Unsozialer Steuerwettbewerb?
In einer politischen Diskussion, an der ich vor ein paar Wochen teilgenommen habe, hat sich ein Politiker, der einer der Regierungsparteien angehört, kritisch zur Einführung einer Steuerautonomie der Länder geäußert. Der unsoziale Steuerwettbewerb, so der Politiker, habe Europa an den Rand des Abgrunds gebracht und sei für die gegenwärtige Krise verantwortlich. Also könne Steuerföderalismus für Österreich schon gar keine Lösung sein.
Er täuschte sich gründlich: Die Euro-Krise ist nicht durch die unterschiedlichen Steuersätze in der Europäischen Union verursacht worden, sondern dadurch, dass sich die Staaten hemmungslos verschuldet und außerdem zugesehen hatten, wie sich die Banken in finanzielle Abenteuer stürzten, aus denen sie nicht mehr aus eigener Kraft heraus fanden.
Leider konnte der Politiker diese Argumente nicht mehr hören. Er hatte schon zur nächsten Veranstaltung eilen müssen, was vor allem deshalb schade war, weil er nun weiterhin seine Halbwahrheiten für die ganze Wahrheit halten wird. Wäre er geblieben, hätte er noch weitere Neuigkeiten erfahren, wie zum Beispiel: Der Steuerwettbewerb in Europa schützt die Bürger vor dem Schicksal, immer höhere Steuern zahlen zu müssen, und er ermöglicht den Staaten, sich selbst zu helfen. Wenn beispielsweise Irland seine Steuern auf das Niveau Österreichs anheben müsste, würde dieser Staat seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Irland würde wieder zu dem, was es in der Vergangenheit war, nämlich zum Armenhaus Europas. Sollte dieses Resultat sozial sein?
Es gibt durchaus Argumente, die bei einem Steuerwettbewerb der Staaten und Länder zu beachten sind: Man muss einen schrankenlosen, weil ruinösen Wettbewerb verhindern, man muss darauf achten, dass Gewinne auch dort besteuert werden, wo sie anfallen, und nicht in Steueroasen. Die Argumente, die in Österreich häufig gegen einen Steuerwettbewerb vorgebracht werden, sind in vielen Fällen nur vorgeschoben. Meistens steckt nur die Abneigung dahinter, sparen zu müssen, sich dem Wettbewerb zu stellen und vom bequemen Schuldenmachen Abstand zu nehmen.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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