Das ist halt die Schweiz
Nach der Salzburger Finanzaffäre fordern viele Experten eine Abkehr von der kameralistischen Buchführung in den Landesbudgets. Das Wort „Kameralistik“ erinnert an die frühere „Kammer“, in der das Landesvermögen verborgen war (oder auch nicht mehr). Tatsächlich wurde in der „Hofkammer“ (der „camera“) über die Ein- und Ausgaben des Staates Buch geführt.
Die Kameralistik wurde vor etwa 250 Jahren nicht erfunden, um Vermögen und Schulden des Staates vor den Landesbürgern zu verheimlichen, bezweckt war vielmehr das Gegenteil. Die Kameralistik war eine wichtige Verwaltungsreform unter Maria Theresia, mit der es gelang, die finanziellen Verhältnisse des Staates zu ordnen. Zuvor gab es nämlich gar keine ordentliche Buchführung.
Nach 250 Jahren ist allerdings auch die Kameralistik in die Jahre gekommen. Schließlich ist eine Buchführung, die nur die Ein- und Ausgaben, nicht aber die Entwicklung der Vermögenswerte darstellt, ein bisschen wenig. Um das zu wissen, hätte es nicht erst den Fall Salzburg benötigt.
Der Bund ist vor einiger Zeit von der Kameralistik abgegangen und hat mit 1. Jänner 2013 in seinem Haushalt eine moderne Budgetierung eingeführt. Die Länder wollten dagegen zuerst abwarten, wie sich das Beispiel des Bundes, der immerhin 70% Prozent der Staatsausgaben und –einnahmen bestreitet, bewährt.
Dieses Abwarten fällt ihnen nun auf den Kopf. Während das Finanzministerium so tut, als ob die neue Buchführung im Bund schon vor 100 Jahren eingeführt worden wäre und nicht erst vor zwei Wochen, stehen die Länder als Blockierer da. Auch für den Rechnungshof ist die veraltete Budgetierungspraxis eine willkommene Ausrede für sein Versagen bei den Prüfungen in Salzburg. Die Länder würden trotzdem gut daran tun, ihre Budgetierungspraxis zu überdenken. Gute Chancen, sich zu verweigern, haben sie ohnehin nicht.
Interessant ist wieder einmal die Schweiz: Dort sind Bund und Kantone schon vor einigen Jahren, lange vor der Finanzkrise, auf eine moderne Budgetierungspraxis umgestiegen, und zwar ohne dass sie dazu eine Verfassungsbestimmung gebraucht hätten. Einige Kantone gehen sogar über den Standard des Bundes hinaus. Aber das ist halt die Schweiz.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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