So entstehen die Vorarlberger Nachrichten – vom Interview bis zur Zeitungszustellung

Die Menschen hinter den VN geben persönliche Einblicke in ihre tägliche Arbeit.
Von Katja Grundner
Schwarzach Die VN feiern dieses Jahr ihr 80-jähriges Jubiläum – ein guter Anlass, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Denn zahlreiche Menschen tragen Tag für Tag dazu bei, dass die Zeitung entsteht: Redakteure, Mitarbeiter in Druck und Versand, Zeitungszusteller und viele mehr.
Der Mensch als Orientierungspunkt
Am Anfang jedes VN-Artikels steht der Redakteur. Einer davon ist Matthias Rauch, der in den Ressorts Blaulicht und Lokal tätig ist. Einen geregelten Alltag gibt es für ihn kaum. Einerseits hängt das mit seinen Zusatzaufgaben, zum Beispiel als Traineezuständiger, zusammen. Andererseits geben die Themen des Tages den Takt vor.

Der häufigste Fixpunkt für den 37-jährigen Dornbirner sind die Morgensitzungen, in denen die Mitarbeiter aller Ressorts zusammenkommen und die aktuellen Themen besprechen. Die Themenauswahl erfolgt entweder durch die Redakteure selbst oder wird als Arbeitsauftrag vorgegeben. „Im Idealfall kommen sie auch von der Leserschaft, denn die Menschen in Vorarlberg sind für uns der wichtigste Orientierungspunkt.“ Gerade im Lokalressort sind die thematischen Grenzen fließend, sodass sich Inhalte oftmals mit anderen Ressorts wie der Politik überschneiden. „Ich habe mit dem Landeshauptmann genauso wie mit dem Nachbarn des Lesers zu tun.“
Auch außerhalb Vorarlbergs war Matthias Rauch bereits als Reporter unterwegs – etwa 2024 beim Hochwasser in Niederösterreich und bei einem Vorarlberger Soldaten im Kosovo.

Sobald das Thema feststeht, nimmt Matthias Kontakt zu den zuständigen beziehungsweise betroffenen Personen auf und bemüht sich um Stellungnahmen – bevorzugt persönlich vor Ort, alternativ telefonisch. Dabei kommen ihm seine zahlreichen Kontakte zugute, die er über die Jahre hinweg geknüpft hat. Während der studierte Publizist zu Terminen einen Fotografen hinzuziehen könnte, ist er es aufgrund seiner Erfahrung gewohnt, die Fotos selbst zu machen. Denn bevor er im Jahr 2020 zu den VN gekommen ist, arbeitete er sieben Jahre lang als Mobiler Journalist bei VOL.AT, wo er Fotos und Videos stets eigenhändig mit dem Handy aufnahm. Sobald er alle Informationen und das nötige Material vorliegen hat, schreibt er den Artikel, lässt ihn von einem Kollegen Korrektur lesen und stellt ihn anschließend über das Redaktionssystem online.
Jeder Tag anders
VN-Redakteure tragen ihre Fototermine in ein Online-Planungssystem ein und bei kurzfristigen Einsätzen wird der leitende Fotograf Roland Paulitsch direkt kontaktiert. Der 58-Jährige ist für die Terminkoordination zuständig und sorgt dafür, dass alle sieben Wochentage fotografisch abgedeckt sind. „An Wochenenden oder Feiertagen zu arbeiten ist für mich schon normal.“ Auch die Zeiten variieren stark. „Ich kann um fünf Uhr früh einen Termin haben, aber auch spät abends um 22 Uhr.“ Nach einem Termin spielt er die Fotos in ein System ein, damit die Redakteure Zugriff darauf haben.

Roland ist seit über 17 Jahren bei den VN. Für ihn verläuft kein Arbeitstag wie der andere. Nicht nur die Personen und die Aufgabenstellung, sondern auch der Ort und das Wetter sind von Auftrag zu Auftrag unterschiedlich. „Man weiß nie genau, was auf einen zukommt. Einerseits ist das der Reiz an dem Job, andererseits macht ihn das auch anstrengend“, meint der gebürtige Wiener, der seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Vorarlberger ist und in Lochau wohnt. Er fotografiert Hundertjährige, Kinder und Tiere ebenso wie Sportler und Landschaften. Einsätze in der Oper sind genauso möglich wie bei einem Rockfestival, einer Demonstration oder in einem Zeppelin. Doch am meisten schätzt er Einsätze mit sozialem Hintergrund.

