Steuerautonomie
Die „NEOS“, eine neue politische Partei, haben angekündigt, Ende Oktober ihr Programm vorzulegen. Angeblich möchte die Gruppe enttäuschte Liberale, die eine neue politische Heimat finden wollen, ansprechen.
Einem Bericht in den „Vorarlberger Nachrichten“ zufolge verlangen die „NEOS“, denen ich übrigens eine sympathischere Parteibezeichnung empfehlen würde, die Übertragung von Steuerautonomie auf die Länder. Die Länder sollen nach ihren Vorstellungen nicht nur für das Geldausgeben, sondern auch für die Einnahmen verantwortlich sein.
Dagegen ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Über eine Steuerhoheit der Länder bei gleichzeitiger Reduzierung der Bundessteuern, damit die Länder ihren Anteil selbst einheben können, sollte man jederzeit reden können. Das Ergebnis darf allerdings nicht darin bestehen, dass der Bund seine Abgaben unverändert lässt und die „Steuerautonomie“ der Länder die ohnehin schon hohe Belastung der Bürger weiter verschlimmert.
Das Finanzministerium hat übrigens schon vor längerer Zeit zu dieser Frage eine Studie in Auftrag gegeben, die allerdings bisher unter Verschluss gehalten wird. Vielleicht besagt ihr Ergebnis genau das: Eine sinnvolle Steuerautonomie kann nur darin bestehen, dass der Bund einen wesentlichen Teil seiner Besteuerungsrechte an die Länder (und auch Gemeinden) abtritt und damit eine Machtposition abgibt.
Ein funktionierender Steuerföderalismus setzt allerdings zwei weitere Dinge voraus: Erstens einen gewissen Ausgleich zwischen den wirtschaftlich starken und den schwächeren Ländern Österreichs, weil sonst der Staat auseinanderbricht. Zweitens die Bereitschaft von Wirtschaft und Gesellschaft, einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern zu akzeptieren. Niemand in Vorarlberg wird ein Problem haben, niedrigere Steuern als beispielsweise in der Steiermark zu akzeptieren. Aber gilt das auch umgekehrt?
Was die „NEOS“ betrifft, so kann man auf ihr Parteiprogramm gespannt sein. Wenn sie, wie andere auch, im Bildungs- oder Gesundheitswesen alles gleichmachen wollen, können sie sich ihre „Steuerautonomie“ sparen, denn dann braucht es auch keine Länder mehr. Wenn sie hingegen Unterschiede zwischen den Ländern nicht als Hemmnis, sondern als Chance für Innovationen und befruchtenden Wettbewerb verstünden, wären sie eine Bereicherung.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Vorarlberger Landtages und
leitet das Institut für Föderalismus in Innsbruck.
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