“Neugier ist mein Lebenselixier” – Die unverwüstliche Künstlerin Ilse Konrad

VN / 23.11.2025 • 12:00 Uhr
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Ilse Konrad (85) mit ihrem neuen Gemälde “Sternenstaub”.VN/SKÖ

Sie reist, sie malt, sie lacht – und macht weiter. Eine Geschichte über Mut, Humor und kreative Kraft.

Bregenz Wer Ilse Konrad begegnet, vergisst sie nicht so schnell. 1940 in Wien geboren, aufgewachsen in Bregenz. Die Künstlerin hat sich ein Leben voller Erfahrungen, Kunst und Widerstandskraft aufgebaut. Trotz schwerer Schicksalsschläge, Krankheit und körperlicher Rückschläge bleibt sie neugierig. Konrad ist voller Pläne und, wie sie selbst sagt – mit einem Augenzwinkern dem Leben zugewandt.

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Ihr Großvater war Komponist, hat Werke wie “Wiener Blut” umkomponiert – alte Notenblätter von ihm verwendet Ilse Konrad heute teilweise als Maluntergrund in ihren Bildern.VN/SKÖ

“Ich lasse mich nicht unterkriegen”, sagt die 85-Jährige, und man glaubt es ihr sofort. Ihre Stimme klingt bestimmt, ihr Lachen ist ansteckend. Gerade erst hat sie sich von einem Oberschenkelbruch erholt. Davor kämpfte sie sich nach einer Krebsdiagnose durch eine sechs Stunden dauernde Operation und dreieinhalb Jahre Chemotherapie. Und doch: Wer sie in ihrem Atelier erlebt, sieht eine Frau, die mitten im Leben steht.

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Ihr Zuhause ist ein großes Atelier – in jedem Raum, in jedem Gang hängt Kunst, die Geschichten erzählt. VN/SKÖ

Kunst, die aus der Erde wächst

Ilse Konrads Werke sind Ausdruck ihrer Lebensreise. Im wahrsten Sinne des Wortes – denn ihre Farben bringt sie von ihren Reisen mit. Pigmente aus Namibia, Sand von Lanzarote, Erde von den Galápagos-Inseln. Mit einer alten Kaffeemühle zerkleinert sie die mitgebrachten Materialien und bindet sie mit Ei, Harz und Leinöl zu einer Emulsion – ihrer geliebten Eitempera. “Ich mag keine Chemie. Ich will spüren, was ich male”, erklärt sie. Ihre Bilder wirken archaisch und gleichzeitig zart, oft abstrahiert, fast meditativ.

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“Ich mag keine Chemie. Ich will spüren, was ich male”, erklärt Konrad.VN/SKÖ

Schon früh zeigte sich ihr künstlerisches Talent. Nach der Matura ging sie nach Paris und studierte viereinhalb Jahre an der Académie de la Grande Chaumière. Anschließend kehrte sie zurück nach Vorarlberg. Danach unterrichtete Ilse als Kunsterzieherin am Sacré Coeur in Riedenburg und am Gymnasium Blumenstraße. “Mit jungen Menschen zu arbeiten, war für mich eine Herzenssache”, sagt sie rückblickend.

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Auch hier ließ sie sich von der Höhlenmalerei inspirieren – das Werk wurde genauso ausgestellt.VN/SKÖ

Vom OP-Tisch zur Staffelei

Man könnte Bücher füllen mit den Geschichten, die Ilse Konrad erlebt hat. Von einer Blinddarmoperation, die in China ohne Narkose, nur mit Akupunktur durchgeführt wurde. Bis zu Reisen mit dem Skizzenbuch nach Äthiopien, Island, Marokko, Peru.

Und von einem ganz einfachen Moment: Ilse Konrad blickt in der Nacht auf den Himmel und sieht die funkelnden Sterne. “Der Sternenhimmel über Bregenz hat mich inspiriert”, sagt sie, und daraus entsteht ihr neuestes Werk: “Sternenstaub”. Ein Bild, das zeigt, wie nah manchmal das Große liegt – direkt über uns. Mit Pigmenten aus Kios und Perlenmehl aus China malte sie “Sternenstaub” – ein leuchtendes Bild voller Hoffnung.

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“Der Sternenhimmel über Bregenz hat mich inspiriert”, sagt sie.VN/SKÖ

Auch der Krebs wurde Teil ihrer Kunst. In einem berührenden Werk verarbeitet sie die Entfernung ihrer Eierstöcke. Mit Eierkartons formte sie ein plastisches Bild, das Schmerz und Transformation gleichermaßen zeigt. “Ich kann alles, was mir passiert, herausmalen”, erklärt sie.

Eleganz, Humor und Haltung

Ilse Konrad hatte Anfang des Jahres eine Ausstellung im Künstlerhaus Bregenz – gemeinsam mit Kollegin Maria Jansa unter dem Titel “Noblesse oblige”. Doch zur Eröffnung konnte sie selbst nicht kommen. Wegen des Beinbruchs war das Gehen kaum möglich – und das Künstlerhaus ist bis heute nicht barrierefrei zugänglich. “Ich würde mir wünschen, dass sich da etwas ändert”, sagt sie. Denn Kunst sollte allen offen stehen – auch Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.

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Zum 90er hat sie sich fest vorgenommen, wieder eine Ausstellung zu machen.VN/SKÖ

Trotzdem bleibt sie Teil der Szene, präsent, wach. Jeden Tag steht sie auf, richtet sich her, schminkt sich. “Ich will gut aussehen – auch im Alter.” Und sie hat noch viel vor: “Zum 90er will ich wieder ausstellen”, sagt sie. Mit dieser Energie glaubt man ihr das sofort.

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Hier ist ihr Atelier – überall, wo man hinschaut, ist Kunst. Und hinter jedem Werk steckt eine Geschichte.VN/SKÖ

Drei Zutaten fürs Leben

Was ihr Rezept für ein gutes Leben ist? “Neugier, Pläne haben und Humor”, antwortet sie ohne zu zögern. Und das spürt man in jedem ihrer Sätze, in jedem Bild. Ilse Konrad beweist, dass Alter kein Hindernis sein muss, sondern ein Kapitel voller Möglichkeiten.

zur person

Name: Ilse Konrad

Geboren: Wien

Beruf: Künstlerin

Motto: sei Spontan, Neugierig und Humorvoll