Den Großteil der Arbeitszeit verbringt Roland im Auto, um von einem Termin zum nächsten zu kommen. Durch Zeitvorgaben und Verkehr ist dabei gelegentlich Flexibilität gefragt. „Das Auto ist für mich wie ein fahrendes Büro, in dem ich unter anderem Termine koordiniere“, sagt Roland schmunzelnd. Außerdem nutzt er die Zeit, um sich geistig auf den nächsten Einsatz vorzubereiten.
„Als Fotograf muss man diskret sein, darf aber auch nicht auf den Mund gefallen sein“, äußert Roland. Denn es gibt sensible Termine, bei denen viel Einfühlvermögen gefragt ist. Andererseits muss man die Personen animieren und ihnen Anleitungen geben.
Aktualität im Print
Sobald der Redakteur seinen Artikel im Redaktionssystem fertiggestellt hat, übernimmt das Print-Team den Inhalt und erstellt daraus über standardisierte Prozesse das Layout für die gedruckte Ausgabe. Weitere Zuständigkeiten des technisch-redaktionellen Tagdienstes sind etwa die Steuerung aller Inhalte, die in der Zeitung erscheinen, sowie die enge Abstimmung mit den Ressortleitern über die Planung ihrer Geschichten.

Die gelayouteten Seiten durchlaufen anschließend den Lektoratsprozess, ehe sie schlussendlich beim technisch-redaktionellen Spätdienst landen. Zuständig dafür ist Daniel Schutti: „Obwohl die Arbeit hauptsächlich vor dem Computer stattfindet, wird einem dabei nie langweilig, weil immer etwas passieren kann.“ Daniel ist seit knapp 30 Jahren technischer Redakteur bei den VN. Üblicherweise arbeitet er von 16 bis 24 Uhr. Seine Hauptaufgaben sind das Kontrollieren und Korrigieren der finalen Seiten, das Erstellen des E-Papers – also der digitalen Version der Zeitung – sowie das Reagieren auf aktuelle Ereignisse.

Ein prägender Moment für den 50-jährigen Bregenzer waren die Terroranschläge in Paris im Jahr 2015. „Die erste Meldung erreichte die Redaktion gegen 22 Uhr“, erinnert er sich. Normalerweise wird die finale Zeitungsversion bis 23 Uhr an die Druckerei übermittelt. Doch an diesem Abend verlief alles anders: Zwar ging die Ausgabe mit der aktuellen Meldung rechtzeitig in den Andruck, doch weil fortlaufend neue Informationen eintrafen, wurden der Bericht und sogar das Titelbild mehrfach angepasst. Somit wurde auch der Druck mehrfach angehalten, um die überarbeitete Version zu übernehmen, bevor die Produktion fortgesetzt werden konnte. Am Ende lagen drei verschiedene Zeitungsausgaben auf den Frühstückstischen der Vorarlberger. „Auch im Print versuchen wir, so aktuell wie möglich zu sein.“
Teamarbeit gefragt
Sobald die fertigen Seiten der technischen Redaktion digital in der Druckerei eintreffen, beginnt der Andruck. Dieser ist meistens um circa 23 Uhr. „Wir haben den spätesten Andruck in ganz Österreich, was ein Qualitätsmerkmal für Aktualität darstellt“, erklärt der Nachtschichtleiter der Druckerei, Stefan Alge. Doch schon ein paar Stunden vorher gibt es in der Druckerei einiges zu tun. „Es werden zum Beispiel täglich Wartungen durchgeführt, wir ziehen Papierbahnen ein, hängen Druckplatten ein und nehmen verschiedene Maschineneinstellungen vor, die unter anderem von der Seitenanzahl der Zeitung abhängig sind.“

Während des Drucks wird eine Qualitätskontrolle durchgeführt, um mögliche Fehler, etwa bei Farbe und Schärfe, frühzeitig zu erkennen. Hierbei nehmen sich drei Mitarbeiter jeweils eine frisch gedruckte Zeitung vom Band und überprüfen diese vollständig im sogenannten Leitstand. Die Kontrolle einer Zeitung dauert ungefähr eine Minute. Danach wird fortlaufend eine neue vom Band genommen, bis der Druck abgeschlossen ist. Circa 24.000 Exemplare werden pro Stunde gedruckt und über die Maschinen direkt in die Versandhalle transportiert. Ist der Druck beendet und die Endreinigung erledigt, hat Stefan meist zwischen zwei und drei Uhr früh Feierabend.

„Die größte Herausforderung an der Arbeit ist der Zeitdruck, damit die Zeitung pünktlich fertig ist“, sagt der 49-Jährige aus Lauterach. Er ist seit 30 Jahren in der Druckerei tätig, 25 Jahre davon in der Nachtschicht, und noch immer ist es für ihn ein schönes Gefühl, wenn er am Schluss ein gutes Produkt abliefern kann. „Das ist aber nur durch mein gutes Team möglich“, betont er. „Ohne die ginge es nicht.“ Doch an eines hat er sich auch nach all den Jahren nicht gewöhnt: den unnatürlichen Rhythmus der Nachtarbeit.
Flexibilität erforderlich
Nach dem Druck gelangen die Zeitungen über die Maschinen direkt in die Versandhalle. Dort sorgt Nachtschichtführer Hubert Klaus unter anderem dafür, dass den verschiedenen Heimatzeitungen die korrekten Beilagen zugeordnet werden. Die Werbebeilagen richten sich zum Beispiel an bestimmte Gebiete. „Weil sich der Produktionsplan täglich ändert, müssen die Maschinen genau und immer unterschiedlich eingestellt werden“, erklärt der 53-Jährige aus Thal. Circa 1000 VN-Zeitungen – vor allem Exemplare von Kiosken – müssen aufgrund der geringen Stückzahl und Staugefahr in den Maschinen händisch mit Beilagen bestückt werden.

