses Essen für eine gewisse (Touristen)-Oberschicht in seiner Originalversion zu einfach und zu billig, also muss noch eine der Luxus-Komponenten darauf, und weil Kaviar, Goldsplitter und Panda-Tee wohl nicht so gut harmonieren, hat man sich für Trüffel entschieden.
Wie gesagt, ja! Es soll euch schmecken! Aber auch wenn ihr das genau anders seht: Ihr lasst euch was entgehen.
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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