Ruinöser Wettbewerb?
In der laufenden Diskussion um eine Steuerhoheit der Länder verweisen Kritiker darauf, dass diese zu einem ruinösen Wettbewerb führe. Strukturschwache Länder würden noch ärmer, weil die reichen Länder sich niedrigere Steuersätze leisten könnten und deshalb für Unternehmen attraktiver würden. Ein Landeshauptmann aus dem Südosten unserer Republik meinte gar, wer für Steuerwettbewerb eintrete, habe Europa aufgegeben. Denn in Europa gehe der Trend eindeutig in Richtung einheitlicher Steuersätze.
Von einem angeblichen europäischen Trend in Richtung Steuerharmonisierung sprachen verschiedene Landeshauptleute schon im Österreich-Konvent vor gut zehn Jahren, um die Idee einer Steuerhoheit der Länder abzuwürgen. Mir sind keine wesentlichen Steuern bekannt, die in Europa harmonisiert wurden. Und es gibt auch keine konkreten Pläne dazu. Man stelle sich vor, wie unsinnig beispielsweise eine einheitliche Grundsteuer in ganz Europa wäre.
Ernster zu nehmen ist das Argument, dass Steuerautonomie die Schwächeren benachteiligt und unsolidarisch ist. Auch in der Schweiz gibt es einen gewissen Finanzausgleich von den finanzkräftigeren zu den schwächeren Kantonen. Ohne einen solchen Ausgleich wäre Steuerautonomie tatsächlich unsolidarisch. Die Stimmbürger der Schweiz waren offenbar auch dieser Meinung und haben dem Finanzausgleich in der Volksabstimmung zugestimmt – auch jene der reicheren Kantone.
Auf der europäischen Ebene ist es aber auch ärmeren Staaten wie etwa der Slowakei gelungen, durch niedrigere Steuersätze auf Unternehmen für Investoren attraktiv zu werden. Dadurch konnte gerade die Slowakei ihre ökonomischen Rahmenbedingungen entscheidend verbessern. Junge Slowakinnen haben seither auch andere berufliche Perspektiven als in Österreich Pflegedienste zu übernehmen, die die Österreicher nicht mehr leisten wollen oder können. Diese niedrigen Unternehmenssteuern in der Slowakei sind gerade bei uns scharf kritisiert worden, weil der österreichischen Politik dadurch bewusst wurde, dass Unternehmen auch abwandern können.
Unsolidarisch ist es daher nicht, den Ländern und Staaten Steuerautonomie in die Hand zu geben, sondern sie ihnen zu verweigern, weil genau dadurch bestehende Ungleichheiten festgeschrieben werden.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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