Einer wie er wird tatsächlich fehlen

Mit Wolfgang Rümmele ist nicht nur Dornbirn bald um ein Bürgermeister-Original ärmer.
Dornbirn. Man fragt verschiedene Menschen in Dornbirn über ihn und bekommt ähnliche Antworten. „Er ist zur Eröffnung unserer Bücherei gekommen. Und als wir ihn baten, ein bisschen etwas zu sagen, tat er das auf eine Art, die uns alle menschlich berührte.“ Die Lehrerin an einer Dornbirner Mittelschule kannte Wolfgang Rümmele nicht wirklich. Viel besser kennen ihn seine Sekretärinnen. Sagen tun sie über ihren Chef ähnliches. „Er schreitet zur Tür herein und schon ist Humor da. Tag für Tag. Er wird uns fehlen“, spricht Silvia Kalb über ihn, den Bürgermeister.
Keine Verklärung
Der ehemalige Gymnasiallehrer für Geografie und Biologie braucht am Ende seiner 14-jährigen Tätigkeit als Dornbirner Stadtoberhaupt keine verklärenden Worte. So wie es sie für viele andere gibt, die man rückblickend gerne besser macht, als sie es waren. Und in Wahrheit froh ist, wenn sie weg sind. Einer wie Wolfgang Rümmele fehlt tatsächlich – sowohl jenen, die seine Mitstreiter waren, als auch jenen, die nicht seiner Gesinnungsgemeinschaft angehörten. Er wird vor allem „seinen“ Dornbirnern fehlen.
Kaum einer schaffte den Spagat vom urig-rustikalem Interpreten zum perfekten Gentleman alter Schule so unverwechselbar liebenswert wie er. Keiner kann Hektik auch dann noch in eine humorige Wolle packen, wenn sich andere schon längst in Panik befinden. „Kommt mit, sagt er zu uns. Jetzt zeig’ ich euch, wo ich meine Entspannung finde.“ Auf geht’s in einer kurzen Autofahrt zum Staufensee nahe der Rappenlochschlucht. Die frische Luft lässt Bürgermeister und Begleitung hurtigen Schrittes den Schotterweg im Naturjuwel abschreiten. „Ich sag’ immer: Hier ist es wie in Kanada. Andere fliegen um teures Geld tatsächlich nach Kanada, um so eine Natur zu erleben. Ich hab’ sie hier. Oft hau’ ich mitten am Tag hierhin ab. Nur für eine halbe Stunde. Das ist herrlich“.
Die Dornbirner
Rümmele reicht ein verschmitztes Lächeln nach und erzählt unpolitisch von „seinem“ Dornbirn. „Nur noch ein Viertel unserer Einwohner hat Dornbirner Namen. Aber man braucht diese Namen gar nicht, um bald zum wirklichen Dornbirner zu werden. Wer einige Jahre hier lebt und Arbeit hat, nimmt diese Identität an.“ Sagt einer, der den Dornbirner Dialekt noch so verinnerlicht hat, dass schon der erste Satz seine Herkunft verrät. Gewusst hat der leutselige 66-Jährige immer genau, wie er wo auftritt. „Vielleicht hab‘ ich ja auch eine kleine Gabe zum Reden“, gestattet er sich sogar eine kleine Dosis positiver Selbstcharakterisierung. Um dann jedoch gleich hinzuzufügen. „Aber was immer du sagst, stell’ dich ja nicht in den Mittelpunkt. Das merken die Leut’. Genauso wie sie es merken, wenn du einen Blödsinn verzapfst.“
„Hallo“ statt „Oje“
Minuten später, am Marktplatz, bringt der Bürgermeister den Arm vor lauter Grüßen kaum herunter. Beim Blumenhändler Karl Frick stürmt eine ältere Dame auf den Bald-Pensionisten zu. „Schade, schade, dass du aufhörst. Ich bin ein Fan und eine Wählerin von dir.“ Zum Dank gibt’s gleich eine Rose für die temperamentvolle Rentnerin. Freuen würde sich Wolfgang Rümmele, sollte er auch als Pensionist noch ein gern gesehener Passant am Marktplatz sein. „Ich hoff’ ja schon, dass die Leute dann eher freundlich ‚Hallo‘ sagen statt missmutig ‚Oje‘.“
Der dreifache Vater und mehrfache Großvater freut sich auf weniger hektische Zeiten. „Ich werde gleich einmal ein paar Tage nach Kärnten und ins Südburgenland fahren. Aber längere Reisen? Nein, daran habe ich eigentlich nicht gedacht.“ Rümmele sagt das, als könne er sich eine längere Abwesenheit von Dornbirn gar nicht vorstellen. Was man ihm auch sofort glauben würde.
Was immer du sagst: Stell’ dich nicht in den Mittelpunkt. Das merken die Leut’.
Wolfgang Rümmele