Weil sich der Produktionsplan laufend ändert, braucht es im Versand flexible Personalstrukturen. Neben Hubert und zwei weiteren Vollzeitangestellten stehen mehrere Teilzeitmitarbeiter zur Verfügung, die bei Bedarf kurzfristig eingeplant werden. Die übliche Arbeitszeit ist von 20 Uhr abends bis zwei Uhr früh, sechs Tage die Woche.

Hubert ist seit knapp 20 Jahren Nachtschichtführer im Versand. Dabei kommt ihm seine frühere Tätigkeit als Kfz-Mechaniker zugute, weil er bei technischen Problemen Notreparaturen durchführen kann, damit die Zeitung auch in solchen Fällen möglichst pünktlich für die Fahrer bereitsteht. Diese bringen sie zu Sammelstellen in ganz Vorarlberg.
„Wer rastet, der rostet“
Nachdem die Bündel an Zeitungen zu den Sammelstellen gebracht worden sind, werden sie von den Zeitungsausträgern abgeholt. Eine dieser Sammelstellen befindet sich in der Ortsmitte Hörbranz. Von hier werden die Bündel vom Zeitungsausträger Edwin Stofleth um zwei Uhr früh abgeholt. Bis etwa fünf Uhr verteilt er die Zeitungen in ganz Hörbranz mit dem Auto und zu Fuß.

„Ich arbeite sechs Tage die Woche und gehe pro Nacht circa 6000 Schritte“, erzählt der 71-jährige Pensionist. Für ihn ist die körperliche Betätigung einer der Vorteile des Berufs – und ein Grund, warum er ihn noch ausübt. „Wer rastet, der rostet. Ich will die Arbeit so lange machen, bis es nicht mehr geht.“ Seit acht Jahren teilt er die Zeitung in Hörbranz aus, zuvor ging er der Tätigkeit 15 Jahre lang in Dornbirn nach. Bis zu seiner Pension machte er die Arbeit als Zeitungsausträger zusätzlich zu einer Vollzeitanstellung. „Ich komme in der Nacht leicht aus dem Bett, weil ich es schon gewohnt bin“, sagt Edwin, der gebürtig aus Buch stammt und jetzt im deutschen Niederstaufen, wenige Kilometer von Hörbranz entfernt, wohnt.

Besonders gefällt ihm die Arbeit bei Vollmond, der die Nacht erhellt, oder wenn es schneit. Zu Weihnachten schätzt er es sehr, wenn Kunden Kuverts mit lieben Worten und etwas Trinkgeld für ihn bereitlegen.
Mitunter Laien-Therapeutin
Christina Lipburger ist seit 24 Jahren bei Russmedia beschäftigt. Zu Beginn war sie in der Druckvorstufe tätig, seit dem Jahr 2016 arbeitet sie als Sachbearbeiterin im Vertrieb. Hier dreht sich alles um Abonnements und die Zustellung der Zeitung.

Zu Christinas Aufgaben zählt die Aboverwaltung, in der zum Beispiel neue Abos bearbeitet werden. Doch ihre wichtigste Tätigkeit ist die Aboline: eine Telefon-Hotline für Anliegen rund um das Zeitungsabonnement, egal ob in der gedruckten Ausgabe oder digital. „Wenn sich Kunden wegen Zustellproblemen melden, können sie auch mal verärgert sein“, sagt die 46-jährige Dornbirnerin. Solche Gespräche zählen zu den größten Herausforderungen des Berufes. „Aber ich zeige Verständnis, bleibe ruhig und freundlich. Dann ist es meistens so, dass sich auch die Stimmung des Kunden ändert und er sich am Schluss für die Unfreundlichkeit entschuldigt.“
Hin und wieder wird Christina trotz ihrer Freundlichkeit mit unangemessenen Bemerkungen konfrontiert. „Das darf man nicht persönlich nehmen“, meint die zweifache Mutter. Besonders hilfreich in solchen Situationen sind ihre hochgeschätzten Teamkollegen. Grundsätzlich wird den Abonnenten bei einer fehlenden Zeitungszustellung eine Gutschrift oder eine Nachlieferung angeboten. Die meisten wählen Letzteres.

Obwohl der Kundenkontakt die größte Herausforderung in Christinas Job darstellt, ist er gleichzeitig auch ihre Lieblingstätigkeit: „Weil kein Gespräch dem anderen gleicht.“ Einmal rief eine ältere Frau an, die aus finanziellen Gründen das Abo kündigen musste, weil ihr Mann ins Pflegeheim gekommen war. „Sie hat viel geweint. In solchen Momenten bin ich dann eine Art Laien-Therapeutin“, verrät sie. Schlussendlich bleiben ihr nicht die unfreundlichen, sondern die emotionalen und schönen Telefonkontakte in Erinnerung.
(VN)