Kommentar: Trumps fünfte Kolonne

Diese Woche wurde die neue US-Sicherheitsstrategie öffentlich gemacht. Sie hat es in sich. Darin heißt es wörtlich, Europa drohe „der Untergang der Zivilisation“. Und die USA wollen das verhindern, indem sie ihre „politischen Verbündeten in Europa“ unterstützen. Hierzulande sei die Meinungsfreiheit in Gefahr – das behauptet jener Mann, der kritische Medien im eigenen Land mit Lizenzentzug und somit einem Sendeverbot droht, missliebige Richter (laut Trump „Abschaum“) des Amtes entheben möchte usw.
Und nun möchte Trump also in Europa jene unterstützen, die seine Politik gutheißen. Wie diese Unterstützung ausschaut, wissen wir. US-Tech-Giganten – größtenteils Spießgesellen des Präsidenten – beeinflussen mit ihrer enormen Marktmacht seit langem die asozialen „sozialen Medien“ ebenso wie die Künstliche Intelligenz oder die Clouds. Europa hat in diesen Bereichen Entwicklungen verschlafen und ist den Giganten ausgeliefert.
Schon die Brexit-Abstimmung war ein Lehrbeispiel dafür: Die Menschen wurden mit gezielten Falschinformationen von den angeblichen Vorteilen eines Brexits überzeugt. Das Ergebnis: Seither verzeichnet die britische Wirtschaft im Vergleich zur EU ein geringeres Wachstum, steigende Bürokratie und Arbeitskräftemangel. Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat seinen Landsleuten sogar versprochen, Polen werde Großbritannien wirtschaftlich überholen. Die neuesten Daten der Weltbank bestätigen das: In fünf Jahren könnte Polens BIP höher sein als jenes Großbritanniens.
Die EU konnte den Austritt des Königreichs zwar besser als die Insel verkraften, wurde wirtschaftlich ebenfalls geschwächt. Und Donald Trump möchte diese Schwächung weiter vorantreiben. Dazu braucht er die EU-feindlichen rechtsnationalistischen Kollaborateure. Zu ihnen gehören Staaten wie Viktor Orbáns Ungarn ebenso wie Parteien – etwa die AfD in Deutschland oder Herbert Kickls FPÖ in Österreich.
Letztere hat erst diese Woche in einer Presseaussendung behauptet, Österreich betreibe einen angeblichen „Feldzug gegen freie Rede“. Und das gefährde – richtig geraten – die Beziehungen zu den USA. Die außenpolitische Sprecherin der FPÖ, Susanne Fürst, lobte die US-Sicherheitsstrategie am Mittwoch im Nationalrat ausdrücklich. Wir wissen also, was bei einer allfälligen FPÖ-Regierungsbeteiligung zu erwarten ist.
In diesem Zusammenhang sind Enthüllungen besonders brisant, über die gestern „Der Standard“ berichtet hat. In einer nicht veröffentlichten Langfassung der US-Sicherheitsdoktrin werden vier europäische Länder genannt, die in enger Kooperation mit den USA aus der EU „herausgelöst“ werden sollen: Österreich, Ungarn, Italien und Polen.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger warf den Blauen zurecht vor, als „Handlanger“ Wladimir Putins zu agieren. Man könnte hinzufügen, die FPÖ handle auch als „fünfte Kolonne“ von Putin-Spezi Donald Trump.
Harald Walser ist Historiker, ehemaliger Abgeordneter zum Nationalrat (Die Grünen) und AHS-Direktor.