Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Kinderlose zur Kassa!?

Politik / HEUTE • 07:50 Uhr

Es ist verständlich, wenn die Empörung groß ist: Zuerst hat Gemeindebundpräsident Johannes Pressl (ÖVP) eine Erhöhung der Grundsteuer und die Einbeziehung der 13. und 14. Pension in die Finanzierung der stationären Pflege bei Heimbewohnern gefordert. Und dann hat WIFO-Expertin Ulrike Famira-Mühlberger in den VN auch noch eine Debatte über höhere Steuern oder Beiträge von Kinderlosen sowie etwa mehr Eigenleistungen (de facto also ebenfalls höheren Beiträgen) von Pflegebedürftigen mit einer hohen Pension angeregt. „Geht’s noch, wir zahlen doch eh schon Länge mal Breite?“, mag man da aus dem Bauch heraus antworten.

Dabei wird man von Politikern bestätigt, die, vom Kanzler abwärts, immer wieder „keine neuen Steuern“ rufen. Das sind jedoch dieselben, die vor drei Jahren erst die kalte Progression abgeschafft haben. „Ciao ohne Au“, hatte das Finanzministerium unter Führung von Magnus Brunner (ÖVP) erklärt. Schon damals gab es jedoch warnende Stimmen: Die Abschaffung der kalten Progression ist gut, man muss jedoch beachten, dass sie zu geringeren Staatseinnahmen führt; dass die Sache also nur dann gut ausgehen kann, wenn gleichzeitig gespart wird. Was nicht geschehen ist. Ergebnis: Mit 1. Jänner wird die kalte Progression zu einem Drittel wiedereingeführt; die bisherige Refundierung in diesem Umfang fällt für mehrere Jahre weg, sodass alle verlieren, die Einkommensteuer zahlen.

Von wegen „keine neuen Steuern“ also: In Wirklichkeit ist es unverschämtes Gerede, so lange keine großen Reformen damit einhergehen. Und selbst dann ist es begrenzt glaubwürdig, wenn nicht dazugesagt wird, dass es sich nur dann ausgehen kann, wenn zusätzlich zu einer Erhöhung des Pensionsalters zum Beispiel Leistungen gekürzt werden. Will man das? Eben.

Die budgetären Probleme werden in den kommenden Jahren nicht kleiner. Dinge wie Bürokratie- oder Verwaltungsabbau sind umso wichtiger und gehören daher auch durchgeführt. Ja, es ist ein wichtiges Signal, zuallererst „im System“ anzusetzen. Laut Langzeitprognose des Fiskalrats steigend sind – gemessen an der Wirtschaftsleistung – aber die Ausgaben für Pensionen, Gesundheit und Pflege, die bereits heute viel stärker ins Gewicht fallen als der ganze Staatsapparat inklusive Parteienförderung und Politikerbezügen.

Gerade wenn man will, dass Altern in Würde möglich bleibt, muss man daher auch über die Finanzierung reden. Ist es fahrlässig, es nicht zu tun. Insofern ist es Johannes Pressl hoch anzurechnen, dass er Einsparungspotenziale bei den Gemeinden anspricht (zum Beispiel im Zusammenhang mit Gemeindeverbänden), aber auch Vorschläge macht, wie etwa die Pflege gesichert werden könnte, die unter anderem in die Zuständigkeit der Kommunen fällt.

Oder wenn Famira-Mühlberger immer wieder darauf hinweist, dass man mehr für Gesundheitsvorsorge tun muss, aber auch eine Debatte über einnahmenseitige Maßnahmen notwendig ist. Wobei es sogar ein gutes Argument für höhere Beiträge von Kinderlosen sowie mehr Eigenleistungen von Pflegebedürftigen mit einer hohen Pension gibt: Es würde generationenübergreifender Solidarität entsprechen.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.