Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Ein ,,starkes“ Ministerium

Vorarlberg / 29.08.2013 • 19:54 Uhr

Unlängst stellte ein sogenannter Bildungsexperte seine Visionen zur Schulreform vor: Es brauche dazu ein „starkes Ministerium“, das einheitliche Vorgaben für ganz Österreich machen solle. Autonome Schulen, deren Leiter in erster Linie Manager sein müssten, wählen ihre Lehrer nach eigenem Ermessen aus einer Vielzahl von Bewerbern aus und feuern sie auch, wenn sie sich nicht bewährt haben. Die Länder sollten nach Auffassung des Experten im Bildungswesen überhaupt keine Rolle mehr spielen. Wie die Faust aufs Auge passt dazu die Meldung, die vor ein paar Tagen kursierte: Wenige Tage vor Schulbeginn sind in Österreich noch Hunderte Lehrerstellen zu besetzen. Zur Not werden auch kurz vor dem Abschluss stehende Studenten eingestellt oder Pensionisten, die stundenweise aushelfen, aus dem Ruhestand geholt.

Wenn nun offenbar jeder Lehrer werden kann, der die Anforderungen auch nur ansatzweise erfüllt, stellt dies unserem sogenannten Bildungsministerium kein gutes Zeugnis aus. Schließlich ist die Lehrerausbildung Bundesangelegenheit und das Ministerium hat dafür zu sorgen, dass genügend Lehrer auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Auch sollten sowohl die demografische Entwicklung der Bevölkerung insgesamt wie auch der Lehrkräfte dem Ministerium bekannt sein.

Wenn der Bildungsexperte wirklich einer wäre, wüsste er, dass wir schon längst ein „starkes“ Bildungsministerium haben, das den Landesschulräten und den Schulen bis ins Detail gehende Vorgaben macht. Er wüsste wohl auch die Leistungen dieses Ministeriums, die in PISA-Debakel und Lehrermangel geendet haben, richtig einzuschätzen. Es gibt kaum einen vergleichbaren Staat, in dem das Bildungswesen in einem solchen Ausmaß vom Ministerium dominiert wird wie in Österreich. Und da tauchen „Bildungsexperten“ auf und fordern angesichts desaströser internationaler Vergleichswerte ein „starkes“ Ministerium.Leider wird in Österreich die Rolle des Bildungsministeriums gar nicht hinterfragt. Man empört sich lieber über das neue Feindbild Lehrergewerkschaft statt zu fragen, ob wenigstens das geplante neue Lehrerdienstrecht in der Lage ist, junge Menschen für den Lehrerberuf zu motivieren. Ich glaube eher nicht.

peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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